1. Rundfunkrat diskutiert Entscheidung der Länder gegen eine Beitragserhöhung
Der WDR-Rundfunkrat diskutierte die jüngste Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 12. Dezember, den Rundfunkbeitrag für die nächsten zwei Jahre nicht zu erhöhen und damit der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) aus ihrem 24. Bericht eine endgültige Absage zu erteilen. Gleichzeitig wollen die Länder das Beitragsfestsetzungsverfahren mit Wirkung ab 2027 reformieren. Bereits im Oktober hatte sich die MPK auf Eckpunkte für einen Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verständigt, den Beitragsteil aber bewusst ausgeklammert. Weil damit klar war, dass eine Beitragsanpassung zum 1. Januar 2025 nicht mehr durchsetzbar ist, hatten ARD und ZDF Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Die Sender sehen ihr Recht auf eine bedarfsgerechte Finanzierung verletzt.
Künftig soll für das Beitragsfestsetzungsverfahren statt des Einstimmigkeitsprinzips im Kreise der Länder ein „Widerspruchsmodell“ gelten. Es sieht vor, dass der Rundfunkbeitrag automatisch steigt, wenn die Beitragsempfehlung der KEF den bisherigen Betrag nicht um 5 Prozent übersteigt; es sei denn, ein qualifiziertes Quorum von Ländern, das nach der geplanten prozentualen Steigerung gestaffelt ist, widerspricht. Bayern und Sachsen-Anhalt haben die Einführung des Widerspruchsmodells allerdings an die Bedingung geknüpft, dass ARD und ZDF ihre Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zurückziehen. Sollte der übrige Reformstaatsvertrag von allen Länderparlamenten ratifiziert werden und im Dezember 2025 in Kraft treten, sind zahlreiche Änderungen im Hinblick auf die Zusammenarbeit der Sender, die Zusammenlegung von Spartenkanälen, neue Aufsichtsstrukturen etc. zu erwarten, auf die sich die Sender und Gremien im Laufe des nächsten Jahres vorbereiten müssen.
Der Rundfunkrat diskutierte kontrovers über die Reformen des Reformstaatsvertrags, den geplanten Systemwechsel des Beitragsfestsetzungsverfahrens und die Klage von ARD und ZDF beim Bundesverfassungsgericht. Das Gremium entschied nach ausführlicher Debatte, das Thema in der nächsten Sitzung des Rundfunkrats noch einmal aufzugreifen.
2. WDR-Haushalt für 2025 genehmigt
Nach intensiven Beratungen hat der WDR-Rundfunkrat den Haushaltsplan 2025 und die mittelfristige Finanz- und Aufgabenplanung des Senders für die Jahre 2024 bis 2028 verabschiedet. Der WDR plant für das Haushaltsjahr 2025 mit einem Gesamtvolumen von rund 1,66 Milliarden Euro. In der zahlungswirksamen Finanzrechnung ist für das kommende Jahr ein Überschuss von 177,1 Millionen Euro vorgesehen. Dieser wird der so genannten Allgemeinen Ausgleichsrücklage zugeführt und dient dazu, mögliche Defizite in den Folgejahren auszugleichen. Am Ende der vierjährigen Beitragsperiode, also Ende 2028, soll mit einem Saldo von 25 Millionen Euro eine „schwarze Null“ stehen. Der stellvertretende Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses (HFA), Christian Hülsmeier, fasste die Beratungen des Ausschusses zusammen. Er wies darauf hin, dass die Haushaltsplanungen des WDR von einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags als Berechnungsgrundlage ausgingen. Ohne diese Erhöhung würden jährlich rund 43 Millionen Euro in der Kasse fehlen. Unsicherheiten bestünden auch wegen eines möglichen Mehrbedarfs bei den Personalkosten aufgrund der noch laufenden Tarifverhandlungen. Der HFA habe mit den Verantwortlichen des WDR Möglichkeiten erörtert, diese finanziellen Risiken abzufedern. Neben voraussichtlichen Verbesserungen aus dem Haushaltsvollzug 2024 und positiven Auswirkungen eines neu verhandelten ARD-Finanzausgleichs auf den WDR könnten die Sparbeschlüsse der einzelnen Direktionen fortgeschrieben werden. Der Rundfunkrat bekräftigte in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit strategischer Kostensenkungen und einer Überprüfung der Prioritätensetzung für die Zukunftsplanung des Senders.
