Türkische Schüler im Unterricht

Verband hält Ausweitung des Türkischunterrichts für nötig

Mehr Türkisch in der Grundschule

Stand: 12.02.2008, 20:42 Uhr

Türkische Unternehmer fordern eine massive Ausweitung des Türkisch-Unterrichts für Grundschulkinder. Dort sei in der Vergangenheit gekürzt worden - dabei sei das Lernen der Muttersprache entscheidend für die Integration.

Von Fiete Stegers

"Wir sind gegen den Vorschlag von Ministerpräsident Erdogan, türkische Schulen in Deutschland einzurichten", betont Ömer Saglam, Geschäftsführer des Verbandes Türkischer Unternehmer und Industrieller in Deutschland (ATIAD). Stattdessen müssten "innerhalb des deutschen Schul- und Bildungssystems alle Maßnahmen zur Integration ergriffen werden." Dazu gehöre die Beherrschung der Muttersprache als Basis fürs Deutschlernen - der Verband fordert deshalb flächendeckenden türkischen Sprachunterricht in der Grundschule für Migrantenkinder.

"Das muss viel verbreiteter angeboten werden", kritisiert Saglam. "Bisher ist es vielerorts nur ein Wahlfach, das am Nachmittag angeboten wird. Da ist natürlich dann das Interesse der Schüler gering." In den 80er-Jahren sei das anders gewesen - doch inzwischen hätte beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen das Angebot reduziert und Lehrerstellen abgebaut, sagt Saglam.

Weniger Unterricht an den Grundschulen

Laut amtlicher Schulstatistik gab es im Schuljahr 2006/2007 an 680 Grund- und 233 Hauptschulen muttersprachlichen Unterricht in türkischer Sprache. 2003/2004 waren es noch 728 Grund- und 265 Hauptschulen. Die Zahl der teilnehmenden Schüler sank insgesamt von rund 85.000 auf knapp 63.000.

Herbert Spies, stellvertretender Pressesprecher des Schulministeriums in Düsseldorf: "Ich kann zu dieser Entwicklung nichts sagen. Die Lerngruppen in der Grundschule müssen aber immer mindestens 15 Kinder umfassen. Wenn zwei oder drei Kinder fehlen, kommt die Gruppe nicht zustande - vielleicht liegt die Entwicklung daran."

Nutzen fürs Deutschlernen umstritten

Ob Einwandererkinder tatsächlich am besten Deutsch lernen, wenn sie parallel Lesen und Schreiben in ihrer Muttersprache lernen, ist unter Wissenschaftlern umstritten. Eine Auswertung internationaler Untersuchungen durch das Wissenschaftszentrum Berlin ergab weder besonders positive noch besonders negative Einflüsse. Saglam ist jedoch überzeugt davon und verweist darauf, dass ohne muttersprachlichen Unterricht Migrantenkinder keine Sprache richtig beherrschen: "Viele türkische Einwanderfamilien kommen aus eher bildungsfernen Schichten - da bekommen die Kinder zu Hause dann auch keinen großen Wortschatz vermittelt."

Türkisch als zweite Fremdsprache

"Zusätzlich wäre es zu begrüßen, wenn Türkisch als Fremdsprachenunterricht in der Sekundarstufe 2 angeboten wird", meint der Unternehmerverband. Diesen Vorschlag unterstützt auch Faruk Sen, Leiter des Zentrums für Türkeistudien in Essen: Junge türkischsprechende Fachkräfte und Akademiker würden dringend gesucht.

Diese Forderung stößt beim nordrhein-westfälischen Schulministerium auf offene Ohren: Bisher bieten 64 Schulen Türkisch als Fremdsprache in der Sekundarstufe 2 an - vor allem Gesamtschulen, aber auch Gymnasien und Realschulen. An der Hauptschule soll Türkisch künftig auch als zweite Fremdsprache wählbar sein, hat das Ministerium im Januar angekündigt.

Die Verband Bildung und Erziehung hält beide Vorschläge der türkischen Unternehmer für sinnvoll: "Das korrekte Beherrschen der Muttersprache ist für Jugendliche mit Migrationshintergrund ebenso wichtig wie das Beherrschen der deutschen Sprache", erklärte der NRW-Landesvorsitzende Udo Beckmann für die Lehrergewerkschaft.