Entwicklungen im Fernsehen 1956-1985: eine Erfolgsgeschichte.

Wer sich erinnert, was der WDR im Deutschen Fernsehen der ARD und in seinem Westdeutschen Fernsehen (WDF) ausgestrahlt hat, dem fallen unwillkürlich Details ein: das Gedächtnis hat Gesichter, Gesten und Stimmen gespeichert.

Am 25. Dezember 1952 begann der NWDR in Hamburg, Berlin und Köln mit der regelmäßigen Ausstrahlung eines Fernsehprogramms. Zunächst blieb das Fernsehen in Köln ein Stiefkind - strukturell und personell.
Bild: "Je später der Abend" am 30.10.1974, Burkart Driest, Romy Schneider, Dietmar Schönherr und Bubi Scholz

In Köln verbesserte sich die Lage, als Hans Joachim Lange zum Fernsehdirektor ernannt wurde. Er verpflichtete nicht nur eine Reihe neuer Redakteure, sondern konsolidierte auch die Studiosituation. Der WDR begann im deutschen Fernsehen Fuß zu fassen. Die Fernsehabteilungen des Senders wuchsen ökonomisch, personell, räumlich. Da viele Sendungen selbst produziert wurden, entstanden hochkomplexe Arbeitseinheiten. Der Sender professionalisierte sich in Windeseile.

Mitte der 60er Jahre war das Fernsehen als Massenmedium gesellschaftlich akzeptiert. Die Zuschauerzahlen stiegen weiter an, das Gebührenaufkommen wuchs. Und das Fernsehen hatte die Wohnzimmer erobert. Es strukturierte die Freizeit neu und zog gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf sich.
Bild: 34 Jahre lang traf sich Werner Höfer immer wieder sonntags mit seinen Gästen bei Weißwein und Apfelsaft zum "Frühschoppen".

Werner Höfers Rundfunkkarriere begann 1946 beim NWDR. Vor allem sein "Internationaler Frühschoppen" machte ihn zum bekanntesten Fernsehjournalisten der Republik. Als Direktor des dritten Fernsehprogramms versammelte er um sich eine Gruppe sehr unterschiedlicher Temperamente, die ihr Handwerk zum Teil noch by doing lernten. Mit ihnen und ihren Mitarbeitern bekam der Sender den Ruf der Liberalität und Unabhängigkeit und ein vom übrigen Deutschland beneidetes Programm. Ab 1972 auch Direktor des ersten Fernsehprogramms machte Höfer den WDR zur ersten Adresse für aktuelle und verlässliche Informationen.
Ende 1987 "enthüllte" das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" Höfers Verstrickung mit dem Nationalsozialismus. Der Sender ließ ihn fallen.

Noch wurde vieles im Haus selbst produziert: Nicht nur aktuelle Sendungen, auch materialreiche Dokumentationen, politische Dokumentarfilme oder unkonventionelle Jugendsendungen, ja selbst Fernsehserien wie "Acht Stunden sind kein Tag" von Rainer Werner Fassbinder mit Gottfried John in der Rolle des Werkzeugmachers Jochen (1972/73).

Franz Biberkopf (Günter Lamprecht) in "Berlin Alexanderplatz" von Rainer Werner Fassbinder, 1980.

Heinz Werner Hübner leitete von 1967 bis 1972 den "Weltspiegel". Seine Kommentare, nie aufgeregt oder polemisch, fußten auf gründlicher Sachkenntnis. Es folgten fünf Jahre als Koordinator für Politik, Gesellschaft und Kultur in der Programmdirektion Deutsches Fernsehen der ARD. 1977 holte ihn Intendant v. Sell nach Köln zurück, wo er Fernsehdirektor wurde. Unter seiner Anregung und Begleitung entstanden große historische Dokumentationen und er war ebenfalls dem Fernsehspiel zugetan.

Theo M. Loch kam 1969 zum WDR. 1975 wurde er Leiter des Hörfunk-Studios Bonn, zwei Jahre später Chefredakteur des Fernsehens. Er war ein überzeugte Verfechter des Europa-Gedankens - aber am Ende ein Opfer seines früheren Engagements in der Waffen-SS.

Wenn es ein Thema gibt, mit dem sich der WDR in sehr unterschiedlichen Formen immer wieder beschäftigt hat und mit der er zugleich die gesellschaftliche Debatte in den ersten 30 Jahren seiner Existenz mitbestimmte, dann war es das Ende des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen. Hier trug er entschieden und radikal zur Selbstaufklärung der deutschen Gesellschaft bei.
Bild: Szene aus der sechsteiligen Romanverfilmung "Am grünen Strand der Spree", 1960.

Franz Wördemann übernahm 1962 die Chefredaktion. Seit 1972 leitete er zusätzlich den Programmbereich Politik. Magazine wie "Weltspiegel" und "Monitor" haben in ihm ihren Gründervater.

Julia Dingworth-Nusseck wurde 1973 Chefredakteurin beim WDR. Sie war die erste (und bis in die 80er Jahre die einzige) Frau, die im Fernsehdirektionsbereich des WDR eine gehobene Position bekleidete. Ihre Domäne war die Wirtschaftspolitik. Für ihren Bericht "Ohne Zukunft lebt's sich leicht - Arbeitsplätze wandern aus" erhielt sie beispielsweise den deutschen Industriefilmpreis. In ihre Zeit fiel auch die Beteiligung des WDR am neu gegründeten Wirtschaftsmagazin "Plusminus".

Ab den 70er Jahren sorgten Fernsehfilme gesellschaftlich für Furore, so zum Beispiel der Film "Die Konsequenz" von Alexander Ziegler (Buch) und Wolfgang Petersen (Regie), den der WDR 1977 im Deutschen Fernsehen zeigte.

