Ein kleiner Junge spielt in einer KiTa mit einem Bagger

Kita-Rechtsanspruch tritt in Kraft

Aufholjagd bei der Kleinkindbetreuung

Stand: 01.08.2013, 06:00 Uhr

Diesen Tag haben Familienpolitiker lange gefürchtet. Am Donnerstag (01.08.2013) tritt der Rechtsanspruch auf einen U3-Platz in Kraft. Auf der Zielgeraden haben es die Städte in NRW geschafft, die angepeilte Zahl an Betreuungsplätzen bereit zu stellen. Ob sie reichen, ist immer noch unklar.

Von Rainer Kellers

Es ist noch nicht lange her, da stand Nordrhein-Westfalen bei der Kleinkinderbetreuung bundesweit auf dem letzten Platz. Vor fünf Jahren - als der Rechtsanspruch beschlossen wurde -, gab es nicht einmal für jedes zehnte Kind unter drei Jahren einen Betreuungsplatz im Land. Dann begann eine bemerkenswerte Aufholjagd. In den letzten beiden Regierungsjahren von Schwarz-Gelb stieg die Betreuungsquote auf 14 Prozent. Rot-Grün forcierte den Ausbau, gab bis heute zusätzlich über 700 Millionen Euro aus und erreichte knapp das gesteckte Ziel.

Mehr als 144.000 Plätze

Im Durchschnitt beträgt die Betreuungsquote nun landesweit 33 Prozent. In absoluten Zahlen heißt das: Insgesamt stehen in NRW nun 144.883 Plätze für Kleinkinder zur Verfügung - 38.316 davon in der Kindertagespflege. Zählt man nur die Kinder, für die der Rechtsanspruch gilt - also jene, die das erstes Lebensjahr vollendet haben -, liegt die Versorgungsquote sogar bei fast 50 Prozent (49,2). Weitere Plätze kommen im Laufe dieses Jahres hinzu.

"Wir haben unser Etappenziel erreicht", frohlockt am Mittwoch (31.07.2013) Familienministerin Ute Schäfer (SPD) und verspricht, den Ausbau weiter voranzutreiben. Denn immer noch ist unklar, ob eine Betreuungsquote von 33 Prozent wirklich reicht. Die Zahl stammt vom Deutschen Jugendinstitut, das diesen Bedarf an Kleinkinderbetreuung prognostiziert hat. Es ist ein Durchschnittswert, der in Betracht zieht, dass in ländlichen Regionen weniger Bedarf an U3-Plätzen besteht, während es in Großstädten zum Teil über die Hälfte der Eltern sind, die ihre Kleinkinder in einer Kita unterbringen wollen.

Städte rätseln immer noch, wie hoch der Bedarf ist

Kleinkinder spielen im Sandkasten in einer KiTa

Wie viele Kinder brauchen einen U3-Platz?

Das Problem ist, dass die Städte bis heute nicht genau angeben können, wie groß die Nachfrage wirklich ist. Ein zentrales Anmeldesystem gibt es nur in wenigen Städten. Überall sonst melden sich die Eltern direkt bei der Kita an - meist bei mehreren. Die Städte können den Bedarf oft nur schätzen. Das zeigte sich auch bei der großen WDR-Umfrage bei sämtlichen Jugendämtern des Landes. Wie viele Plätze wirklich fehlen, wissen die Städte nach eigenen Angaben erst in einigen Monaten genau. Die FDP fordert von der Landesregierung denn auch ein Controlling, um den Bedarf genau zu erfassen. Bei einem Runden Tisch mit den Kommunen solle die Regierung kurzfristig den "Lückenschluss" verabreden.

Die Zahl der Klagen allerdings hält sich bislang in Grenzen. Laut "Westfalenpost" sind es in Köln 14, in Düsseldorf bis zu 15. In anderen Städten, zum Beispiel Münster, Aachen und Gelsenkirchen, seien noch keine Klagen anhängig. Das mag einerseits daran liegen, dass der Rechtsweg lang und aufwändig ist. Andererseits herrscht noch Unsicherheit, was genau der Rechtsanspruch besagt.

Wie weit weg darf die Kita sein?

Für erhebliche Irritation bei den Städten sorgte vor zwei Wochen eine Eilentscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts. Danach sei der Rechtsanspruch nicht erfüllt, wenn Eltern an eine Tagesmutter verwiesen werden, obwohl sie für ihr Kind ausdrücklich eine Betreuung in der Kita wünschen. Außerdem dürfe die Kita nicht weiter als fünf Kilometer vom Wohnort der Eltern entfernt liegen (Az. 19 L 877/13). Die Stadt Köln hat mittlerweile Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster eingelegt. Wie die meisten anderen Städte auch, vertritt Köln die Auffassung, dass Kita und Tagesmutter gleichrangig seien. Die Entfernungsgrenze sei zudem nicht sachgerecht in einer Großstadt wie Köln, die über eine gute Nahverkehrs-Anbindung verfüge. Noch gibt es keine abschließende Entscheidung.

Kritik am Betreuungsgeld

So oder so ist klar, dass die Kommunen weiter ausbauen. Familienministerin Schäfer rechnet damit, dass die Nachfrage mit dem Angebot steigt. In den kommenden Jahren soll weiter Geld in den U3-Ausbau gesteckt werden. Am liebsten würde Schäfer dafür Mittel nehmen, die ebenfalls ab Donnerstag für das Betreuungsgeld gezahlt werden. Allein in NRW könnten davon 27.000 zusätzliche U3-Plätze geschaffen werden, rechnet die Minister vor.

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