Interview zu Problemen beim Kita-Ausbau

Warum Betreuungsbedarf so schwer zu ermitteln ist

Stand: 02.07.2013, 06:00 Uhr

Warum können die Städte nicht genau sagen, wie viele U3-Plätze gebraucht werden? Michael Schmitz, als Beigeordneter zuständig für den Kita-Ausbau in Mönchengladbach, erklärt im Interview, wie seine Stadt den Bedarf ermittelt. Und wieso ein zentrales Meldesystem nicht funktionieren würde.

WDR.de: Herr Schmitz, wie ist die Situation in Mönchengladbach? Haben Sie ab August genügend U3-Plätze?

Michael Schmitz: Wir hatten leider nicht so gute Ausgangsvoraussetzungen, die Platzzahlen für Kinder waren immer unterdurchschnittlich. Als der Rechtsanspruch bekannt wurde, haben wir besondere Anstrengungen unternommen. Wir haben unter anderem ein Konzept entwickelt, bei dem Wohnungen angemietet werden, die in der Nähe von Kitas liegen. Dort können jeweils neun Kinder von qualifiziertem Personal, das die Stadt bezahlt, betreut werden. Insgesamt haben wir in Mönchengladbach gut aufgeholt, so dass wir zum 1. August eine Punktlandung hinlegen werden. Es werden so gut wie alle Bedarfe befriedigt werden können. Wenn nicht noch auf den letzten Drücker ganz viele Anfragen kommen.

WDR.de: Es bleibt also ein Rest Unsicherheit. Woher wissen Sie eigentlich, wie viele Eltern einen Betreuungsplatz brauchen?

Schmitz: Wir haben Anfang des Jahres eine Befragung durchführen lassen. Damals waren es circa 40 Prozent, die einen Platz benötigen. Das hat uns eine gute Vorstellung vom Bedarf gegeben. Wir glauben, dass wir mit dieser Zahl hinkommen.

WDR.de: Andere Städte beklagen, dass sie den Bedarf nicht genau kennen, weil sich die Eltern direkt bei den Kitas anmelden, oft bei mehreren gleichzeitig. Wäre es nicht sinnvoll, den Bedarf zentral zu erfassen?

Schmitz: Das wäre kaum durchzuführen, alleine schon deshalb, weil es ganz unterschiedliche Träger gibt. Es ist vielfach aber auch so, dass sich Eltern bei ihrer Wunsch-Einrichtung anmelden. Und wenn sie dann keinen Platz bekommen, heißt das nicht, dass sie unversorgt sind. Viele bevorzugen es, ein Jahr zu überbrücken, bis sie in der Wunschkita einen Platz bekommen, anstatt ihre Kinder in einer anderen Einrichtung unterzubringen.

WDR.de: Das heißt, es ist unmöglich, den genauen Bedarf zu ermitteln.

Schmitz: Es ist schwierig. Wichtig ist, dass sich die Eltern, die eine Absage von ihrem Wunschträger bekommen, an die Stadt wenden. Die Stadt muss ja den Rechtsanspruch erfüllen. Und der kann nur für Kinder geltend gemacht werden, die sich bei der Stadt gemeldet haben.

WDR.de: Würde es denn helfen, wenn es einen landesweiten Stichtag für Anmeldungen gäbe, wie es die Politik vorhat?

Schmitz: Klar, das würde die Anmeldungen erleichtern. Auf der anderen Seite muss man sich die Frage stellen, was passiert, wenn man kurzfristig Bedarf hat und den Stichtag verpasst? Es nützt zudem nichts, wenn sich zum Stichtag alle vorsorglich anmelden.

WDR.de: Sie haben eine Betreuungsquote von 35 Prozent erreicht und sprechen selbst von einer Punktlandung. Stellen Sie nun Ihre Ausbaubemühungen ein?

Schmitz: Nein, wir bauen weiter aus. Mein Ziel ist, den Bedarf zu erhöhen. Ich glaube, auch bei Menschen, die sich noch nicht gemeldet haben, besteht Bedarf. Wir müssen sie nur davon überzeugen, dass auch eine Betreuung von Kindern unter drei Jahren zum Wohle des Kindes ist. Keine Mutter muss ein schlechtes Gewissen haben, wenn es ihr Kleinkind in eine Einrichtung gibt.

WDR.de: Welche Quote streben Sie an?

Schmitz: Wir wollen Plätze für 50 Prozent aller Kinder unter drei Jahren schaffen.

Das Interview führte Rainer Kellers.

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