Wie fake und manipulierbar ist die Instagram-Industrie? Für den 1LIVE-Instagram-Thementag am 17. Januar hat Reporter Frederik Fleig zusammen mit #WDR360-Autorin Clare Devlin ein Experiment gestartet – und sich im Internet als erfolgreicher Influencer präsentiert. Das Ergebnis nach nur vier Wochen: 23.000 Follower und Kooperationsangebote von 15 Unternehmen.
Frederik, du bist mit etwa 700 Abonnenten gestartet. Wie bist du dann so schnell erfolgreich geworden?
Erfolgreich ist relativ. Was wir gemacht haben: ein Fake-Profil erstellt. Das heißt: Fake-Follower gekauft, Fake-Likes gekauft, Bots benutzt, die für mich interagiert haben. Und so haben wir es dann geschafft, dass wir in vier Wochen den Account von einem privaten 700-Leute-Account auf 23.000 Follower hoch geschraubt haben – die aber natürlich zum Großteil fake waren.
Wie ging es weiter?
Das Profil wurde dann fleißig gefüttert. Also zwei Posts am Tag, inhaltlich mit jeder Menge Nonsens. Also Essensbilder, Getränke, Treppen, hin und wieder mich vor einer Wand. Der Großteil der Bilder war free Stock, also frei verfügbar aus dem Internet. Natürlich habe ich darauf geachtet, dass das alles auch hübsch aussieht. Clare hatte mir da ein paar Bildbearbeitungstipps gegeben. Das sah dann alles schon halbwegs einheitlich und gut aus. Und am Ende kamen wir dann auf 23.000 Follower.
Welche Firmen haben sich denn bei dir gemeldet und wann kam die erste Anfrage?
Die erste Anfrage hat mich auf jeden Fall überrascht, weil die schon direkt in der ersten Woche kam. Ein spanischer Uhrenhersteller, der meinte: „Können wir dir ein paar Uhren schicken und du postest die?“ Und dann sind immer mal wieder Angebote eingetrudelt. Aber eigentlich war ja der Plan, dass wir erst in der vierten Woche aktiv Unternehmen anschreiben, und das haben wir auch gemacht. 40 Unternehmen hatte ich angeschrieben, es gab 20 Rückmeldungen und 15 Zusagen. Also 15 Unternehmen, die wirklich gesagt haben: „Ja, wir machen den Geldbeutel auf. Wir hätten gerne eine Kooperation mit dir.“
Was waren das für Unternehmen?
Das waren ganz unterschiedliche Unternehmen. Aber ich habe eigentlich immer darauf geachtet, dass es kleinere, mittelständische Unternehmen waren. Vielleicht auch Start-ups. Und dazu war es mir wichtig, dass die Unternehmen selbst auch auf Instagram aktiv sind – also mit Account oder indem sie schon versuchen, dort zu werben.
Und thematisch?
Die Unternehmen entsprachen meinen Nonsens-Inhalten. Also so ein bisschen Mode, ein bisschen Essen, irgendwas mit Reisen, sowas. Vielleicht auch mal ein Regal. Es waren also auch irgendwelche Möbelhersteller aus Kopenhagen.
Wie viel Geld hast du in dem Monat verdient?
Also theoretisch verdient muss man ja sagen. Ich habe 200 Euro investiert für die Fake-Follower, Fake-Likes und den Bot, der für mich interagiert und geschrieben und kommentiert hat. Und am Ende gab es dann Kooperationsangebote im Wert von 2.900 Euro. Also 2.700 Euro Plus. Die ich natürlich nicht angenommen habe – das war schon schade. Aber wenn man jetzt auf die vier Wochen guckt, war das auf jeden Fall ein ziemlich gutes Einkommen. Und das hätte, wenn ich einfach noch mehr Unternehmen angeschrieben hätte, auf jeden Fall auch noch deutlich höher ausfallen können.
Hat irgendwer das Experiment durchschaut?
Das war wirklich krass. Also ich hatte gedacht, wahrscheinlich schreibe ich ganz viele an und alle sagen: „Ey, das ist doch alles fake.“ Aber nur ein einziges Unternehmen hat das Ganze durchschaut. Die hatten geschrieben: „Hey, cooler Feed, cooles Profil. Wir würden das total gerne mit dir machen. Aber du musst uns erklären, wie du in vier Wochen von 700 auf 23.000 Follower kommst.“ Ich hatte mit einer bekannten Berliner Instagramerin ein Foto gepostet, das hatten die gesehen, wussten aber, dass es allein davon nicht kommen kann. Und ich konnte ihnen ja keine richtige Begründung geben.
Aber bei den Stockfotos hat keiner gecheckt, dass das fake ist?
Niemand. Nee. Mich hatte einmal ein Freund auf ein Foto hingewiesen. Das war ein Stockfoto, ich glaube in einem Café, mit einem Laptop. Und auf der Laptop-Tastatur war eine andere Sprache. Da hatte ich nicht drauf geguckt, dass die fremdsprachig war. Aber ansonsten hat wirklich niemand irgendwas gemerkt. Gar nicht.
Was ist dein Fazit von der ganzen Sache?
Also Fazit ist auf jeden Fall, dass Werbung und Marketing auf Instagram unglaublich boomen. Das ist ein heftig wachsender Markt, bei dem man aber merkt, dass da gerade unglaublich viele Leute auf den Zug aufspringen und mitverdienen wollen. Und dass es da genauso viele Leute gibt, die einfach blind sind, nicht hinter die Fassade gucken und deswegen auch absolut manipulierbar sind. Das war ja im besten Fall auch unser Ziel gewesen, das so zu zeigen. Wobei wir natürlich nicht erwartet haben, dass das Ganze so krass klappen würde. Das Instagram-Business ist unfassbar manipulierbar und man kann wirklich mit relativ wenig Aufwand sehr, sehr viele Leute verarschen und ziemlich viel Geld verdienen.
Wie geht’s denn jetzt weiter mit deinem Account?
Der ist zum Glück wieder privat. Das finde ich auch echt schön. Ich hatte am Ende auch wirklich überhaupt keine Lust mehr, zweimal am Tag Nonsens zu posten. Der Account hat sich aber ein bisschen verändert. Also erstens steht da jetzt diese große Zahl, die irgendwie irrelevant ist. Und dann habe ich relativ viele echte Insta-Freunde verloren, die einfach dachten: „Ey, was geht bei dem Typen ab?“. Die folgen mir jetzt nicht mehr und bekommen wahrscheinlich auch die Auflösung gar nicht mit. Und was ich auch noch bemerke: Das hat sich so ein bisschen verselbstständigt. Also mir folgen jetzt auch, obwohl ich nichts mehr poste und gar nichts mache, doch jeden Tag immer wieder ein paar Leute mehr. Ich weiß selbst nicht warum. Das ist ein bisschen strange.