Nicht immer konnten sich die WDR-Redakteure in der ARD durchsetzen. Der Film "Im Zeichen des Kreuzes" von Rüdiger Minow (Buch) und Rainer Boldt (Regie) war 1983 nur im Dritten Programm zu sehen. Er imaginierte für das Jahr 1990 die atomare Verseuchung eines ganzen Landstrichs.

1977 schlugen die anderen ARD-Anstalten den Vorschlag des WDR ab, die Spätausgabe der "Tagesschau" durch das in Köln entwickelte "Tagesthema" zu ersetzen. Stattdessen etablierten sie die Sendung "Tagesthemen" und siedelten sie bei der Redaktion der "Tagesschau" an. Zu ihrer Form fand die Sendung allerdings erst, als man sich ab 1985 auf zwei feste Moderatoren beschränkte. Einer von ihnen war Hanns Joachim Friedrichs, der den "Tagesthemen" ihr bis heute gültiges Image einer pointiert moderierten Nachrichtensendung verlieh.

Die Einführung des dritten Fernsehprogramms war von Diskussionen begleitet. So hielten viele dies für überflüssig, während andere ein Bildungsprogramm forderten. Viele Politiker allerdings wollten vor allem mehr Regionalberichterstattung. Die Fernsehregionalsendung "Prisma des Westens" die zunächst im zweiten Fernsehprogramm realisiert wurde, sollte Grundlage für ein neu entwickeltes drittes Fernsehprogramm in NRW sein. Die geforderte Unabhängigkeit des Dritten Programms wurde dann durch die Errichtung einer eigenständigen Fernsehdirektion innerhalb des WDR gewährleistet.
Bild: In "Prisma des Westens" plauderte Hanns Joachim Friedrichs mit Maria Callas, 18. Mai 1963

Schließlich sollte das Dritte, das ab dem 17. Dezember 1965 zu sehen war, unter Direktor Werner Höfer kein reines Bildungsfernsehen sein, sondern weitgehend durch regionale Informationen aus NRW bestimmt werden. Erst im Februar 1969 wurde der Vertrag über die Einrichtung des Schulfernsehens geschlossen.
WDR-Intendant Klaus von Bismarck und NRW-Kultusminister Fritz Holthoff eröffneten das Schulfernsehen in einer Schule in Neuss (2. September 1969).

Eine wichtige Prägung erhielt das Dritte durch die Entscheidung Höfers, Hans-Geert Falkenberg als Hauptabteilungsleiter Bildung und Unterhaltung nach Köln zu holen. Unter ihm wurde das Westdeutsche Fernsehen zum Experimentierfeld, kritisch und aufklärerisch, gelegentlich elitär, aber auch populär im Sinne der "qualifizierten Minderheiten", die nicht einfach nur in die Röhre gucken wollten, sondern den Fernseher als Instrument der Erkenntnis beanspruchten. Auch eine ganze Generation von Jungfilmern holte sich hier die elementaren Kenntnisse der Filmgeschichte.

In Falkenbergs Prioritätenliste für das Bildungsfernsehen setzte er an erster Stelle ein "allgemeines, offenes, musisch-wissenschaftliches Bildungsprogramm für den Feierabend, für das Wochenende, für die wachsende Freizeit und die durch sie verwandelte, in ihr sich verändernde Gesellschaft". An zweiter Stelle steht dann "das Schulfernsehen", an dritter Stelle "Programme für Weiterbildung und Fortbildung auf dem Zweiten und Dritten Bildungsweg" wie zum Beispiel das "Telekolleg" (Bild).

Ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Dritten Fernsehens begann mit der Strukturreform im WDR zum Jahresbeginn 1972, bei der die für das Erste Programm zuständigen Redaktionen mit denen des Dritten zusammengelegt wurden. Werner Höfer wurde Direktor des gesamten Fernsehens des WDR, das sich nunmehr in vier Programmbereiche (Politik, Spiel und Unterhaltung, Wissenschaft und Erziehung, Kultur) untergliederte. Die koordinierte Programmplanung führte dazu, dass der Anteil an Übernahmen und Wiederholungen im Dritten anstieg.
Bild: Am 1. August 1972 kam zum ersten Mal die "Sesamstraße" auf die deutschen Bildschirme. Sie wurde zu einem Zugpferd nicht nur des WDR-Dritten.

Im Jahr 1973 wurde auch eine erste "Popularisierungs-Offensive" für das Dritte gestartet, das bisher keine allzu große Publikumsresonanz gefunden hatte. Sie bestand in der Entwicklung und Erprobung neuer Formen intelligenter Unterhaltung wie "Klimbim" oder "Ein Herz und eine Seele" sowie anderer Arten der Vermittlung von Bildung und Wissen in Wissenschaftssendungen wie der "Hobbythek".
Bild: Die "Klimbim"-Familie auf dem Sofa.

"Ein Herz und eine Seele" mit (v.l.n.r.) Dieter Krebs, Elisabeth Wiedemann, Heinz Schubert und Hildegard Krekel.

Die von Jean Pütz seit 1974 geleitete und moderierte Sendereihe "Hobbythek", in der erstmalig Wissenschaftsthemen außerhalb des etablierten Bildungsprogramms im Fernsehen behandelt wurden, war von Anfang an erfolgreich.
Bild: Die "Hobbythek" mit Wolfgang Back (l.), Jean Pütz (r.) und Regisseur Janos Meszaros, 1975.

Ein weiteres Beispiel für unterhaltende Formen der Wissenschaftsvermittlung außerhalb der strengen Form eines Studien- und Kursprogramms war das Schüler- und Studentenmagazin "Pipeline", gestartet im Dritten im Februar 1973. Dieses Halbstunden-Magazin experimentierte mit neuen Konzepten, die die Zielgruppe wegen ihres unkonventionellen Charakters besonders ansprechen sollten: Blue-Box-Verfahren, Cartoons, musikalische Sketche, Trickfilme, Rollenspiele, Kurzfilme. Es wurde dann auch auf der ab 1976 von allen Dritten gebildeten gemeinsamen Jugendachse ausgestrahlt.
Bild: "Pipeline" - ein Schüler- und Studentenmagazin, 1973.

