Großes Gedränge am unteren Ende der Rampe, die zum Festivalgelände der Loveparade führt.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Gutachten zur Loveparade-Katastrophe

Stand: 01.09.2010, 15:53 Uhr

Weitere Schuldzuweisungen nach dem Loveparade-Unglück: Ein Gutachten des NRW-Innenministeriums entlastet die Polizei und gibt Veranstalter und Stadt eine Teilschuld.

Das am Mittwoch (01.09.2010) vorgestellte Gutachten des NRW-Innenministeriums zur Loveparade-Katastrophe entlastet die Polizei. Sie habe nur eine nachgeordnete Zuständigkeit gehabt. Diese beschränke sich darauf, "dann einzugreifen, wenn der Veranstalter seine Aufgabe nicht hinreichend erfüllt und die Ordnungsbehörde ( ...) nicht mehr rechtzeitig handeln kann".

Die Bonner Verwaltungsrechtler Thomas Mayen und Frank Hölscher sehen die primäre Verantwortung beim Veranstalter Lopavent. Die Juristen kritisieren zum Beispiel, dass in deren Sicherheitskonzept weder eine Mindestanzahl der Kräfte des Ordnungsdienstes festgelegt noch die allgemeinen und besonderen Sicherheitsdurchsagen konkretisiert wurden.

Hätte die Stadt das Konzept prüfen müssen?

Im Gutachten des Innenministeriums wird auch die Stadt Duisburg heftig kritisiert. Sie hatte, so das Gutachten, eine "allgemeine und übergreifende Zuständigkeit für die Sicherheit der gesamten Veranstaltung".

Die Stadt hätte prüfen müssen, ob die im Sicherheitskonzept des Veranstalters vorgesehenen Maßnahmen geeignet seien, die Sicherheit der Veranstaltung und ihrer Besucher zu gewährleisten. "Als allgemeine Ordnungsbehörde war sie dafür verantwortlich, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren."

Abschlussbericht der Stadt entlastet Ordnungsbehörden

Die Stadt Duisburg weist in ihrem ebenfalls am Mittwoch vorgelegten Abschlussbericht jede Verantwortung für die Katastrophe mit 21 Toten und mindestens 652 Verletzten zurück. "Die Stadt hat bei der Planung und Vorbereitung der Loveparade nicht gegen Amtspflichten verstoßen. Die Mitarbeiter haben rechtmäßig gehandelt", lautet das Resümee eines 130 Seiten starken Abschlussberichtes.

Zum Unglück habe beigetragen, dass Fluchtwege wie die Zu- und Abgangsrampe am Veranstaltungsgelände nicht vollständig freigehalten wurden und eine Stagnation im Tunnel im Zugangsbereich nicht verhindert wurde. Das sei im Sicherheitskonzept aber vorgesehen gewesen, sagte Rechtsanwältin Ute Jasper.

Schuldzuweisungen sollten in dem Bericht aber nicht gemacht werden. Das Sicherheitskonzept des Veranstalters Lopavent sei im Einvernehmen mit der Polizei und anderen Sicherheitsbehörden aufgestellt worden. Die Bauaufsicht der Stadt habe keine gesetzliche Kompetenz gehabt, dieses Konzept zu prüfen.

Veranstalter kritisiert Polizei

Der Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller hatte vor einigen Tagen die Polizei scharf kritisiert und zum Beweis Videoaufzeichnungen vom Unglücksort ins Internet gestellt. Zur Sitzung des Innenausschusses des Düsseldorfer Landtags am Donnerstag (02.09.10) wird Schaller nicht erscheinen. Eine entsprechende Einladung lehnte er ab.

Mitarbeiter seiner Firma, die nach seiner Ansicht mehr Ahnung von den technischen Abläufen haben, sollen im Innenausschuss Auskunft geben. Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) hingegen will dem Innenausschuss persönlich Rede und Antwort stehen. Sauerland wird sich am 13. September im Rat der Stadt Duisburg einem Abwahlverfahren stellen müssen.