Allerheiligen-Stiegerln, Himmelsleiter, Seelenzopf

WDR 4 Video 01.11.2024 02:07 Min. Verfügbar bis 01.11.2026 WDR 4

Allerheiligen-Stiegerln, Himmelsleiter, Seelenzopf

Stand: 30.10.2024, 14:00 Uhr

In Bayern und in Niederösterreich ist es Brauch, in der ersten Novemberwoche für die Seelenwanderung der Verstorbenen eine Wegzehrung zu backen. Ob Stiegerl, Brezn oder Seelenzopf – es geht um Hefeteig.

Von Ulla Scholz

Allerheiligen-Stiegerln, Himmelsleiter, Seelenzopf

Ulla kocht. Lecker und günstig. 01.11.2024 01:23 Min. Verfügbar bis 06.02.2025 WDR 4 Von Ulla Scholz


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Zutaten für 10 Stück Stiegerln und einen Seelenzopf

750 g Weizenmehl Type 550
150 g Zucker
42 g frische Hefe
45 g Olivenöl oder anderes Pflanzenöl
375 g Wasser (lauwarm)
2 Prisen Salz

Außerdem
2 Eigelb oder Margarine (vegan)
2 – 3 EL Wasser

Zubereitung

Die Hefe zerbröseln und in der Hälfte der Wassermenge vollständig auflösen. Das Mehl in eine Rührschüssel sieben. Zucker und Salz zugeben und beides locker mischen. Das Rührwerk starten und Wasser, aufgelöste Hefe und Öl angießen. Etwa 3 Minuten gleichmäßig unterarbeiten.

Eine hohe rechteckige Plastikform einölen und den Teig hineinlegen. Mit einem passenden Deckel oder etwas Klarsichtfolie verschließen. Bei Raumtemperatur circa 20 Minuten ruhen lassen. Nun den Teig von den Seiten – jeweils zur Mitte hin – falten. Danach die beiden anderen Seiten dehnen, ebenfalls zur Mitte einschlagen und abdecken. Das Falten gelingt noch besser, wenn die Hände etwas angefeuchtet oder eingeölt sind.

Dieser Arbeitsschritt erfolgt über 2 Stunden in 30-Minuten-Intervallen. Zuletzt sollte der Hefeteig noch einmal 45 Minuten ruhen.

Die Arbeitsplatte und das Rollholz mit Mehl bestäuben und den Teig halbieren. Für die Stiegerln ein Stück von 40 x 25 cm ausrollen. Dann in 2,5 cm breite und 25 cm lange Streifen schneiden. Die einzelnen Exemplare in S-Form biegen und die Enden schneckenförmig einrollen.

Eine flache Form oder ein Blech mit Backpapier auslegen und die Stiegerln (Stufen) untereinander anordnen. Noch einmal 15 Minuten gehen lassen. Die Eigelbe mit Wasser verquirlen und die Oberfläche einpinseln. Wer keine Eigelbe nutzen möchte, bestreicht das Gebäck mit Pflanzenmargarine. Im vorgeheizten Backofen bei 180 Grad circa 25 Minuten backen.

Die andere Hälfte des Teiges entweder einfrieren oder zu einem Hefezopf mit drei oder fünf Strängen flechten. Der traditionelle Seelenstriezel besteht aus fünf Strängen (Backzeit und Temperatur wie bei den Stiegerln).

Meine Küchentipps

Von Region zu Region unterschiedliche Formen

Der "No-Kneat-Teig", beziehungsweise "Nicht-Kneten-Teig", schmeckt später kaum nach Hefe und gerät unglaublich locker und wattig. Das bekommt auch Striezeln oder Stiegerln gut.

Am besten gleich die doppelte Menge Teig herstellen und die eine Hälfte einfrieren. So hat man für ein anderes Mal etwas Arbeit gespart. Vor dem Backen den Teig wieder auf Raumtemperatur bringen. Nach Gusto Wecken, Stiegerln, Brezn oder Striezel formen.

Hefeteig können Sie auch über Nacht in den Kühlschrank stellen. Am Feiertag morgens temperieren, das Gebäck formen und eine Viertelstunde gehen lassen. Mit Ei einstreichen und backen.

Seelengebäck statt Grusel-Food und Kürbisspuk

Allerheiligen-Stiegerln sollen mit ihren S-förmigen Sprossen eine Leiter darstellen. Auf der konnten die armen Seelen – so war die fromme Vorstellung der Menschen früher – vom Fegefeuer in den Himmel steigen. Gebäckstücke wie Stiegerln, Seelen-Brezn oder Zöpfe wurden zu Allerseelen (der Tag nach Allerheiligen) auf die Fensterbänke gelegt, damit die Verstorbenen auf ihrer Wanderung in der Seelenwoche eine Speise vorfinden.

In der Regel – wie sollte es auch anders sein – lag das Gebäck immer noch dort. Es wurde dann an die Armen verschenkt, die von Haus zu Haus zogen, um ein Stück Seelenzopf zu bekommen. Da der Geiz zu einer der schlechtesten menschlichen Eigenschaften gehört – aber leider seit alters her weit verbreitet ist – wurden nur die Endstücke – auch Spitzln (Spitzen) verschenkt. Das leckere Mittelstück hat man sich selbst einverleibt. Von daher kommt die Bezeichnung Seelen-Spitzln.

Die Tradition hat sich über die Jahrhunderte verändert, sodass mittlerweile sogar aufwendige kleine Gebäcke aus Biskuitteig oder Lebkuchenteig fabriziert werden, die sich Spitzln nennen. Brezn und Striezel wurden auch gern von Paten an Patenkinder oder von Großeltern an die Enkel verschenkt. Oder einfach Anfang November aus schönem Brauchtum verspeist. Bleibt zu hoffen, dass neuerdings Kürbisspuk und Grusel-Food nicht mit Vollgas auf der Überholspur unterwegs sind.

Gutes Gelingen und viel Vergnügen wünscht Ihnen Ulla Scholz!