Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen

WDR aktuell 15.03.2012 02:02 Min. Verfügbar bis 31.12.2500 WDR

Wahl findet wohl am 13. Mai statt

Röttgen flirtet mit den Grünen

Stand: 15.03.2012, 16:10 Uhr

Treibt ihn die Angst, dass der naheliegende Koalitionspartner FDP bei den Neuwahlen in NRW abschmiert? Jedenfalls flirtet CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen heftig mit den Grünen. Die allerdings widersetzen sich seinem Werben.

Wer mit wem? Vor der Landtags-Neuwahl in NRW geht CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen auf Kuschelkurs zu den Grünen. Einen Tag nach dem Scheitern von Rot-Grün schloss er am Donnerstag (15.03.2012) für die Zukunft ein schwarz-grünes Bündnis nicht aus. "Selbstverständlich wird so koaliert, wie die Mehrheiten möglich sind", sagte er WDR 2. Die Christdemokraten seien nicht von vornherein auf eine Koalition mit der FDP festgelegt. Wenn die CDU erneut stärkste Partei bleibe, "dann können wir mehrere Koalitionsoptionen haben".

Grüne zeigen kalte Schulter

Die so umgarnten Grünen zeigten dem Bundesumweltminister allerdings die kalte Schulter und schlossen solche Gedankenspiele aus. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann hatte bereits nach der Auflösung des Landtages am Mittwoch (14.03.2012) klargestellt, dass sie eine Fortsetzung von Rot-Grün anstrebt.

Umfrage: Schwarz-Grün kein Hit

Im anstehenden Wahlkampf müsste Röttgen für seine Position auch in seiner eigenen Partei werben. CDU-Politiker Wolfgang Bosbach bezeichnete eine solche Koalition zwar als "denkbar", aber auch als "nicht realistisch". Die Grünen würden Bedingungen stellen, die die CDU nicht akzeptieren könnte. Bei den Wählern ist Schwarz-Grün eh kein Hit. Laut einer Blitzumfrage für den ARD-Brennpunkt von Infratest dimap könnten sich dafür gerade einmal neun Prozent dafür begeistern. Und so liegt der Verdacht nahe, dass Röttgen einfach für den Fall gewappnet sein will, dass die FDP bei der Neuwahl an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Laut Blitzumfrage liegt sie zurzeit bei zwei Prozent.

Kraft verbreitet Optimismus

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft spricht mit Journalisten

Glaub weiter an Rot-Grün: Hannelore Kraft

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) geht optimistisch in den Wahlkampf. "Wir scheuen die Auseinandersetzungen nicht, denn wir haben dieses Land 20 Monate gut regiert", sagte sie im ARD-Morgenmagazin. Kraft will mit den Grünen weitermachen. Sollte sie die Wahl verlieren, will sie in jedem Fall in NRW bleiben und nicht nach Berlin gehen. "Anders als mein Gegenkandidat sage ich klipp und klar: Mir liegt das Land Nordrhein-Westfalen am Herzen."

Piraten im Blick

Die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) richtete den Fokus im Wahlkampf derweil auf die Auseinandersetzung mit der Piratenpartei. Dafür sei man gut gerüstet: "Wir haben auch hier in Nordrhein-Westfalen eine Politik gemacht, die Internet im Blick hat", sagte sie. Es gebe einen jungen Abgeordneten, der speziell dieses Thema nach vorne bringen werde. Zentrale grüne Themen im Wahlkampf seien die bisherigen Schwerpunkte: Kinder, Klima und Kommunen.

