Güterbahnhofsgelände in Duisburg während der Loveparade

WDR.de dokumentiert Genehmigungsverfahren - Teil 2

Wie die Loveparade genehmigt wurde

Stand: 06.08.2010, 02:00 Uhr

WDR.de dokumentiert Genehmigungsverfahren - Teil 2

Von Christina Hebel

8. Juni 2010

Treffen bei Lopavent mit Vertretern der Stadt, mit dabei sind auch Vertreter der Feuerwehr. Die Leiterin des Amtes für Baurecht und Bauberatung vermerkt, dass es - wieder - um die Beschränkung der Besucherzahlen gegangen sei. Sie erinnert sich zudem an "eine 'engagierte' Diskussion", während der Lopavent geltend gemacht habe, dass "Fluchtwege mit 440 Metern von ihnen nicht dargestellt werden könnten. Sie seien überrascht, welche rechtlichen und formalen Anforderungen die Bauordnung stellte, ihnen ginge es allein um die praktische Seite.

Unterstützung bekommt der Veranstalter dabei vom Ordnungsdezernenten der Stadt, Wolfgang Rabe, einem Vertrauten des Oberbürgermeisters Sauerland: "Herr Rabe stellte in diesem Zusammenhang fest, dass der OB die Veranstaltung wünsche und dass daher hierfür eine Lösung gefunden werden müsse. Die Anforderung, dass der Veranstalter ein taugliches Konzept vorlegen müsse, ließ er nicht gelten." Das Bauordnungsamt solle konstruktiv mit dem Veranstalter eine Lösung erarbeiten.

Dies sieht das Amt anders: "Das Rettungswegekonzept ist grundsätzlich vom Veranstalter im Rahmen des Brandschutzkonzeptes vorzulegen. Es ist nicht Aufgabe der Bauordnungsbehörden dieses Konzept zu erarbeiten." Daraufhin lehnt Stadtbaurat Jürgen Dressler die Verantwortung für die Loveparade ab, handschriftlich schreibt er unter den Vermerk: "Dieses entspricht in keinerlei Hinsicht einem ordentlichen Verwaltungshandeln und einer sachgerechten Projektstellung." Das Dokument geht auch an den Oberbürgermeister.

25. Juni 2010

Wieder Sitzung bei Lopavent. Mit dabei sind Vertreter der Bauaufsicht, Feuerwehr und ein externer Brandschutzsachverständiger. Es geht wieder um das Sicherheitskonzept. Der Sachverständige macht deutlich, dass eine Fluchtanalyse notwendig ist. Er schlägt vor, dass ein Brandschutzkonzept inklusive Fluchtanalyse erstellt wird, die anschließend durch Professor Martin Schreckenberg, Lehrstuhl für Physik von Transport und Verkehr an der Universität Duisburg-Essen, geprüft werde. Die Mitarbeiter der Bauaufsicht stimmen dieser Lösung zu.

29. Juni 2010

Die Rechtsanwälte von Lopavent bitten nach den Treffen um eine Fristverlängerung. Bis zum 7. Juli 2010 wolle man die fehlenden Unterlagen nachreichen. Man tue dies: "unabhängig von der inhaltlichen Bewertung dieses Schreibens [das Schreiben des Bauamtes vom 14.06.10 A.d.R.] ... und zu der wir uns eine weitere Stellungnahme vorbehalten".

30. Juni 2010

Die Bauaufsicht gewährt dem Veranstalter die Fristverlängerung.

Juli

14. Juli 2010

Noch zehn Tage bis zur Loveparade, zwar sind weitere Unterlagen vom Veranstalter gekommen, diese aber sind noch lückenhaft, unter anderem fehlt nach wie vor ein Brandschutzkonzept. Die Bauaufsicht mahnt die Dokumente an, Frist ist der 18. Juli 2010. Ein Sicherheitskonzept und eine so genannte Entfluchtungsanalyse liegen nun vor. Der von der Stadt beauftragte Gutachter Schreckenberg bewertet sie grundsätzlich als "gut", aber: "Allerdings kommt dem Zugang zum Gelände durch den Tunnel Karl-Lehr-Straße eine besondere Rolle zu, die in jedem Falle detailliertere Betrachtung benötigt."

15. Juli 2010

Besprechung im Ratssaal von Duisburg. Es nehmen neben Vertretern der Polizei und Feuerwehr auch Mitarbeiter des Ordnungsamtes und Bauamtes sowie ein Vertreter der Lopavent teil. Wolfgang Rabe, Beigeordneter für Sicherheit und Recht der Stadt Duisburg, erläutert, "erste Priorität hat immer die Sicherheit der Besucher und Anwohner", heißt es im Protokoll. Er bittet darum, dass sich geäußert werden solle, falls "man noch Bedenken und Ergänzungen habe". Es gab keine Meldungen.

19. Juli 2010

Noch fünf Tage bis zur Loveparade, der Veranstalter legt wieder einen Antrag mit detaillierter Beschreibung der Veranstaltung, Sicherheitskonzept und weitere fehlende Unterlagen vor. Das Brandschutzkonzept ist allerdings immer noch nicht fertig.

21. Juli 2010

Die Stadt Duisburg genehmigt die Nutzungsänderung des alten Güterbahnhofs für die Loveparade, aber zunächst nur als Entwurf.

22. Juli 2010

Lopavent legt das endgültige Brandschutzkonzept vor.

23. Juli 2010

Einen Tag vor der Loveparade wird die Genehmigung formell erteilt. Es gibt zwei Auflagen: Die maximale Personenzahl, die sich gleichzeitig auf dem Gelände aufhalten darf, wird auf 250.000 Menschen begrenzt. Zudem dürfen "die Fluchtwege an keiner Stelle durch Einbauten oder sonstige Hindernisse beschränkt werden".

24. Juli 2010

Der Tag der Loveparade: Erst auf mehrfache Bitte erhält die Polizei die Genehmigung. Bei der Loveparade sterben 21 Menschen, über 500 Besucher werden verletzt.