Eine Frau steht vor einem Schaufenster eines Bekleidungsgeschäftes

Stichtag

5. Oktober 1989 - Erster Langer Donnerstag

Jahrzehntelang gilt das deutsche Ladenschluss-Gesetz als unveränderbar. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) will das in den 1980er Jahren ändern: "Es gibt kein Land in Europa, das so starre Ladenöffnungszeiten hat wie wir in Deutschland." Unterstützt wird er dabei von den Arbeitgebern. Sie sehen in längeren Öffnungszeiten die Chance auf zusätzliche Umsätze. Doch das Vorhaben ist umstritten. Auf der Gegenseite stehen die christlichen Kirchen, die sich um das Fortbestehen des einkaufsfreien Sonntags sorgen, und - vor allem - die Gewerkschaften. Sie befürchten eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, sprechen von "Tarifvertragsbruch" und versuchen monatelang, die Ausdehnung der Geschäftszeiten durch Streikaktionen zu verhindern.

"Scheiß Langer Donnerstag"

Trotzdem wird am 5. Oktober 1989 der sogenannte Lange Donnerstag eingeführt: Die Geschäfte dürfen bis 20.30 Uhr geöffnet bleiben. Zum Ausgleich sollen künftig in den Monaten April bis September an verkaufsoffenen Samstagen die Läden bereits zwei Stunden eher geschlossen werden - nämlich um 16 Uhr. Gedacht ist der "LaDo" als "Dienstleistungsabend", bei dem nicht nur Geschäfte, sondern auch Behörden, Post und Banken mitziehen sollen. Da sich die meisten von ihnen aber nicht daran beteiligen, geht es im Kern um erweiterte Einkaufsmöglichkeiten.

Die Verbraucher reagieren überwiegend positiv. Nach einer ersten Erprobungsphase zeigt sich, dass vor allem in Großstädten die Konsumenten den Langen Donnerstag nutzen. Davon profitieren vor allem Kaufhäuser und Verbrauchermärkte, die ein Umsatzplus von bis zu 20 Prozent verzeichnen. Die Arbeitnehmer hingegen sind unzufrieden. "Der Donnerstag wurde der unbeliebteste Arbeitstag in der Woche", sagt der Kölner Handelsforscher Kai Hudetz. "SchLaDo" wird zur Abkürzung des Schimpfwortes "Scheiß Langer Donnerstag".

Länder bestimmen Öffnungszeiten

Die Debatte um den Ladenschluss geht weiter und landet schließlich beim Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter bekräftigen 2004 den grundgesetzlichen Schutz des Sonntags, eröffnen aber ansonsten alle Möglichkeiten: "Ein Kernbestand an Sonn- und Feiertagsruhe ist unantastbar, im Übrigen besteht Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers." Daraufhin wird der Ladenschluss im Rahmen der Föderalismusreform Ende 2006 zur Ländersache. In NRW gibt es mittlerweile zum Beispiel - vom Sonntag abgesehen - keine Beschränkungen mehr: Geschäfte können rund um die Uhr geöffnet bleiben, doch das Recht wird kaum in Anspruch genommen.

Stand: 05.10.2014

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