World Conference Center Bonn

Urteil im Bonner WCCB-Prozess erwartet

Gericht entscheidet über Betrug bei Konferenzcenter

Stand: 10.05.2013, 06:00 Uhr

Es ist einer der größten Bauskandale in NRW: Das World Conference Center Bonn (WCCB) sollte die Rolle der Ex-Hauptstadt als UN-Standort stärken. Doch daraus wurde ein Millionen-Desaster. Am Freitag (10.05.2013) fällt das Bonner Landgericht die Urteile gegen drei Angeklagte. Sie sollen die Stadt Bonn betrogen haben.

Vor dem Landgericht Bonn endet ein Mammutverfahren. Über 100 Zeugen sind laut einem Gerichtssprecher an 118 Hauptverhandlungstagen befragt worden. Am Freitag (10.05.2013) sollen die Urteile fallen im Prozess um Betrug und Bestechung beim Bau des World Conference Center Bonn (WCCB). Die juristische Aufarbeitung des Skandals könnte anschließend weitergehen, falls auch noch damaligen Verantwortlichen der Stadt der Prozess gemacht wird. In jedem Fall ist aus dem Renommierprojekt WCCB längst wahlweise eine "Heimsuchung" (FAZ), eine "Ruine am Rhein" (Der Spiegel) oder einfach nur eine millionenteure Peinlichkeit geworden.

Vieles in dem Fall wirkt wie eine Provinzposse. 2005 suchte die Stadt Bonn zunehmend verzweifelt nach einem Investor für das geplante Kongresszentrum. Doch die Bedingungen schienen vielen Geldgebern offenbar zu unattraktiv. Interessenten blieben aus. Da meldete sich plötzlich der bis dahin unbekannte Investor Man-Ki Kim aus Südkorea und bekam den Zuschlag. Laut Medienberichten soll Kims Briefkastenfirma erst wenige Monate zuvor im Handelsregister der US-Steueroase Delaware eingetragen worden sein. Um mit seiner Köpenickiade durchzukommen, soll Kim unter anderem einen ehemaligen städtischen Berater bestochen haben. Schon beim Richtfest im Jahr 2008 machten Gerüchte über finanzielle Schwierigkeiten Kims die Runde. Dann explodierten die Baukosten, Handwerker blieben auf ihren Rechnungen sitzen. Razzien der Staatsanwaltschaft folgten, Verhaftungen und Insolvenzen. Die Baustelle, auf der das Prestigeobjekt entstehen sollte, wurde stillgelegt.

Listiger Investor, naive Kommune?

Man Ki Kim

Der Hauptangeklagte Man-Ki Kim

Dem Hauptangeklagten Man-Ki Kim wird Betrug vorgeworfen. Der Investor soll die Stadt Bonn mit seiner Firma SMI Hyundai über seine Finanzkraft getäuscht haben. Kim sitzt seit Beginn der Ermittlungen vor zweieinhalb Jahren in Haft. Seine beiden mitangeklagten damaligen Rechtsanwälte sind auf freiem Fuß. Staatsanwalt Ulrich Stein beschuldigte den Koreaner vor Gericht, er habe den Auftrag mit List und Tücke erschlichen. In den Verhandlungen mit der Stadt soll er "wahrheitswidrig den Eindruck erweckt haben", hinter ihm stehe der koreanische Riesenkonzern Hyundai. Die Anklage fordert für Kim unter anderem wegen Betrugs sieben Jahre Haft, für die beiden Mitangeklagten zwei Jahre und drei Monate sowie vier Jahre.

Die Verteidiger von Kim plädierten hingegen auf Freispruch. "Wir sind der Auffassung, dass der Sachverhalt vor Gericht gar nicht vollumfänglich aufgeklärt wurde", sagt Kims Rechtsanwalt Walther Graf zu WDR.de. Er sei auch gespannt, ob die Anklage gegen mehrere damalige Verantwortliche der Stadt Bonn tatsächlich noch vor Gericht komme. Die Verteidigung hatte kurz vor Prozessende die Vernehmung von 45 Ratsmitgliedern, die im Dezember 2005 Kims Firma den Zuschlag gegeben hatten, veranlasst. Die Zeugenbefragung sollte beweisen, dass nicht Kim den Rat getäuscht habe. Vielmehr sei die Stadtverwaltung zu schlampig bei der Prüfung von Kims Offerte vorgegangen. Das Gericht muss nun gewichten, wie leicht es die Kommune Kim und seinen Helfern gemacht hat.

WCCB als negatives "Paradebeispiel"

Andreas Riegel

Korruptionsexperte Andreas Riegel fordert Konsequenzen

Korruptionsexperten blicken gespannt auf Bonn. "Der Fall WCCB ist ein Paradebeispiel für das, was passieren kann, wenn Städte zu leichtgläubig und offenbar ohne eigenes effektives Kompetenzteam große Bauvorhaben angehen", sagt Andreas Riegel von der Organisation Transparency International zu WDR.de. "Im Grunde erleben wir solche Skandale in vielen Städten - mal in kleineren, mal in größeren Dimensionen. Generell gilt: Wer ein Bauprojekt in einer Größenordnung wie beispielsweise dieses Konferenzzentrum angeht, muss als Kommune auch mit eigenem Sachverstand an die Sache herangehen um 'Herr im Hause' zu bleiben", sagt der Jurist. Städtische Bauexperten und Prüfer müssten zu jedem Zeitpunkt kritisch auf das Projekt schauen und wirksam Planung, Baufortschritt, Abrechnungen und Nachträge kontrollieren. "Wer darauf aus Kostengründen verzichtet, sich auf externen Sachverstand verlässt und das Projekt so aus der Hand gibt, macht sich fahrlässig anfällig für Korruption - ein bekannt großes Problem in der Baubranche", sagte Riegel. "Wenn eine Kommune dann am Ende im Korruptionsfall behauptet, man sei von Schwerkriminellen reingelegt worden, ist das falsch. Es hat sich lediglich die heraufbeschworene Gefahr realisiert, ohne dass das überraschend wäre."