Brian Eno: Star-Produzent und Klangkünstler

Von Philip Stegers

Er ist seit den 70er Jahren einer der gefragtesten Produzenten der Popmusik, doch bei seinen eigenen Kompositionen und Projekten bewegt sich Klangkünstler Brian Eno in völlig anderen Sphären. Am 15. Mai 2023 feiert er seinen 75. Geburtstag.

Brian Eno (2.v.l.) ist 1971 eines der Gründungsmitglieder der Art-Rocker Roxy Music um Leadsänger Bryan Ferry (2.v.r.). Eno beherrscht zwar kein Instrument, besitzt dafür aber eine teure Bandmaschine und kann einem Synthesizer seltsame Klänge entlocken.

Brian Eno (2.v.l.) ist 1971 eines der Gründungsmitglieder der Art-Rocker Roxy Music um Leadsänger Bryan Ferry (2.v.r.). Eno beherrscht zwar kein Instrument, besitzt dafür aber eine teure Bandmaschine und kann einem Synthesizer seltsame Klänge entlocken.

Bereits nach einem Album steigt Brian Eno wieder bei Roxy Music aus und begibt sich auf Solopfade. Anfangs noch singend und im Glam Rock-Sound, interessiert er sich im Laufe der Jahre mehr für Klangexperimente als für schnöde Popsongs.

Inspiriert vom gerade boomenden Krautrock begibt sich Brian Eno Mitte der 70er Jahre auf mehrere Forschungsreisen nach Deutschland. Bei der Produzentenlegende Conny Plank schaut er sich manchen Trick ab, mit den Elektronik-Pionieren von "Cluster" nimmt er ein gemeinsames Album auf.

Als David Bowie zur gleichen Zeit in der Schaffenskrise steckt, geht er nach West-Berlin und holt sich Brian Eno als musikalische Verstärkung dazu. Insgesamt drei Alben entstehen aus dieser Zusammenarbeit, darunter das düstere Meisterwerk "Low". Im Studio experimentieren die beiden mit einem merkwürdigen Kartendeck, das sich Eno ausgedacht hat ...

 ... "Oblique Strategies" – ein Satz Karten mit Handlungsanweisungen für blockierte Künstler, die nach dem Zufallsprinzip gezogen werden. Die Bandbreite der Ratschläge reicht von "Arbeite in einer anderen Geschwindigkeit" über "Nimm eine alte Idee" bis zu "Spül das Geschirr".

Ein längerer Zwischenstopp am Köln-Bonner Flughafen bringt Brian Eno auf eine neue Idee. Genervt von der monotonen Geräuschkulisse komponiert er ein Album mit sanften, sich wiederholenden Klängen – "Music for Airports". Die dazu passende Genrebezeichnung "Ambient" erfindet er gleich mit.

Wer eine derart coole Sonnenbrille trägt, muss einfach zwangsläufig im Produzentensessel landen. Brian Enos Fähigkeiten als Studiotüftler und Zen-Meister helfen nicht nur der Karriere von Bands wie Ultravox und den Talking Heads auf die Sprünge.

U2 werden auch dank ihm zur vielleicht größten Rockband der 80er Jahre. Gemeinsam mit dem Produzenten Daniel Lanois entwickelt Brian Eno den Breitwandsound für die Stadionhymnen der irischen Band.

Sein Herz schlägt vor allem für Videokunst, Klanginstallationen und die Entwicklung von Software. Brian Eno beschäftigt sich insbesondere mit sich selbst generierender Musik und dazu passenden Bildern, die sich ständig verändern.

In den 90er Jahren hören Computernutzer weltweit jeden Tag ein sanftes, knapp vier Sekunden langes Musikstück von Brian Eno – den Startsound von Windows 95. Den Titel komponierte der bekennende PC-Hasser übrigens auf einem Apple-Rechner.

Was haben Brian Eno, Peter Gabriel, Andre Heller und Franz Beckenbauer gemeinsam? Sie alle sollten Teil der großen FIFA-Eröffnungsgala zur Fußball-WM 2006 sein. Doch angesichts der horrenden Ticketpreise blieben die Zuschauer aus und die mit viel Brimborium angekündigte Veranstaltung wurde kurzerhand abgesagt.

Eine gewisse Exzentrik hat sich Brian Eno in all den Jahren erhalten. Interviews führt er gerne sekundengenau mit Stoppuhr und er ist auch nur bereit über Dinge zu reden, die ihn selber interessieren. Seine eigene Biografie und die Vergangenheit zählen nicht dazu.

Stand: 12.05.2023, 11:54 Uhr