"Kampf gegen Verbotskultur"

Anscheinend unbeeindruckt von den miserablen Umfragewerten und drohenden Strafzahlungen in Millionenhöhe ziehen die Liberalen in den Wahlkampf. "Die NRW-FDP ist finanziell solide und gut aufgestellt für diesen Spontanwahlkampf", sagte der designierte Generalsekretär Patrick Döring. Der Landespartei droht wegen illegaler Parteispenden ihres früheren Spitzenpolitikers Jürgen Möllemann eine Geldstrafe von 3,46 Millionen Euro. Thematisch setzen die Liberalen in ihrer Kampagne auf drei Themen. Neben dem Schuldenabbau, so Döring, sei dies "der Kampf gegen die um sich greifende grüne Verbotskultur in NRW". Die Stichworte dafür hießen Ladenschluss und Rauchverbot. Außerdem wolle man sich für Schulvielfalt und den Erhalt der Gymnasien einsetzen.

NRWs FDP-Landeschef Daniel Bahr, der als liberaler Spitzenkandidat gehandelt wird, legte derweil Hannelore Kraft einen Rücktritt nahe. "Die Ministerpräsidentin sollte nach dieser Schlappe zurücktreten", sagte er. Das Scheitern von SPD und Grünen machte Bahr vor allem am mangelnden Sparwillen der Landesregierung fest.

Die Linke hat ihre Spitzenkandidaten schon benannt

Auch die Linken bleiben nach der Auflösung des Landtages offenbar gelassen. "Wir liegen bei durchschnittlich fünf Prozent. Das ist ein Zeichen für uns", sagte Fraktionschef Wolfgang Zimmermann. Zur Konkurrenz durch die Piratenpartei merkte er an: "Berlin zeigt, dass Zuspruch für die Piratenpartei eher zu Lasten von SPD und Grünen geht, nicht so doll für uns." Inzwischen hat die Partei offensichtlich eine erste, wichtige Weiche gestellt: Nach Informationen von WDR.de will sie Wolfgang Zimmermann, einer der beiden Fraktionsvorsitzenden, und die Landessprecherin Katharina Schwabedissen als Spitzenkandidaten ins Rennen schicken.

Wahl am 13. Mai?

Mittlerweile kristallisiert sich auch der 13. Mai als Tag der Wahl heraus - was der späteste denkbare Termin wäre. Dieses Datum wurde WDR.de gegenüber zumindest sowohl bei der CDU als auch bei der SPD und den Grünen genannt. Noch steht aber der förmliche Beschluss aus: Der Terminvorschlag muss von allen Ministerien zur Kenntnis genommen und abgesegnet werden. Dieses Umlaufverfahren wird nach Angaben der Landesregierung am Freitag (16.03.2012) durchgeführt, das Ergebnis im Laufe des Nachmittags bekanntgegeben.

Neuwahl kostet Millionen

Die Neuwahl kostet nach Schätzung des Bundes der Steuerzahler rund 45 Millionen Euro. Dieser Betrag ergebe sich bei 13 Millionen Wahlberechtigten und einem erwarteten Pro-Kopf-Aufwand von 3,43 Euro. Das Düsseldorfer Innenministerium rechnet mit Kosten von lediglich 15 Millionen Euro. Diese Summe nannte eine Sprecherin, ohne die Zusammensetzung aufzuschlüsseln. Der Steuerzahlerbund erklärte dazu, das Innenministerium lasse die Personalkosten außen vor, weil in den Behörden die entsprechenden Mitarbeiter ohnehin vorhanden seien. Diese müsse man aber einbeziehen, um auf einen realistischen Gesamtbetrag zu kommen. Ein Grund: Wahlhelfer erhielten zum Teil Anerkennungsprämien.

Keine Auswirkung auf Bundesversammlung

Die Auflösung des NRW-Landtags hat übrigens keine Auswirkung auf die Bundesversammlung am Sonntag (18.03.2012). Die Entsendung der Delegierten zur Wahl des Bundespräsidenten erfolge unabhängig von einem Landtagsmandat, sagte ein Parlamentssprecher. NRW schickt 133 Wahlleute zur Bundesversammlung. Neben zahlreichen Abgeordneten sind etliche Prominente und andere Bürger ohne Landtagsmandat dabei. Dazu gehören Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, der Regisseur Sönke Wortmann und der Comedian Ingo Appelt.