Monika Wulf-Mathies und Tom Buhrow auf der Pressekonferenz am 12. September 2018 in Bonn

Monika Wulf-Mathies stellt Bericht über WDR vor

Stand: 12.09.2018, 17:40 Uhr

Der WDR hat im April 2018 die frühere ÖTV-Vorsitzende Monika Wulf-Mathies damit beauftragt, unabhängig zu prüfen, wie der WDR mit Hinweisen auf sexuelle Belästigung umgegangen ist. Jetzt liegt das Ergebnis vor. Tom Buhrow: "Es ist ein Prozess, der uns guttun und stärker machen wird."

Für ihre unabhängige Prüfung erhielt sie Zugang zu allen Informationen, Vorgängen und Gesprächspartnern – jetzt liegen die Ergebnisse vor. Die frühere ÖTV-Vorsitzende und Mitglied der EU-Kommission a.D. Monika Wulf-Mathies hat in den vergangenen Monaten auf Bitte von WDR-Intendant Tom Buhrow untersucht, wie der WDR mit Hinweisen auf sexuelle Belästigung umgegangen ist. Am 12. September 2018 stellte sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des WDR sowie der Öffentlichkeit ihren Prüfbericht vor.

Monika Wulf-Mathies hat mit zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Programm und Verwaltung sowie mit der Geschäftsleitung, der Personalratsvorsitzenden, der Gleichstellungsbeauftragten sowie Mitgliedern des Interventionsausschusses gesprochen. Darüber hinaus hat sie die Unterlagen zu bekannt gewordenen Fällen von sexueller Belästigung im WDR geprüft. Viele Fälle reichen in die 90er Jahre zurück.

Die Sichtung der Unterlagen habe zwar ergeben, dass die Verantwortlichen in der Vergangenheit entsprechenden, meist anonymen Hinweisen nachgingen. Aber: "Generell lässt sich für diese Fälle sagen, dass ein größerer Ermittlungseifer notwendig gewesen wäre. Es ist nicht erkennbar, dass darüber nachgedacht wurde, Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen zu ergreifen." Monika Wulf-Mathies gibt allerdings zu bedenken, dass es zu dieser Zeit in der Gesellschaft insgesamt keine große Sensibilität für das Thema gegeben habe.

Heute reagiert der WDR sehr viel schneller und konsequenter

Heute reagiere der WDR sehr viel schneller und konsequenter. Verantwortliche bemühten sich intensiv um Aufklärung und träfen arbeitsrechtliche Maßnahmen. Monika Wulf-Mathies wies darauf hin, dass bei diesem Thema Entscheidungen nicht leicht seien – gerade vor dem Hintergrund der Unschuldsvermutung und dass es sich häufig um anonyme Hinweise handele.

Mit Blick auf die Vorfälle in der Vergangenheit sagte Tom Buhrow: "Es tut mir persönlich und im Namen des WDR leid, dass die Betroffenen dies erdulden mussten. Dafür möchte ich um Entschuldigung bitten. Ich werde alles dafür tun, damit so etwas nicht mehr vorkommt. Ein solches Verhalten hat im WDR keinen Platz und wird mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln sanktioniert werden."  

„Jetzt setzen wir uns mit dem Ergebnis ihres Berichts auseinander“

Neben dem Aufzeigen von Defiziten hat Monika Wulf-Mathies eine Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen erarbeitet und WDR-Intendant Tom Buhrow, der bei der Vorstellung des Berichts dabei war, viele Empfehlungen mit auf den Weg gegeben. Dazu zählen die Einrichtung einer dauerhaften externen Anlaufstelle für Betroffene und eine neue, umfassendere Dienstvereinbarung mit der Einrichtung einer Clearingstelle.

