Petra Bosse-Huber, Vizepräses der evangelischen Kirche im Rheinland

Missbrauch in der evangelischen Kirche

Landeskirche bittet Opfer um Verzeihung

Stand: 22.03.2010, 17:29 Uhr

Auch in der evangelischen Kirche werden immer mehr Fälle von Missbrauch bekannt. Vizepräses Petra Bosse-Huber von der evanglischen Kirche im Rheinland entschuldigte sich am Montag (22.03.2010) bei den Opfern.

Die evangelische Kirche im Rheinland hat am Montag (22.03.2010) über Missbrauch in ihren Einrichtungen berichtet. Ausgelöst durch die aktuelle Berichterstattung hätten sich in den letzten Tagen fünf Männer und Frauen aus NRW und drei aus Rheinland-Pfalz gemeldet, die von Gewalt und Erniedrigungen berichteten. "Wir nehmen diese Schilderungen sehr ernst", sagte Vizepräses Petra Bosse-Huber in Düsseldorf. Dabei sei es unerheblich, dass sich die Vorgänge vor Jahrzehnten zugetragen haben: "Wir sind beschämt und entsetzt, dass solche Übergriffe offenbar auch in Einrichtungen unserer Landeskirche stattgefunden haben. Wir bitten die Opfer um Verzeihung."

Aktuell wird in drei Verdachtsfällen von sexuellem Missbrauch ermittelt. Die möglichen disziplinar- und strafrechtlichen Verfahren beträfen Pfarrer und Kirchenbeamte, hieß es.

Verdächtigte Kirchenmitarbeiter nicht einfach versetzen

In den Berichten Betroffener gebe es Hinweise darauf, dass die evangelische Kirche "nicht zu allen Zeiten" angemessen auf Verdachtsmomente reagiert habe, sagte die Vizepräses. Jedem Verdacht der Vertuschung soll ebenso nachgegangen werden, wie den Vorwürfen von Missbrauch und Misshandlung selbst.

"Hoch unverantwortlich" sei es, verdächtigte Kirchenmitarbeiter in andere Bereiche zu versetzen; dies sei aber auch innerhalb der rheinischen Kirche nicht geschehen, betonte Bosse-Huber. Gemeinsamkeiten mit der katholischen Kirche sehe sie bei der Aufklärung der Fälle von Missbrauch und Gewalt nicht, unterstrich die Theologin. "Wir sind unterschiedliche Wege gegangen und haben unterschiedliche Milieus."

Hilfe für Opfer nach niederländischem Vorbild

Die rheinische Kirche, die mit fast drei Millionen Protestanten von Emmerich bis Saarbrücken reicht, hat 2003 als erste deutsche Landeskirche nach niederländischem Vorbild ein Verfahren zum Umgang mit entsprechenden Straftaten eingeführt. Es sieht einerseits Seelsorge oder therapeutische Hilfe für die Opfer und andererseits die konsequente strafrechtliche und disziplinarische Verfolgung der mutmaßlichen Täter vor.