Streit um Akten zu V-Mann "Corelli"

Knickt Kutschaty jetzt ein?

Stand: 02.02.2015, 17:47 Uhr

Die Weigerung von NRW-Justizminister Kutschaty, dem Innenausschuss des Bundestages Ermittlungsakten zum Tod des V-Manns "Corelli" zur Verfügung zu stellen, sorgt für Kritik. Kutschaty hat nun erklärt, stattdessen den NRW-Landtag umfassend informieren zu wollen.

Von Dominik Reinle

"Es ist ein Unding, dass NRW-Justizminister Kutschaty in einer derart wichtigen Frage die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bundestag aufgekündigt hat", sagte Peter Biesenbach, stellvertretender Vorsitzender der NRW-CDU-Landtagsfraktion, am Montag (02.02.2015). Nach der Geheimschutzverordnung des Bundestags dürften dem Innenausschuss "Verschlusssachen jeglicher Geheimhaltungsstufe" zugänglich gemacht werden.

Peter Biesenbach (CDU), stellvertretender Vorsitzender der NRW-CDU-Landtagsfraktion

Peter Biesenbach (CDU)

Mit seiner Verweigerungshaltung leiste Thomas Kutschaty (SPD) neuen Verschwörungstheorien Vorschub, so Biesenbach. Der Minister vermittle den Eindruck, dass NRW kein Interesse an der Aufklärung des mysteriösen Todes des V-Mannes "Corelli" habe. Dabei habe der V-Mann offenbar seit 2002 Kenntnis von der Existenz des NSU gehabt.

Starb "Corelli" eines natürlichen Todes?

Am Sonntag (01.02.2015) hatte WESTPOL berichtet, dass Kutschaty sich weigert, dem Innenausschuss des Bundestages für seine Sitzung am Montag die Ermittlungsakten zum Tod des enttarnten V-Manns Thomas R. zur Verfügung zu stellen. Der 39-Jährige hatte fast 15 Jahre lang unter dem Decknamen "Corelli" für den Bundesverfassungsschutz gearbeitet. Nach seiner Enttarnung im Zuge der NSU-Ermittlungen kam er 2012 in ein Zeugenschutzprogramm. Zwei Jahre später wurde seine Leiche gefunden. Nach der Obduktion stellte die Staatsanwaltschaft Paderborn als offizielle Todesursache eine bis dahin unerkannte Diabetes-Krankheit fest. Doch starb Thomas R. wirklich eines natürlichen Todes oder wollte jemand verhindern, dass er aussagt? Der Innenausschuss möchte sich gern ein eigenes Bild über diesen Sachverhalt machen - und deshalb verlangt er Akteneinsicht - die Kutschaty bislang verweigert hatte.

Was wussten die Behörden?

Es spricht einiges dafür, dass "Corelli" zum direkten Umfeld des NSU-Trios gehörte. Seine Kontaktdaten standen auf einer Telefonliste von Uwe Mundlos, die 1998 in der Jenaer Bombenwerkstatt der dann Untergetauchten gefunden wurde. Erst jetzt wurde bekannt: Bereits 2005 hatte Thomas R. dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine Daten-CD übergeben, die mit dem Kürzel "NSU/NSDAP" gekennzeichnet war. Doch der Verfassungsschutz beteuert bis heute, nichts vom Terror-Trio gewusst zu haben. "Wenn es jetzt doch eine Verbindung gibt, über den Fall Corelli, sagt Wolfgang Bosbach (CDU) am Montag (02.02.2015) - Vorsitzender des Innenausschusses, "dann muss man natürlich in Frage stellen, ob es diese Erkenntnisse tatsächlich nicht gab, oder ob man die Kenntnisse nicht doch hätte haben können, wenn man sich intensiver für den Vorgang interessiert hätte."

Kutschaty will dem Landtag Auskunft geben

In einem Brief, der WESTPOL vorliegt, hatte Kutschaty zuvor an Wolfgang Bosbach geschrieben, es gebe keine Rechtsgrundlage für die Herausgabe der Akten der Staatsanwaltschaft Paderborn. Er habe das vom Generalstaatsanwalt in Hamm prüfen lassen.

Am Montag ruderte Kutschaty nun offenbar zurück. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte dem WDR, die Staatsanwaltschaft Paderborn habe zwar keine Rechtsgrundlage, um diese Akten an den Deutschen Bundestag zu geben. Aber selbstverständlich erhalte der NRW-Landtag alle erforderlichen Informationen. "Das Parlamentarische Kontrollgremium der Staatsanwaltschaft Paderborn ist der Rechtsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags", so der Sprecher. Kutschaty werde dem Rechtsausschuss in der Sitzung vom 25. Februar "umfassend Auskunft" geben.

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