Ein erster Schritt hin zu einem Vollprogramm wurde 1976 vollzogen, als die täglichen Sendezeiten bis nach 23.00 Uhr ausgeweitet und die regionalen Informationssendungen in das Hauptabendprogramm verlegt wurden. Anfang 1977 wurde dann erstmals im Dritten eine 90-minütige regionale Live-Sendung auf einem 20.15-Termin eingerichtet, sie hieß "Wochenend in Düsseldorf - 90 Minuten NRW". Parallel dazu wurde der "Kölner Treff" mit Alfred Biolek und Dieter Thoma gestartet.
Bild: "Kölner Treff" mit Dieter Thoma (l.) und Alfred Biolek, 1977.

Die Absicht, mit der Entwicklung der Dritten zu Vollprogrammen die Publikumsakzeptanz zu erhöhen, führte generell nicht zu den erwünschten Erfolgen. Die Dritten "müssen mit der aus ihren Anfängen erklärbaren weit verbreiteten Vorstellung leben, dass ihre Programmbeiträge besonders schwergewichtig, anspruchsvoll und eigentlich nur hoch gebildeten Zuschauern verständlich seien", beklagte Klaus Katz (Bild), Leiter des Programmbereichs "Kultur und Wissenschaft (1977-1983) beim WDR, ihre abschreckende Wirkung.

Um das Regionalprogramm des WDR selbstständig zu organisieren und die Möglichkeit zu nutzen, Werbung auszustrahlen, wurde 1958 die "Westdeutsche Werbefernsehen GmbH" (WWF) gegründet, deren 100-prozentiger Gesellschafter der WDR war. Die WWF sollte von nun an für die Planung des Vorabendprogramms verantwortlich sein. Auch für die Akquisition der Fernsehwerbung, die ab 1959 möglich wurde, war die WWF zuständig.
1962 bekam der serielle Teil des Vorabends den eingängigen Titel "Intermezzo". Der Begriff wurde 1980 abgeschafft und das Vorabendprogramm hieß jetzt "Vor Acht im Ersten". Hier startete auch der "WWF-Club". Die Show, die freitags live vor Publikum in Köln aufgenommen wurde, bot eine wilde Mischung aus Quizelementen, Gesprächen mit Gästen, Aktionen und Sketchen.
Bild: "WWF-Club" mit Moderator Jürgen von der Lippe, 1983.

Der erste "Weltspiegel" war natürlich noch schwarz-weiß. Auf dem Tisch des Moderators stand ein Namensschild: Gerd Ruge. Das war am 5. April 1963. Das technische Highlight: ein telefonisches Schaltgespräch nach Amerika. Gerd Ruge sagte später über die Intention der Sendung: "Im Grunde war die Idee von Anfang an, die Politik zu verbinden mit lebendigen Bildern von den Menschen, bei denen Politik gemacht und für die Politik gemacht wird - und was das für uns bedeutet."

Der "Weltspiegel" stieß die Fenster zur Welt weit auf und bot zugleich einen Sendeplatz für Korrespondentenberichte jenseits der Tagesaktualität. Eine wichtige Rolle in der Auslandsberichterstattung spielte die Ost-West-Redaktion des WDR. Sie wurde geleitet von Jürgen Rühle (Bild), der dazu beitrug, die politischen Realitäten der Ostblockländer bekannt zu machen - etwa mit der Sendung "Leipzig 1964" oder dem Fünfteiler "Die sogenannte DDR".

In den 70er Jahren wurde die Berichterstattung aus dem Ausland auch als euro- und ethnozentrisch kritisiert. Im Gegensatz dazu lassen sich die Reportagen von Ralph Giordano über die deutschen Kolonien und den Hungergürtel der Erde als Perspektivenwechsel in der Berichterstattung interpretieren. "Heia Safari" (1966) beispielsweise attackierte die Legende der deutschen Kolonialidylle mit einer Verve, die heftigste Diskussionen auslöste.
Ralph Giordano im Interview mit Prinz Betote Akwa für "Heia Safari", rechts Kameramann Josef Kaufmann.

Beim Besuch des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy in Köln und Bonn (26. Juni 1963).

Parallel zur Politisierung des Programms wuchs das Bedürfnis nach kritischer Selbstbetrachtung des Mediums. "Glashaus" war die Antwort des WDR, eine Pionierarbeit. 1973 schaffte die Sendung den Sprung in die ARD, auf einen offenen Sendeplatz am Sonntagnachmittag. 1975 definierte ein internes WDR-Papier die Aufgabe des Sendung so: "Glashaus" sollte sich für das öffentlich-rechtliche System einsetzen, ARD-interne Auseinandersetzungen behandeln und über rundfunkpolitische Fragen informieren.
Die Sendung wurde misstrauisch in den Sendern beäugt und geriet schnell in den politischen Streit. 1979 war "Glashaus" am Ende.
Bild: "Glashaus": Diskussionsrunde (v.r.) mit Werner Höfer, Hans-Gerd Wiegand, Ludwig Metzger, Rudolf Eberle, Dieter Stolte (6. April 1975).

Claus Hinrich Casdorff wurde zum Markenzeichen des WDR. Scharfzüngig mit Nuschelstimme. Wenn er auf Sendung war, mussten die "Führungskräfte" der Republik ganz tapfer sein. Die "Überfallfragen" des Wahlkölners brachten sie manches Mal aus dem strategischen Konzept. Sendungen wie "hier und heute", "Weltspiegel" oder "Ich stelle mich" hatten über lange Strecken sein Gesicht. 1965 war er Taufpate des politischen Magazins "Monitor".

