Pressekonferenz zu Missbrauchsfällen im Ruhrbistum
Overbecks Entschuldigung
Stand: 15.05.2010, 17:06 Uhr
Der Bischof von Essen, Franz-Josef Overbeck, hat die Opfer von sexuellem Missbrauch im Ruhrbistum um Entschuldigung gebeten. Zur Frage möglicher Entschädigungszahlungen äußerte er sich am Mittwoch (05.05.2010) skeptisch, sicherte den Betroffenen aber Hilfe zu.
"Die ungeheuerlichen Taten beschämen mich und machen mich fassungslos", sagte Overbeck bei einer Pressekonferenz in Essen, an der auch die Missbrauchsbeauftragte des Bistums, Dorothee Trynogga, teilnahm. Das Thema Entschädigung müsse aber einheitlich von der Bischofskonferenz geklärt werden, regional verschiedene Regelungen hätten keinen Sinn. "Zunächst mal sollen die haften, die die Taten begangen haben", sagte Overbeck und ergänzte, Therapiekosten für Missbrauchsopfer würden aber selbstverständlich von der Kirche übernommen. Entschädigungen für Missbrauchsopfer in Millionenhöhe hatte in der Vergangenheit zum Beispiel die amerikanische Kirche gezahlt. In Deutschland äußerten Vertreter der katholischen Kirche allerdings die Sorge, solche Geldleistungen könnten als "Schweigegeld" missverstanden werden.
Staatsanwaltschaft ist eingeschaltet
Nach Angaben der Missbrauchsbeauftragten des Essener Bistums gab es in den vergangenen Wochen insgesamt 49 Hinweise zu sexuellem Missbrauch und Gespräche mit zwölf Opfern. 22 Priester, fünf Ordensgeistliche, ein Diakon und vier hauptamtliche Laienmitarbeiter seien bislang betroffen. Die meisten Fälle habe es in den 50er, 60er und 70er Jahren gegeben. 18 der beschuldigten Priester sind bereits verstorben, ebenso zwei der fünf Ordensangehörigen.
Nach Angaben der Missbrauchsbeauftragten hat der Arbeitsstab bislang drei Gespräche mit mutmaßlichen Tätern sowie zwölf Gespräche mit Opfern oder deren Angehörigen geführt. Fünf weitere Gespräche mit Opfern seien bereits vereinbart. Trynogga betonte, dass in allen Fällen, bei denen die Beschuldigten noch leben, die Staatsanwaltschaft eingeschaltet sei oder bald werde.
Kirchenaustritte haben sich verdoppelt
Der Ruhrbischof sagte, dass es seiner Kirche nun in erster Linie um die Opfer und die Anerkennung ihres Leides gehe. So sehr die Wunde auch schmerze: die Wahrheit müsse aufgedeckt werden. Schuldige müssten sowohl nach den Gesetzen des Staates als auch nach Maßgabe der Kirche bestraft und für ihre Verbrechen haftbar gemacht werden. Overbeck sicherte den Opfern "menschliche, therapeutische und seelsorgliche Hilfe" zu. Zudem bekundete er den Wunsch, mit Opfern und ihren Angehörigen zu sprechen.
Vermutlich in Folge der bekannt gewordenen Missbrauchsfälle hat sich auf dem Gebiet des Essener Bistums die Zahl der Kirchenaustritte im März 2010 im Verhältnis zum Vorjahresmonat auf 749 fast verdoppelt.