Brücke nach Heiligendamm
Die Protestanten und das Thema Globalisierung
Stand: 05.06.2007, 17:12 Uhr
Zeitgleich mit dem G8-Gipfel in Heiligendamm beginnt in Köln der 31. Deutsche Evangelische Kirchentag. Globalisierung ist auch bei dem Protestantentreffen ein Themenschwerpunkt. Dort feilen führende Geistliche an einer Botschaft an den Gipfel.
Als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) betonte Wolfgang Huber, bei den Themen Armutsbekämpfung, Zukunft Afrikas und Klimaschutz wollten Christen eine Brücke von Köln nach Heiligendamm schlagen. Der rheinische Präses Nikolaus Schneider sagte, der Kirchentag werde an die G8-Politiker appellieren, "die Armutsbekämpfung und den behutsamen Umgang mit der Schöpfung zum Mittelpunkt ihrer Politik zu machen".
Höppner: "Roter Faden" im Programm
Nach Ansicht des Kölner Kardinals Joachim Meisner stehen die Teilnehmer des Christentreffens unter einem hohen Anspruch. Das Programm des Kirchentags erwecke zunächst den Eindruck eines "Leipziger Allerleis", kritisierte der katholische Erzbischof in einem Grußwort unmittelbar vor der Eröffnung. "Es ist dringend zu wünschen, dass in dieser Fülle von Themen und Veranstaltungen das Leitwort des Kirchentages zum Tragen kommt und dass darauf eine 'Kölner Eindeutigkeit' entsteht". Kirchentagspräsident Reinhard Höppner sprach im "Kölner Stadt-Anzeiger" von einer nicht nachvollziehbaren Kritik und betonte einen "klaren roten Faden" im Programm.
Gerechtigkeit soll Thema sein
Um über eine Botschaft an den G8-Gipfel zu beraten, kamen am Dienstagnachmittag rund 50 führende Geistliche aus den G8-Staaten und Afrika auf Einladung Hubers in Köln zusammen. Neben Huber und Kardinal Karl Lehmann - als Vorsitzendem der katholischen Deutschen Bischofskonferenz - wollten auch Muslime und Vertreter der jüdischen Gemeinden, der griechisch- und russisch-orthodoxen und der Freikirchen teilnehmen. Der EKD-Ratsvorsitzende sagte, gerechte Teilhabe für alle und die Verantwortung für die nächsten Generationen seien voraussichtlich wichtige Themen in der Botschaft an den Gipfel.
Höppner: Globalisierung kann "so nicht weitergehen"
Kirchentagspräsident Höppner sagte im ZDF-"Morgenmagazin" am Dienstag (05.06.2007), die Prozesse der Globalisierung könnten "so nicht weitergehen", wenn die Politik sie nicht mit vernünftigen Rahmenbedingungen versehe. Christen sollten mit Blick auf moderne Marktwirtschaft und neoliberales Denken ihre Positionen deutlicher und schärfer vertreten. Die globalisierungskritische Organisation Attac warf den Kirchentags-Organisatoren vor, zu vorsichtig und gemäßigt in ihren Forderungen zu sein.
Prominente Gäste
Zu den Schwerpunkten des Kirchentages unter dem Motto "lebendig und kräftig und schärfer" gehören auch das Verhältnis zum Islam und die Annäherung zwischen protestantischen und katholischen Christen. Am Dialog der Religionen führe kein Weg vorbei, betonte Höppner. Zu den prominentesten Gästen des Kirchentags zählen Bundespräsident Horst Köhler, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) oder Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird unmittelbar nach dem G8-Gipfel nach Köln kommen und dort am Samstag an einer Diskussion über Globalisierung teilnehmen.
An den fünf Tagen werden zusätzlich zu den gut 100.000 Dauergästen mehr eine Million Besucher von Einzelveranstaltungen in der Domstadt erwartet.