Die "Monitor"-Redaktion 1980: Volker Happe, Wolfgang Landgraeber, Redaktionsleiter Claus Hinrich Casdorff, Helga Märthesheimer und Claus Richter (v.l.).

Nach dem Krieg erlebte das deutsche Fernsehen mit den Live-Übertragungen der Eurovision von der Fußballweltmeisterschaft 1954 in der Schweiz sein erstes Sportgroßereignis. Neben den Großereignissen bestimmte der Livesport bereits in den 50er Jahren das Wochenendprogramm. Das hatte zwei Gründe: Livesport verfügt bis heute über ein enormes Spannungs- und damit Unterhaltungspotenzial und war in den ersten Fernsehjahren zudem spottbillig.
Bild: Hugo Murero (l.) bei einer Sportsendung (1955).

Hugo Murero moderierte die erste Fernsehsendung aus Köln am 25. Dezember 1952: "Die bunte Sportschau". Er sollte zum entscheidenden Mann des Sports in den frühen Jahren des WDR werden.

Am 4. Juni 1961 veränderte sich das deutsche Familienleben. Die erste "Sportschau" ging über den Bildschirm. Samstag war nun Ernst Huberty-Zeit. Er war der Inbegriff eines freundlichen und kompetenten Begleiters auch aufregender Sportereignisse. Seine Spielkommentare hatten ein eigenes Flair. 1968 übernahm er zunächst kommissarisch, dann 1970 endgültig die "Hauptabteilung Sport" und machte die schönste Nebensache zu einem immer gewichtigeren Faktor der Programmgestaltung.

Die Analogie der neuen Sportsendung "Sportschau" zur etablierten "Tagesschau" war nicht zu übersehen und zu überhören: der Ton der Reportagen sachlich, fast zurückhaltend so wie das Studio und die Bildregie ohne Firlefanz. Tatsächlich sollte die "Sportschau" zum offiziösen Medium des deutschen und internationalen Sports avancieren.
Bild: "Sportschau" (1967) mit den Moderatoren Dieter Adler, Ernst Huberty und Addi Furler (v.l.).

Mit der Übertragung von Konzerten fand zunehmend Musik Eingang ins Programm. Der Spanier José Montes-Baquer, der 1967 zum WDR kam, konnte in den 70er Jahren sogar noch Live-Opern ins ARD-Programm heben - bis das Publikumsinteresse daran zu gering wurde. Montes-Baquer sagte im Rückblick, Experiment, Musik und Ballett hätten stets ihren Platz im WDR gefunden. Zusammen mit dem Surrealisten Salvador Dalí drehte er 1974 den Experimentalfilm "Impressionen aus der Hohen Mongolei". Nach der Erstausstrahlung 1975 gab es dafür 1976 den Grimme-Preis.
Bild: José Montes-Baquer und Salvador Dalí, 1975.

1958 kam Manfred Gräter zum WDR, der später Musikchef des Fernsehens wurde. Der gelernte Pianist und Organist wurde ein international renommierter und menschlich hoch geschätzter "FS-Musiker".

In den frühen Fernsehjahren konnten die Redakteure noch selbst ihre eigenen Abteilungen gründen. Klaus Simon zum Beispiel schrieb "Kultur, Soziales, Kirche" an seine Tür, woraus um 1959/60 die offizielle Redaktion "Kultur und Gesellschaft" wurde. Nach einer Idee von Kurt Heinrich Hansen entwickelte Simon preisgekrönte Sendereihen wie "Der Dichter und seine Stadt".
Bild: "Der Dichter und seine Stadt": 'Dostojewski und Petersburg' mit Autor Heinrich Böll (M.), 15. Mai 1969.

Am 1. Januar 1967 startete "Gott und die Welt" (später "Tag7"), zunächst als viertelstündige Gesprächssendung, später als Magazin rund um Glaubensfragen, das mit WDR-Zulieferung ab 1984 auch ins Erste Programm kam.
Bild: "Gott und die Welt": Der Schriftsteller Leon Bloy in der Sendung vom 10. April 1977.

1961 kam Friedrich W. Räuker zum WDR, wo er das Dritte Programm mit aufbaute, in dem er 1969 zum Abteilungs- und späteren Hauptabteilungsleiter für Wissenschaft und Erziehung avancierte.

Auch Technik und Naturwissenschaften fanden zu fernsehgerechten Formen.
Bild: Holmar von Ditfurth in "Wir und der Kosmos - Der Aufbau des Alls" am 17. Juni 1968.

Am 20./21. Juli 1969 kommentierte Günther Siefarth die erste Landung auf dem Mond - dabei war er kein Naturwissenschaftler, sondern promovierter Historiker, hatte bei "hier und heute" begonnen und die "Sportschau" moderiert. Später präsentierte er in Wahlsendungen die Hochrechnungen, leitete die Programmplanung und beendete seine abwechslungsreiche Laufbahn als stellvertretender Produktionsdirektor.

Der WDR berichtete für die ARD über den Flug und die Mondlandung des Raumschiffs Apollo 11 (16. bis 24. Juli 1969) in einer 27-stündigen Live-Sendung.

Für seine Reihe "Bauplan des Lebens" gewann der Wissenschaftsredakteur Ernst Klinnert einen Grimme-Preis. Um eine Körperzelle des Menschen oder dessen Gehirn zu versinnbildlichen, ließ Klinnert Styropor-Modelle vor die Fernsehkameras stellen.
Bild: "Bauplan des Lebens" mit Dr. Helmut Grünewald (1968).

