Paul Watzlawick, Kommunikationswissenschaftler und Psychotherapeut

Stichtag

31. März 2007 - Paul Watzlawick stirbt in Palo Alto

Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Relativ, nicht absolut, lautet die Antwort von Paul Watzlawick. Gewissheit gebe es nicht. Für den österreichisch-amerikanischen Kommunikationswissenschaftler und Psychotherapeuten erfinden wir unsere Welt selbst: Jeder ist der Konstrukteur seiner Welt; der Nachbar baut seine eigene. "Jede Kultur hat diese Einstellung: So wie wir die Dinge sehen, sind sie auch wirklich", sagt Watzlawick. "Aber wenn man, so wie ich, das Glück hat, in verschiedenen Kulturen zu leben, kommt man dahinter, dass das alles relativ ist."

Es gibt für ihn nicht die eine Wahrheit, sondern viele. Und manchmal prallen sie paradox aufeinander, wie Watzlawick in seinen millionenfach verkauften Büchern "Wie wirklich ist die Wirklichkeit" und "Anleitung zum Unglücklichsein" mit Humor beschreibt: "Wenn Du mich wirklich liebtest, würdest Du Knoblauch essen." Für ihn sind es unsere eigenen Konstruktionen von Wirklichkeit, die seelische Nöte erzeugen.

"Wir kommunizieren immer"

Geboren wird Watzlawick am 25. Juli 1921 in Villach in Kärnten: "Ich bin ein typischer Österreicher, mein Vater kam aus Böhmen, meine Mutter war Italienerin." Nach der Matura 1939 studiert Watzlawick an der Universität Venedig Neue Sprachen und Philosophie. Von 1950 bis 1954 absolviert er am Carl-Gustav-Jung-Institut in Zürich eine Ausbildung zum Psychotherapeuten und Analytiker. 1957 erhält er einen Ruf an die Universität El Salvador. Drei Jahre später kommt Watzlawick zu seiner Lebensanstellung am "Mental Research Institute" im kalifornischen Palo Alto. 1967 übernimmt er zusätzlich einen Lehrauftrag im Fachbereich Psychiatrie an der Universität Stanford.

"Menschliche Kommunikation" ist der Titel seines Grundlagenwerks, das Watzlawick zusammen mit zwei Kollegen aus Palo Alto 1969 veröffentlicht. Die erste Regel einer daraus entwickelten grundlegenden Theorie lautet: Wir kommunizieren immer, auch ohne Worte - durch unser Verhalten. Eine weitere Regel besagt, dass es keine Kommunikation gebe, die nur Information übermittle. "Schon allein die Art und Weise, wie ich 'Guten Tag' zu jemandem sage, enthält bereits in meinem Tonfall, in meiner Haltung, in meinem Gesichtsausdruck eine Mitteilung über die Art und Weise, wie ich meine Beziehung zum anderen sehe", so Watzlawick.

"Eine positive Sinndeutung aufbauen"

Zusammen mit seinen Kollegen aus Palo Alto entwickelt Watzlawick auf der Basis der Kommunikationswissenschaft den Grundstein der heutigen systemischen Psychotherapie. "Das ist eine vollkommene Abkehr von der Psychotherapie, wie ich sie am C.G.-Jung-Institut in Zürich erlernt habe." Mühsames Graben nach Ursachen in der Kindheit hält Watzlawick für Zeitverschwendung. Die Therapeuten von Palo Alto entwickeln stattdessen Verhaltenstherapien von etwa zehn Stunden. Es gehe darum, so Watzlawick, eine positive Sinndeutung aufzubauen, "die mir nicht mehr die Probleme erzeugt, die ich bisher hatte."

Für Watzlawick ist alles eine Sache der Einstellung. Soziale Verhältnisse, Kultur und Politik interessieren ihn kaum. Man muss das Unglück nur anders deuten, dann stellt sich das Glück von selbst ein. Das ist sein vergnügliches Lebensmotto. Für ihn ist das Glas immer halb voll und nicht halb leer. Sein Privatleben schottet er allerdings streng von der Öffentlichkeit ab. Watzlawick stirbt am 31. März 2007 im Alter von 85 Jahren in Palo Alto.

Stand: 31.03.2012

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