Für den Obersten Chef der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland ist die Beschlagnahme und Neuordnung von Grund und Boden eine notwendige Maßnahme. "Die Bedürfnisse der örtlichen Bevölkerung und der Besatzungstruppen" sollen bestmöglich befriedigt werden. Am 30. Oktober 1945 ordnet er die Umverteilung von Landbesitz in der Sowjetisch Besetzten Zone (SBZ) an. Alle Grundbesitzer mit mehr als 100 Hektar Boden sowie ehemalige Funktionäre der NSDAP müssen Haus und Hof verlassen. "Junkerland in Bauernhand" lautet die Parole. 500.000 Menschen bekommen ihre eigene Parzelle, vor allem Flüchtlinge und ehemalige Landarbeiter. Unter großem Propaganda-Getöse werden unzählige Zaunpflöcke in die Erde gerammt.
Sieben Jahre dürfen die glücklichen Landbesitzer ihre neuen Äcker frei bestellen, dann ändert der sowjetische Diktator Josef Stalin den Kurs. Nachdem keine Aussicht auf eine deutsche Wiedervereinigung unter seiner Führung mehr besteht, schwört er die Führungsriege im neu gegründeten "Arbeiter- und Bauernstaat" DDR auf die kommunistische Planwirtschaft ein. Als Vollstrecker schlägt SED-Chef Walter Ulbricht einen Ton an, der keine Widerrede duldet. "Wenn wir beschlossen haben, die Grundlagen des Sozialismus im Dorfe zu schaffen, dann heißt das, alle Kräfte sind auf diese Aufgabe zu konzentrieren", gibt er die Richtung vor. "Wir werden denen, die sabotieren wollen, schon zeigen, wie die Felder bestellt werden müssen." Im Klartext heißt das: Wer sich weigert, in die neu geschaffenen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) einzutreten, bekommt kein Saatgut mehr. Von nun an regeln "Anbau-Befehle", was auf den Äckern wachsen darf.
Nach der Wiedervereinigung hoffen die 1945 Enteigneten auf die Rückgabe ihres ehemaligen Großgrundbesitzes. Aber die Hoffnung trügt. Die Enteignungen bleiben rechtskräftig. So regelt es der Einigungsvertrag. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wird abgewiesen. Und nicht nur das: Fast alle 70.000 Erben der 1945 von den Sowjets begünstigten Kleinbauern müssen ihre Parzellen an die jeweiligen Ost-Bundesländer abgeben, ohne einen finanziellen Ausgleich zu erhalten. Nur diejenigen dürfen das Land behalten, die zwischen 1980 und 1990 in der Land- oder Forstwirtschaft gearbeitet hatten.
Stand: 30.10.05