Anfang der 70er Jahre verknappten sich die finanziellen Mittel im an sich reichen WDR. Klaus Simons Abteilung "Kultur und Gesellschaft" sollte 1971 aufgelöst werden. In der begleitenden Öffentlichkeit regte sich Widerstand. Ende September richtete eine Gruppe von Intellektuellen und Filmemachern, unter ihnen Heinrich Böll, Hoimar von Ditfurth, Robert Jungk und Peter Schamoni, eine Protestnote an den Intendanten Klaus von Bismarck und die Gremien des Senders. Kultur könne "nur noch gesellschaftsbezogen interpretiert" werden, hieß es darin. Die Abteilung "Kultur und Gesellschaft" habe diesen Ansatz in Filmen realisiert, "die auch formal neue Wege gingen" - sie müsse deshalb erhalten bleiben..
Die Interventionen blieben folgenlos und Klaus Simon verließ 1973 enttäuscht den Sender.
Bild: Klaus Simon im Gespräch mit Heinrich Böll.

Klaus Simon, ein feinsinniger Geist, für den Kultur und Politik zwei Seiten derselben Sache waren und der sich stets für die dokumentarisch-essayistischen Fernsehformen interessierte.

Im Laufe der 70er Jahre machte sich auch im Kulturprogramm eine zunächst zaghafte Publikumsorientierung bemerkbar. Alexander von Cube (Bild) gründete 1972 "Kopf um Kopf", ein unterhaltsam gemachtes Spiel um Wissenschaft.

Anfang der 80er Jahre sollten die WDR-Fernsehkultur konsolidiert und ihre Sendungen popularisiert werden. In der Programmreform 1982 wurden daraufhin die ARD-Termine des Programmbereichs "Kultur und Wissenschaft" reduziert. Der Programmbereich reagierte und setzte auf neue Formate wie "Kulturszene", "Kulturtips" und "Szene K", die das kulturelle Leben auch in der Fläche von Nordrhein-Westfalen abbilden sollten. So reichte die Regionalisierung in die redaktionellen Sparten hinein. Die Gesamtlage von Kultur im Fernsehen war indes schwieriger geworden.
Bild: Jean Pütz gab 1976 viel Tipps für "Strandspiele und Schabernack".

In den Anfangsjahren des Fernsehens erlebte das Theater eine Blütezeit. Doch der WDR bildete noch bis weit in die 60er Jahre in seinen Fernsehspielen ab, was im deutschsprachigen Theater en vogue war: aktuelle Stücke, bekannte Schauspieler, Regie-Moden.
Bild: Maximilian Schell und Wanda Rotha in "Hamlet", 1. Januar 1961.

Am 8. Juni 1970 wurde die Uraufführung der szenischen Dokumentation "Das Verhör von Habana", die Hans Magnus Enzensberger geschrieben hatte, von den Ruhrfestspielen in Recklingshausen live übertragen.

Günther Rohrbach, promovierter Germanist, ging 1961 zum WDR. 1965 wurde er Nachfolger von Willi Semmelroth als Hauptabteilungsleiter Fernsehspiel. Unter seiner Ägide dehnte sich dieses schon bald in neue Formen, Stoffe und Milieus wie "Das Millionenspiel" oder die Ausleuchtung des deutschen Spießers in "Ein Herz und eine Seele".

1959 beteiligte sich der Sender über seine Werbetochter WWF an der Gründung der Bavaria Atelier GmbH. Die Bedeutung der Bavaria für die Fernsehfilmgeschichte des WDR zeigte gleich der erste TV-Mehrteiler "So weit die Füße tragen" von 1959. Fritz Umgelters Schilderung der Flucht eines deutschen Kriegsgefangenen aus dem sibirischen Straflager betraf viele Familien und berührte zutiefst. Fast 90 Prozent von denen, die schon einen Fernsehapparat hatten, schalteten ein.

Der für das Fernsehspiel entscheidende Schritt geschah 1965, als Günther Rohrbach die Leitung der Hauptabteilung Fernsehspiel übernahm. Er orientierte sich am Vorbild der Nouvelle Vague und wollte die Wirklichkeit draußen abbilden, anstatt auf Studio-Inszenierungen zu setzen. Ein erster Film, der diesen Vorstellungen entsprach, war "Mord in Frankfurt".
Bild: Szene aus "Mord in Frankfurt", 1968.

Rohrbach versammelte in den nächsten Jahren sechs Redakteure, deren produktive Zusammenarbeit mit wichtigen Autoren und Regisseuren die Kölner Dramaturgie ausmachte. Im Rahmen vieler Neueinstellungen lockte er auch Volker Canaris zum WDR. Aus einem tiefen Verständnis für die deutsche Geschichte und mit kritischem Blick auf die Gegenwart verantwortete er herausragende Produktionen wie "Schirins Hochzeit" (1976) von Helma Sanders-Braun, "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" (1978) von Judith Kerr und Ilse Hoffmann, "Aus einem deutschen Leben" (1979) von Theodor Kotulla.
Bild: Szene aus "Schirins Hochzeit".

Das Fernsehspiel des WDR entwickelte sich ab 1970 ganz selbstverständlich zur führenden Filmdramaturgie im deutschen Sprachraum. Rohrbach dachte dankbar an alle, die ihren Anteil daran hatten, sah sich selbst "in aller Bescheidenheit" als einen Motor, der Impulse setzte. Die jungen Dramaturgen, jeder von ihnen eigenwillig, steigerten sich auch wechselseitig. Aus ihrer Generationserfahrung als Kriegskinder setzten sie mit selbstverständlicher Radikalität auf den kulturellen Neubeginn in Deutschland, erarbeiteten ihn mit Menschen, die in der Nazi-Diktatur gleichfalls noch zu jung waren.
Bild: Szene aus "Acht Stunden sind kein Tag", 1972/73.

