Drei katholische Schulen werden weltlich
Qualifikation wichtiger als Konfession
Stand: 18.05.2012, 13:00 Uhr
Bereits zum dritten Mal haben Kölner Eltern für die Umwandlung ihrer Katholischen Grundschule in eine konfessionslose Gemeinschaftsgrundschule gestimmt, wie das Amt für Schulentwicklung am Freitag (18.05.2012) mitteilte. Der Grund: Die Schulen finden keinen katholischen Schulleiter. Und das treibt Eltern auf die Barrikaden.
Evelyn Kruse vom Kölner Amt für Schulentwicklung hat in dieser Woche zum dritten Mal hinter ihrer Wahlurne gesessen - in einer Grundschule, die noch katholisch ist, aber bald konfessionslos sein wird. Es sind die Eltern, die die Umwandlung vorantreiben: erst an der Katholischen Grundschule Volberger Weg, dann in der Dagobertstraße und Overbeckstraße. Alle drei Schulen haben das gleiche Problem. Sie werden kommissarisch geleitet, weil sich kein katholischer Schulleiter oder Konrektor findet. Die Zugehörigkeit zur katholischen Konfession ist aber laut Landesgesetz Pflicht, evangelische oder konfessionslose Bewerber kommen nicht zum Zug. Weil die Eltern auf Dauer verzweifeln, wenn eine Schule nicht in festen Händen ist, verzichten sie lieber auf die Konfession der Schule als auf einen Schulleiter - evangelische oder konfessionslose Bewerber gibt es nämlich. "Dass der Wille zur Umwandlung aus der Elternschaft kommt, ist ein bemerkenswerter Vorgang. Nun sind schon drei Schulen in Köln betroffen: Das ist kein normaler Alltag, weitere Schulen könnten folgen", sagt Kölns Schuldezernentin Agnes Klein (SPD).
Elternwille ist entscheidend für den Schultyp
Erforderlich für die Umwidmung einer Schule sind zunächst die Unterschriften von einem Fünftel der Eltern. Evelyn Kruse vom Amt für Schulentwicklung stellt dann ihre Urne in der Schule auf "an drei aufeinanderfolgenden Tagen zu verschiedenen Tageszeiten". Stimmen dann zwei Drittel der Eltern für die Umwandlung, steht ihr nichts im Weg. Der Rat der Stadt und die Bezirksregierung müssen ebenfalls zustimmen. "Das ist aber eine reine Formsache, weil der Elternwille bei der Bestimmung des Schultyps entscheidend ist", sagt Andrea Gersch, Schulrätin des Erzbistums Köln. Sie betont: Nicht das Bistum stellt Lehrer und Schulleiter an den Katholischen Grundschulen ein, sondern die Kommune.
Nur sieben Umwandlungen im Schuljahr 2011/12
"Ein Trend lässt sich aus diesen Einzelfällen jedoch nicht ableiten", sagt Jörg Harm, Sprecher des NRW-Schulministeriums. "Im Schuljahr 2011/12 wurden nur sieben Schulen umgewandelt – vier Katholische und eine Evangelische Grundschule in Gemeinschaftsgrundschulen und zwei Gemeinschaftsgrundschulen sogar in Bekenntnisschulen ", so Harm. Die Zahl der Umwandlungen werde auch für das kommende Schuljahr nicht dramatisch ansteigen: "Eine solche Entwicklung können wir ganz und gar nicht feststellen."
342 freie Grundschulleiter- und Konrektorenstellen in NRW
"Es ist nicht immer einfach, freie Grundschulleiterposten sofort neu zu besetzen - nicht nur an Bekenntnisschulen", erklärt Harm weiter. An einer mittelgroßen Grundschule mit 180 bis 360 Schülern verdient ein Lehrer in der höchsten Besoldungsstufe rund 4.000 Euro brutto, ein Schulleiter nur etwa 550 Euro mehr – bei einem deutlich höheren Arbeitspensum. "Zum Einen wird die Leitungsposition nicht entsprechend vergütet. Und zum Anderen sind die meisten Grundschullehrer weiblich und denken, sie könnten die zeitaufwendige Schulleitung nicht mit ihrer Familie vereinbaren", erklärt die Kölner Schuldezernentin Agnes Klein den Mangel an Bewerbern. Zur Zeit sind an den über 3.000 NRW-Grundschulen - ein Drittel davon sind Bekenntnisschulen - 342 Schulleiter- und Konrektorenstellen vakant. Zehn Prozent aller Grundschulen werden zurzeit also kommissarisch geleitet. Das Schulministerium hat bereits reagiert. Erhielten Grundschulleiter bisher acht Entlastungsstunden in der Woche für ihre Aufgaben, sind es seit dem laufenden Schuljahr elf. Auch das Bistum Köln versucht mit dem zehnteiligen Seminar "Schulleitung als Chance" Grundschullehrer für Führungspositionen zu gewinnen.
"Das eindeutige Profil geht verloren"
An den Bekenntnisschulen verschärft die zusätzliche Anforderung an die Konfession das Problem. Was die Kölner Grundschulen betrifft, so bedauert das Bistum Köln die Entscheidung der Eltern, respektiere sie aber. "Wir fühlen uns in unserer Arbeit dennoch bestätigt, denn alle betroffenen Eltern betonen ausdrücklich, dass sie die christliche Erziehung weiterführen wollen. Wir glauben jedoch, dass das Eine nicht ohne das Andere zu haben ist: Das eindeutige Profil geht verloren", so Christoph Heckeley vom Bistum Köln. An Katholischen Grundschulen sprechen Schüler und Lehrer regelmäßig Gebete am Morgen oder vor dem Essen, begehen den Namenstag und die christlichen Feste und stehen in engem Kontakt mit der örtlichen Pfarrgemeinde. "Ein nicht-katholischer Schulleiter wird andere Schwerpunkte setzen, die Schule sich anders ausrichten", erklärt Andrea Gersch vom Bistum. Es bestehe die Gefahr, dass sich konfessionslose Eltern durchsetzen und die christlichen Rituale nach und nach verdrängt werden. Gersch erinnert sich: "In einem Fall wurde aus der Adventsfeier bald eine Jahresabschlussfeier und dann auch das Morgengebet abgeschafft."