Erste strategische Weichenstellungen seien in der Mittelfristplanung erkennbar, auch die Steuerungsinstrumente des WDR für eine zielgerichtete Verteilung der Finanzmittel bewertete das Gremium positiv. Der Rundfunkrat erwartet von der Geschäftsleitung, die Zusammenarbeit und Arbeitsteilung innerhalb der ARD weiter zu intensivieren, um Effizienzgewinne zu erzielen und auch die Reformvorschläge der Länder bestmöglich umzusetzen.
3. Intendant Tom Buhrow in den Ruhestand verabschiedet
Nach fast 12 Jahren an der Spitze des Westdeutschen Rundfunks geht Intendant Tom Buhrow zum Jahresende in den Ruhestand. Der Rundfunkrat dankte ihm herzlich für seine herausragende Arbeit und wünschte ihm für die Zukunft alles Gute. Seine Amtszeit sei von großem Engagement für den WDR und die Medienlandschaft in Nordrhein-Westfalen geprägt gewesen, betonte der Vorsitzende des Rundfunkrats, Rolf Zurbrüggen. Buhrow hat sein Amt 2013 angetreten und den WDR durch eine Phase intensiver Reformen und Herausforderungen geführt. Früh warnte er vor einer Spaltung der Gesellschaft und betonte die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für deren Zusammenhalt. Mit seiner Hamburger Rede im November 2022 formulierte er grundlegende Reformforderungen und Vorschläge, die auch in die Arbeit der Rundfunkkommission und des Zukunftsrates einflossen. Seine Nachfolge wird zum 1. Januar 2025 Dr. Katrin Vernau antreten. Der Rundfunkrat hat sie am 27. Juni zur neuen WDR-Intendantin gewählt.
4. Qualitätsrichtlinie für WDR-Angebote beschlossen
Der WDR-Rundfunkrat hat in seiner Sitzung eine Qualitätsrichtlinie für die Angebote des WDR beschlossen. Die Richtlinie geht auf eine Regelung im WDR-Gesetz zurück, die den Erlass einer solchen Richtlinie und die Einrichtung von Überprüfungsprozessen fordert. Es handelt sich um eine Übernahme der medienstaatsvertraglichen Regelungen analog zur ARD-Qualitätsrichtlinie. Die nun vorgelegte Richtlinie ergänzt die ARD-Standards um die Besonderheiten des WDR – die regionale Berichterstattung und den Hörfunk. Ziel ist es, dass der Programmausschuss künftig im Rahmen der Programmbeobachtung die Qualität der Angebote anhand beider Richtlinien beurteilt. Der Programmausschuss hatte die Richtlinie mit den Programmverantwortlichen des WDR inhaltlich vorberaten – sie ist hier abrufbar.
5. Programmbeschwerden zu „Brennpunkt“ und „Aktuelle Stunde“ abgelehnt
In der zuerst behandelten Programmbeschwerde konnte der WDR-Rundfunkrat keinen Verstoß gegen die gesetzlichen Programmgrundsätze feststellen. Der Beschwerdeführer bezieht sich mit seiner Kritik auf die Sendung „Brennpunkt“ vom 25. August 2024, die sich mit dem Terroranschlag in Solingen beschäftigt. Zu diesem Thema wurde Peter R. Neumann interviewt und als „renommierter Terrorexperte und Politikwissenschaftler“ vorgestellt. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Rolle Neumanns als CDU-Politiker und seine Beteiligung im Zukunftsteam von Armin Laschet nicht transparent gemacht worden sei. Außerdem hätte man, wegen der Forderung Neumanns nach einer Intensivierung der Online-Polizeiarbeit, darauf hinweisen müssen, dass Neumann Mitglied des Beirats eines deutsch-britischen IT-Dienstleisters für Sicherheitsbehörden ist, da das Unternehmen von einer solchen Intensivierung profitiere.