1970 wurde in der ARD darüber diskutiert, dass die Freitagskrimis des ZDF so viele Zuschauer hatten. Gunther Witte kam auf die Idee, einzelne Kriminalfilme zu einer ARD-Reihe zusammenzusetzen und unter dem Titel "Tatort" Hamburg, "Tatort" München, "Tatort" Köln zu präsentieren. Rohrbach verkürzte den Titel auf "Tatort". Zunächst wurde in der ARD bezweifelt, dass man mit zehn unterschiedlichen Kommissaren Erfolg haben kann. Aber der "Tatort" kam und lief und lief und läuft bis heute.
Bild: "Tatort - Kressin stoppt den Nordexpress, 02.05.1971

Im WDR folgte dem frivolen Zollfahnder Kressin (Sighardt Rupp) der nachdenkliche Essener Einzelgänger Kommissar Haferkamp (Hansjörg Felmy), bevor Kommissar Schimanski (Götz George) mit seinem Freund Tanner (Eberhard Feik) in eine veränderte Gegenwart sprang. Zunächst spielte er in Köln und Bonn (Kressin), dann in Essen (Haferkamp), schließlich in Duisburg (Schimanski) und nutzte die jeweiligen Stadtkulissen und Landschaften.
Bild: "Tatort - Zweierlei Blut" 22.07.1984

Im amerikanischen Fernsehen war zwischen 1954 und 1961 die Häufigkeit brutaler Darstellungen um 300 Prozent gestiegen. Weit vor der Kommerzialisierung des Fernsehens wagte "Das Millionenspiel" von Wolfgang Menge 1970 eine schwarze Vorhersage: eine Hetzjagd auf den Spielkandidaten als Show. Die Verfolger erhalten umso mehr Geld, je später sie ihn töten. Der Kandidat kriegt im Überlebensfall eine Millionen DM. Die Farce mit Dieter Thomas Heck als Showmaster wirkte so realistisch, dass Zuschauer sich beim WDR als Jäger beziehungsweise als Gejagte bewarben.

"Rotmord" war der Titel eines Buches über die Räterepublik im Frühjahr 1919 und den Jungrevolutionär und Literaten Ernst Toller. In dem Bilderbogen zu den revolutionären Umtrieben ausgangs des Ersten Weltkriegs, der ebenfalls "Rotmord" genannt und 1969 ausgestrahlt wurde, demontierten Tankred Dorst und Peter Zadek zugleich den revolutionären 68er-Illusionismus und wagten ein ästhetisches Experiment. Zadek verformte und verfremdete die Fernsehbilder durch Mischen mit extrem kontrastreichen Schwarz-Weiß.

In "Der Pott" (1971) nach Sean O'Caseys "Der Preispokal" entwickelte Zadek die Möglichkeiten weiter, betonte fröhlich und frech die Varieté-Effekte des Bühnenstücks, sah in den von Hans Mahnke und Curt Bis gespielten Alten "wirklich eine Fassung von der Dick-und-Doof-Geschichte".

Der Film "Smog" (1973) versuchte als ein klassischer "Themafilm" eine lehrreiche Zuspitzung. Der Film, den Märthesheimer mit Menge entwickelte, vollzieht den nordrhein-westfälischen Smogalarmplan nach, in dem Menschen nur als Beamte und Funktionsträger vorkommen. Dazu gibt es ohnmächtig leidende Opfer.

Rohrbachs Nachfolger wurde Gunther Witte, der Hans W. Geißendörfer animierte, einmal "richtiges Fernsehen" zu machen. Der kam auf die Idee, die wöchentlich in England produzierte und ausgestrahlte "Coronation Street" auf deutsche Verhältnisse umzuarbeiten. Die unendliche Geschichte der "Lindenstraße" begann und nahm ab 1985 ihren Lauf.

Der Regisseur und Autor Edgar Reitz begründete 1984, unterstützt von dem Drehbuchautor Peter Steinbach und dem Redakteur von Mengershausen, mit dem 15-stündigen Projekt "Heimat" ein neues Filmgenre. Die musikalische Struktur der elf Folgen unterschiedlicher Länge und die polyphone Vielfalt der Figuren und Motive mit den ineinander verschränkten Lebensgeschichten zweier Familien zwischen 1918 und 1980 erscheint heute wie eine moderne Entsprechung zu den Romanen des 19. Jahrhunderts."Heimat" rührte ein internationales Publikum zutiefst und provozierte wie noch keine deutsche Selbstdarstellung zuvor ein neues Interesse an einem demokratischen Deutschland, das sich erinnert. Die Fernsehausstrahlung des Filmromans in Deutschland regte zu Debatten an und führte zu einer Umwertung des Heimatbegriffs.

Der Regisseur, Schauspieler und Chef des Kölner Millowitsch-Theaters Willy Millowitsch hatte dem NWDR den Vorschlag gemacht, Aufführungen seines Theaters im Fernsehen zu senden. Als der NWDR eine Programmlücke dringend schließen musste, nahm er den Vorschlag an. So wurde am 27. Oktober 1953 "der Etappenhase" von Carl Bunje live ausgestrahlt. Die Ausstrahlung war erfolgreich. In Briefen an den Sender wie an das Theater wurde der Wunsch nach weiteren Übertragungen gefordert. Das Millowitsch-Theater gehörte von nun an zum festen Angebot des NWDR und später des WDR. Jährlich wurden mindestens zwei, in manchen Jahren sogar bis zu sieben oder acht Stücke gezeigt.

Peter Kottmann war für die Unterhaltung von Rundfunk und Fernsehen im WDR gleichermaßen zuständig.

In den Nachkriegsjahren herrschte in der Fernsehunterhaltung insgesamt eine - von heute aus betrachtet - biedermeierliche Grundstimmung aus Heiterem und Besinnlichen. Das Fernsehen war auf die Unterhaltungsangebote der Volkskultur angewiesen. Neben dem Volkstheater waren das in der 50er Jahren die Trivialliteratur, der Zirkus, das Varieté und die Operette. Hinzu kam der Karneval.
Bild: Vico Torriani moderierte die Sendung "Hotel Victoria" (1959-1968).

Lou van Burg moderierte unter anderem die Unterhaltungssendungen "Heute geh'n wir ins Maxim" (1955) und "Jede Sekunde ein Schilling" (1959-1961).