WDR-Intendant Tom Buhrow: „Ich bin Frau Wulf-Mathies dankbar, dass sie sich so intensiv mit dem WDR beschäftigt hat. Jetzt setzen wir uns mit dem Ergebnis ihres Berichts auseinander. Ich sehe viele Dinge ähnlich wie sie, die #metoo-Fälle haben bei uns im WDR zu einer neuen Sensibilität geführt, nicht nur im Umgang mit sexueller Belästigung und Machtmissbrauch.“

Es geht um mehr als #metoo

Auch die Gespräche von Monika Wulf-Mathies haben gezeigt, dass es um mehr geht als um #metoo – nämlich häufig auch um das Erleben von Machtmissbrauch oder eine Unzufriedenheit mit dem Betriebsklima. An dieser Stelle müsse man ansetzen, so Wulf-Mathies – es gehe um mehr Wertschätzung untereinander und einen besseren Umgang miteinander. Die interne Kommunikation müsse gestärkt, mehr Feedbackmöglichkeiten geschaffen und ein nachhaltiger Kulturwandel angestoßen werden.

Monika Wulf-Mathies dankte dem WDR für das Vertrauen und die Offenheit, die sie in vielen Gesprächen in den vergangenen Monaten erlebt habe. Sie betonte, dass sie gezielt auf die Defizite geschaut habe – die vielen positiven Dinge im WDR kämen dabei naturgemäß zu kurz. Dass der WDR bereit gewesen sei, sich von einer externen Prüferin so intensiv durchleuchten zu lassen, "finde ich durchaus mutig".

Prozess für einen Kulturwandel bereits begonnen

Die Geschäftsleitung des WDR hat parallel zur Untersuchung von Monika Wulf-Mathies bereits im Juni einen Prozess für einen Kulturwandel in Gang gesetzt, der die Zusammenarbeit und die Kommunikation im WDR verbessern soll. Tom Buhrow: „Der WDR hat ein Betriebsklima, das auf Vertrauen und Respekt basiert. Dafür stehe ich, spüre aber auch, dass wir das weiter ausbauen müssen. Vieles haben wir schon umgesetzt, aber wir brauchen noch mehr Dialog, mehr Augenhöhe, mehr Verantwortung füreinander und den WDR.“ Es gehöre zu guter Führungsverantwortung, sich auch Unangenehmes anzuhören. „Und diesen Mut, sich das anzuhören, erwarte ich auch von allen im WDR. Es ist ein Prozess, der uns guttun und stärker machen wird.“

In den kommenden Monaten werden in verschiedenen Workshops Ideen und Lösungsansätze für ein respektvolles und dialogorientiertes Miteinander entwickelt. Prozess-Verantwortliche sind Verwaltungsdirektorin Dr. Katrin Vernau und Personalratsvorsitzende Christiane Seitz gemeinsam.

Parallel will sich die Geschäftsleitung mit den Einsendungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen an das Postfach #bessermachen befassen. Rund 40 konkrete Vorschläge waren hier im Nachgang zur Me-Too-Debatte eingegangen. Einige davon decken sich mit den Sofortmaßnahmen, die die Geschäftsleitung des WDR bereits Mitte April beschlossen hatte: darunter ein spezielles Informations- und Schulungsangebot für den Umgang mit sexueller Belästigung, das bis Jahresende für alle Führungskräfte verpflichtend ist und Eingang in die Ausbildung der Volontäre, der Trainees und der Auszubildenden findet. Auch alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können dieses Angebot nutzen.

Vorschläge von Wulf-Mathies sollen in neue Dienstvereinbarung einfließen

Die bereits seit 2015 auf Bestreben von Tom Buhrow in Kraft gesetzte Dienstvereinbarung zum Schutz vor sexueller Belästigung wird momentan in Zusammenarbeit mit dem Personalrat überarbeitet. Auch die Vorschläge von Monika Wulf-Mathies werden in die Beratungen mit einbezogen. Außerdem wurden im April zwei Kanzleien als externe Anlaufstellen für Betroffene eingerichtet. Perspektivisch sollen dafür das Interventionsteam und eine noch zu benennende externe Ombudsstelle dauerhafte Anlaufstellen sein.