Vorhang auf für einwöchiges Festival "Melez"
Mit Kultur Integration beflügeln
Stand: 27.10.2007, 06:00 Uhr
Wenn Gaukler, Puppenspieler und Tänzer unterschiedlicher Herkunft mit den Bochumer Symphonikern auf einer Bühne stehen, ist das nicht nur der Auftakt des Kulturfestivals "Melez". Dahinter steckt auch ein zukunftsweisender Plan.
Von Katja Goebel
Mohan Thomas hüpft, rennt, biegt den Oberkörper geschmeidig zur Musik. Dann hockt er sich, presst den Zeigefinger gegen die Lippen, um gleich wieder aufzuspringen und wild mit den Armen zu rudern. Der Choreograph und Tanzpädagoge hat keinen einfachen Job. Rund 30 Kinder schauen ihm zu, versuchen zu tanzen, was er tanzt, zu einer Musik, die so ganz anders klingt, als das, was sie kennen. Hier wird ein klassisches Musikballet geprobt. Aber die Kinder sind keine Balletschüler. Die meisten, die sich hier so konzentriert ein Stück von Igor Strawinsky ertanzen, haben noch nie auf einer Bühne gestanden. Und doch werden sie am Samstag (27.10.2007) gemeinsam mit den Bochumer Symphonikern das Kulturfestival "Melez" in der Jahrhunderthalle eröffnen.
Kultur-Melange aus der Region
Das Kulturspektakel "Melez" findet im Ruhrgebiet bereits zum dritten Mal statt und ist eines der Vorzeigeprojekte der Kulturhauptstadt 2010. So wie im Ruhrgebiet rund 140 Nationalitäten zuhause sind, so präsentieren die mehr als 30 Veranstaltungen des Festivals eine lebendige Kultur-Melange aus der Region. Erwartet werden türkische Mega-Stars, sizilianische Party-Musik, moldawischer Crossover, orientalischer R&B, französischer Breakdance und eben auch Strawinskys "Petruschka".
Musik als Vermittler und Mutmacher
Interpretiert wird das Stück des russischen Komponisten als interkulturelles Jahrmarktfest mit Musik, Tanz, Akrobaten und den Bochumer Symphonikern unter ihrem Dirigenten Steven Sloane. Mit auf der Bühne stehen dann auch rund 150 Kinder und Jugendliche verschiedener Herkunft und aus unterschiedlichen Bildungsschichten. Wie verschiedene Kulturen zusammenkommen können, ist schließlich die Idee hinter "Melez".
Das Projekt habe aber nicht nur die Aufgabe, jungen Menschen Zugang zur Musik zu vermitteln, erklärt Tobias Bleek vom Initiativkreis Ruhr, der wiederum Kinder und Künstler für das ungewöhnliche Experiment zusammenbrachte. Es sei auch ein Projekt mit nachhaltiger Wirkung: Die Kinder werden kreativ, lernen Selbstbewusstsein aber auch Zweifel kennen, entdecken ungeahnte Fähigkeiten und entwickeln ganz neuen Mut.
"Geht nicht so privat!"
"Heute ist ein wichtiger Tag", schwört Mohan Thomas seine Truppe ein. Der Tanzpädagoge hat nicht mehr viel Zeit, dann hebt sich der Premierenvorhang und seine Schüler sind auf sich selbst gestellt. "Go, one, two, roll, one, two, go out", ruft er seinen Schützlingen zu. "Geht nicht so privat, mehr mit Gefühl, hört auf die Musik, atmet tief ein. Und noch was: schneller gehen heißt nicht trampeln. Wo sind eure Arme?" Die Kritik sitzt. Beim nächsten Durchgang klappt es besser. Doch in der Pause lässt Mohan Thomas keinen Zweifel an seinen Tänzern. "Sobald die Show losgeht und die Kinder auf der Bühne stehen, werden die ihren Hintern zusammenkneifen."