Anneliese Rothenberger lud ein zu einem großen Opernball.

Hans-Joachim Hüttenrauch begann 1962 seine Arbeit als Redakteur in der WDR-Unterhaltung, der er so viele Impulse gab, dass er 1980 zum Programmchef des WWF berufen wurde.

Die Internationalisierung des Unterhaltungsangebots brachte eine Reihe wie "Spiel ohne Grenzen" ab Mai 1965 auf den Begriff. In diesem in Italien entwickelten Format traten Städte aus verschiedenen Ländern gegeneinander an. Die Reihe, die mit dem Lokalpatriotismus kokettierte, ohne ihn auf die Spitze zu treiben, sollte bis weit in die 70er Jahre ausgestrahlt werden.

Hannes Hoff kam 1959 zum WDR, wurde zwei Jahre später Unterhaltungschef des Fernsehens und erwarb sich den Ruf des Erfinders vieler erfolgreicher Formate.

"Spätere Heirat nicht ausgeschlossen" war die erste Show, in der Frauen und Männer vor einem größeren Fernsehpublikum auf Partnersuche gingen. Die sich hier im Gespräch mit Biografie und Neigungen öffentlich vorstellten, waren - anders als die gewöhnlichen Talkgäste - nicht prominent.

Rolf Spinrads entdeckte 1974 den Komiker Otto Walkes und verpflichtete ihn zu einer Ein-Personen-Show. "Otto" in der Regie von Klaus Fröhlich bot eine kurzweilige Abfolge aus Musiksketchen, Fernsehpersiflagen und Wortwitzen. Neu war das, wodurch sich Walkes auszeichnete: "Sein prägnantestes Stilmittel: Respektlosigkeit". Weitere Shows sollten folgen, bevor Walkes zum Kino wechselte.

Alfred Biolek stellte 1978 in seiner Show "Bio's Bahnhof", die klassisch Talk und Musik mischte, ungewöhnliche Gäste und Musiker vor und brachte sie miteinander ins Gespräch. Ausgestrahlt wurde die in einem Kölner Vorortbahnhof live produzierte Sendung donnerstags im Ersten Programm. Biolek beendete sie nach 30 Folgen 1982. Nach einem halben Jahr Pause präsentierte er die Nachfolgesendung "Bei Bio", die aber nicht ganz den Erfolg der Vorgängersendung erzielte.

Jörn Klamroth übernahm 1980 die Arbeit von Jans-Joachim Hüttenrauch und engagierte sich ganz besonders für die filmische Unterhaltung. Die von ihm betreute Serie "Die Knapp-Familie", von der 1981 zunächst drei, 1983 dann zwei weitere Folgen gedreht wurden, erzählte auf tragikomische Weise von einer auseinander brechenden Familie im Ruhrgebiet, die um den Erhalt der Zechensiedlung kämpft, in der sie lebt. Die Serie gewann gleich zwei Grimme-Preise.

Im Kinderprogramm setzten die Programmmacher im WDR auf intelligente Unterhaltung für Kinder und einen fernsehspezifischen, also eher journalistischen als pädagogischen Zugriff. So gehörte über viele Jahre die Sendereihe "Märchenraten mit Kasperle und René" (1964-1970) zum festen Bestand des WDR-Kinderprogramms, eine Weiterentwicklung der traditionellen Kasperlebühne hin zu einem spezifischen Fernsehformat.

Hinzu gesellten sich 1966 der Hase Cäsar mit seinem Diskjockey Arno mit der Sendung "Der Hase Cäsar - Schlager für Schlappohren". In beiden Serien wurde das Medium Fernsehen selbst mit einbezogen und dadurch der traditionelle Erzählstil für Kinder aufgebrochen.

In der Tschechoslowakei fand die WDR-Kinderredaktion eine Kinderfilm-Tradition vor, mit der sie dem zunehmenden Einfluss amerikanischer Kaufserien im Kinderprogramm eine europäische Alternative entgegensetzen konnte. Bald wurde die Zusammenarbeit mit dem tschechoslowakischen Kinderfernsehen zu einem Markenzeichen des WDR-Kinderprogramms. Als treibende Kraft und Organisationstalent erwies sich Gert K. Müntefering, der mit der Serie "Pan Tau" 1970 eine neue Farbe ins ARD-Kinderprogramm brachte.

Neben "Pan Tau" gab es noch viele weitere Koproduktionen mit dem Prager Filmstudio, so zum Beispiel "Luzie, der Schrecken der Straße", eine sechsteilige Serie, die am 12. Oktober 1980 startete.

Gert K. Müntefering kam 1963 zum Nachmittagsprogramm des WDR, dessen Kinderprogramm er ab 1965 leitete. 1972 wurde Müntefering Vater der "Maus" und landete damit einen Klassiker ganz eigener Kategorie.

Der WDR entwickelte 1971 unter dem Titel "Lach- und Sachgeschichten für Fernsehanfänger" eigene Sendungen für Kleinkinder, die ein Jahr später unter dem Serientitel "Die Sendung mit der Maus" firmierten und so zu einem Dauerbrenner werden sollten. Neu war sowohl die Magazinform als auch die Art der Sachgeschichten, die bis heute kleine Dokumentarfilme sind und die Kinder mit Gegenständen des Alltags vertraut machen. Mit seinen Lachgeschichten trug die Sendereihe außerdem wesentlich zur Weiterentwicklung des Trickfilms und neuer Animationsformen im Programm bei.

Das in den 70er Jahren gewachsene öffentliche Interesse an guten und besseren Kinderprogrammen erbrachte eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der zuständigen Redaktionen - bis hin zu Kooperationen mit der Fernsehspielabteilung des WDR. Eine Höhepunkt dieser Kooperation war zweifellos der produzierte Film "Die Vorstadtkrokodile" von 1978. Der Film wurde auf einem Fernsehspieltermin im Abendprogramm ausgestrahlt, erst ein Jahr später in zwei Teilen im Kinderprogramm.