Petra Kammerevert, Vorsitzende des Programmausschusses, fasste die Beratungen des Programmausschusses zusammen: Die überwiegende Mehrheit der Mitglieder sei zu der Einschätzung gelangt, dass eine Nennung der Parteizugehörigkeit sowie der Beiratsmitgliedschaft von Herrn Peter R. Neumann in diesem Falle nicht zwingend nötig gewesen sei. Die Notwendigkeit hierzu müsse im Einzelfall von der Redaktion abgewogen werden und sei insbesondere gegeben, wenn die Person sich z.B. in jener Eigenschaft äußern würde. Peter R. Neumann sei aufgrund seiner Expertise für Islamismus und Radikalisierung mit Bezug auf das Attentat in Solingen als Gesprächspartner ausgewählt worden. Er sei zwar Mitglied in der CDU, habe jedoch kein Parteiamt inne und äußere sich nicht im Namen der Partei. Auch seine Tätigkeit im Zukunftsteam von Armin Laschet 2021 habe zum Zeitpunkt des Interviews einige Jahre zurückgelegen. Beim IT-Unternehmen Monarch verantworte Herr Neumann als Beiratsmitglied keine operativen Aufgaben.
Die zweite Programmbeschwerde kritisiert einen Beitrag der „Aktuellen Stunde“ aus der Sendung vom 20. Mai 2024. Der Beitrag „Furcht vor der Mobilisierung in der Ukraine“ befasst sich mit dem am 18. Mai in Kraft getretenen ukrainischen Mobilisierungs-gesetz, mit dem mehr Männer in die ukrainische Armee eingezogen werden sollen – auch wenn sie im Ausland leben. Im Beitrag wird ein junger Ukrainer begleitet, der nach Deutschland geflohen ist und nicht als Soldat kämpfen möchte. Die Beschwerdeführerin kritisiert, dass bei der Recherchearbeit der Redaktion im Vorfeld der Sendung journalistische Standards verletzt worden seien, was zu einer einseitigen und lückenhaften Darstellung der komplexen Zusammenhänge geführt habe. Zudem sei insgesamt keine ausgewogene Darstellung der verschiedenen Standpunkte erfolgt. Außerdem stellt sie die Glaubwürdigkeit des Protagonisten in Frage und äußert die Befürchtung, dass aus Unkenntnis oder gar gezielt russische Narrative weitergetragen würden.
Auch hier seien die Mitglieder des Programmausschusses einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Verstoß gegen die genannten Programmgrundsätze vorliege, so Petra Kammerevert. Die Mitglieder hielten den Beitrag für sorgfältig recherchiert und umgesetzt. Das Gebot der Ausgewogenheit der Nachrichtengebung beziehe sich auf das Gesamtprogramm des WDR und nicht auf ein einzelnes Angebot. Ein einzelner Beitrag könne nicht die gesamte Komplexität des Themas abbilden. Ziel des Beitrags sei es gewesen, die Situation einer von den Neuerungen des Mobilisierungsgesetzes betroffenen Person darzustellen. Dies sei auch vor dem Hintergrund geschehen, dass das Thema einen erheblichen Teil der in Deutschland lebenden Ukrainer betreffe.
6. Ausblick
Die nächste Sitzung des WDR-Rundfunkrats findet am 5. Februar 2025 statt. Das Gremium tagt voraussichtlich im Wallraf-Richartz-Museum in Köln.