Die Revolution im Jugendprogramm fand am 1. Mai 1968 statt. An diesem Tag wurde zum ersten Mal die Jugendsendung "Baff" im Dritten Programm ausgestrahlt. Es war der Beginn eines sich kritisch verstehenden Jugendprogramms. Die Sendungen bestanden aus einzelnen Informations- und Unterhaltungsblöcken, die oft im Kontrast zueinander standen und damit kritischen, teilweise satirischen Charakter annahmen. Ohne ausdrückliche Kommentierung wurde allein durch dieses Stilprinzip der Gegensatz von jugendlichem Lebensgefühl und verfestigter Erwachsenengesellschaft zum kritischen Habitus. 1971 wurde die Reihe eingestellt. Sie scheiterte nicht nur an den schlechten Zuschauerzahlen, sondern auch an der massiven Zuschauerkritik.

Hans-Gerd Wiegand kam 1958 zum WDR und wurde 1963 Leiter des Jugendprogramms.

Seit dem 1. April 1974 hatte das WDR-Jugendprogramm mit Peter Rüchel einen neuen leitenden Redakteur. Sein Name verbindet sich im WDR mit dem "Rockpalast", der zunächst ab Janaur 1976 auf einem festen Sendetermin des Jugendprogramms einmal monatlich im Dritten ausgestrahlt wurde: Konzerte mit aktuellen Rockgruppen, die zunächst im Studio, später in kleinen Sälen aufgezeichnet wurden. Dann entwickelte Rüchel das Konzept der "Rockpalast-Nacht". Eine live ausgestrahlte Konzertnacht, die am späten Abend begann und am frühen Morgen endete. Ab 1982 wurde zusätzlich einmal jährlich im Sommer ein Open-Air-Festival auf der Loreley veranstaltet, das von allen dritten Fernsehprogrammen jeweils acht Stunden lang live übertragen wurde (bis 1985).
Bild: Achim Reichel beim Open-Air-Festival auf der Loreley 29.08.1982

Die ersten Ratgeber-Sendungen des Deutschen Fernsehens richteten sich zunächst überwiegend an Frauen. Die erste WDR-Ratgebersendung, die explizit nicht für diese Zielgruppe gemacht wurde, war dann "Der 7. Sinn", der erstmals im Januar 1966 ausgestrahlt wurde. Mit dieser Reihe zur Verkehrserziehung kreierte der WDR allerdings ein Format, das als Ratgeberspot mit spannender Filmdramatik zu einem preisgekrönten Klassiker werden sollte.
Bild: Dreharbeiten für die Spots zur Verkehrssicherheit

Das von der UNO 1975 ausgerufene Jahr der Frau brachte mit der Mobilisierung der Öffentlichkeit neue Impulse für das Frauenprogramm. Ein ausgesprochen feministisches Programm begann im WDR erst 1980 unter dem Titel "Frauen-Studien" im Dritten Programm, initiiert von Inge von Bönninghausen (Bild). Zusammengelegt mit der Sendereihe "Familienrat" hieß die Sendung ab 1983 "Alltagsleben", Ende 1984 hieß sie dann "Frauen-Fragen" und blieb ihren gesellschaftskritischen Grundlagen treu.

Walter Erasmy kam 1946 zum NWDR nach Köln und wurde zunächst zweiter Mann nach Werner Höfer im regionalen Hörfunk und später dessen Nachfolger als langjähriger Chef des Regionalfernsehens - und für ganze Generationen von Nachwuchsreportern zum Lehrmeister.

Bild: Walter Erasmy (r.) berichtet von der Mülheimer Gottestracht, 1954.

Am 1. Dezember 1957 begann mit dem Start von "Hier und Heute" eine neue Epoche: die Epoche einer täglichen Fernsehberichterstattung über das aktuelle Geschehen im Land Nordrhein-Westfalen.
Bild: Hans Jesse, langjähriger Leiter von "Hier und Heute"

Die zweite regelmäßige Regionalsendung des WDR hieß "Prisma des Westens", die ab 1. Juni 1961 im Zweiten Programm der ARD ausgestrahlt wurde. Trotz knapper Produktionsmittel und zu wenig redaktionell ausgebildeter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelang es Redaktionsleiter Gerd Ruge mit einer kleinen, hauptsächlich aus freien Mitarbeitern bestehenden Crew, eine spannende Sendung auf die Beine zu stellen. Als Produktions- und Präsentationsformen wurden längere Außenübertragungen bevorzugt, dazu gab es ausführliche Studiogespräche und langfristig produzierbare, weil nicht aktuelle, Hintergrundberichte.
Bild:"Prisma des Westens": Samstagabend-Gesellschaft, hier zu Gast bei Kay und Lore Lorentz, 13. Januar 1962.

Die Sendung "Hierzulande - Heutzutage" war die Weiterführung des bereits etablierten "Prisma des Westens", die nun werktags im neuen Dritten Programm ausgestrahlt wurde. Nachdem zunächst der Untertitel "Prisma des Westens" erhalten blieb, wurden in den folgenden Jahren den einzelnen Wochentagen feste Themengebiete zugewiesen, was dann auch in wechselnden Untertiteln erkennbar wurde.
Bild: Rolf Wiesselmann, Leiter der Abteilung "Hierzulande - Heutzutage".

Seit Anfang der 80er Jahre ist der Fernseher nicht mehr nur ein Empfänger für Fernsehbilder, sondern auch "elektronische Zeitung". Denn ab 1980 flimmerten auch Textseiten mit Nachrichten, Meldungen und Programmhinweisen über den Bildschirm. Möglich machte das eine Technologie namens "Videotext".
Bild: Günter Burike, Leiter der Videotext-Redaktion.

Stand: 29.02.2016, 08:10 Uhr