Der Verleger Waldemar Schweitzer (re.) mit Journalisten am 16.6.1966 während einer Pressekonferenz in Stuttgart.

Stichtag

9. Dezember 1978 – Waldemar Schweitzer stirbt in Stuttgart

Unternehmer sind Betrüger. Ihre teils lebensgefährlichen Produkte sind maßgeblich auf dem Markt, um Verbraucher übers Ohr zu hauen. Davon ist Waldemar Schweitzer überzeugt.

Anfang der 60er Jahre steht der Journalist mit dieser Ansicht nicht mehr alleine da. Zwar sind die Deutschen noch voll und ganz damit beschäftigt, sich im neuen Wohlstand einzurichten. Aber selbst der "Vater des Wirtschaftswunders" Ludwig Erhard (CDU) ist bereits verhalten kritischer geworden. Der Verbraucher solle "wach sein", fordert der Bundeswirtschaftsminister bereits 1955. "Er soll wählen, er soll Ärger machen. Die, die es angeht, sollen spüren, dass sie es nicht mit einer fühllosen Masse zu tun haben, sondern mit bewusstgewordenen Verbrauchern."

Diesen Ärger der Verbraucher unterfüttert Schweitzers Zeitschrift "DM" mit harten Fakten. Lange vor der Stiftung Warentest liefert sie erstmals in Deutschland vergleichende Produktanalysen.

Gemüse kann nicht rein sein!

Geboren wird Schweitzer 1926 in Wissen an der Sieg. In den 50er Jahren arbeitet er als freier Journalist, später als "Spiegel"-Korrespondent in Baden-Württemberg. 1962 gründet er sein eignes Testinstitut mit der Zeitschrift "DM" als Organ.

Bei der Analyse von Produkten ist Schweitzer hartnäckig bis zur Verbissenheit. Als in getestetem Salat einmal keine verdächtigen Rückstände gefunden werden, zweifelt er lieber an der Qualität der Untersuchung als an der Reinheit des Gemüses. Die Hersteller ihrerseits versuchen, den lästigen Quälgeist mit Gerichtsverfahren mundtot zu machen. Einmal werden die Redaktionsräume von "DM" sogar von der Polizei durchsucht. Aber die Maßnahmen tun dem Erfolg der Zeitschrift keinen Abbruch – auch wenn sie immer mehr in reißerischen Boulevardstil abrutscht.

Verbraucherschutz, staatlich verordnet

Der Niedergang von "DM" kommt erst, als die Bundesregierung 1964 beschließt, den Verbraucherschutz mit der "Stiftung Warentest" auf staatlich finanzierten Boden zu stellen. Zwei Jahre später kommt die erste Zeitschrift der Stiftung heraus. Kurze Zeit später ist Schweitzer pleite. Ein Ausflug ins Filmgeschäft als Produzent des Krimis "Der Nebelmörder" (1964) und der Versuch, dem "Spiegel" mit einer Zeitung namens "Zeitung" Konkurrenz zu machen, verschlimmert die Situation. 1966 muss Schweitzer "DM" verkaufen.

Als sich Schweitzer aus dem journalistischen Unternehmertum zurückzieht, hat er Schulden in Millionenhöhe. Am 9. Dezember 1978 stirbt der Pionier des Warentests mit nur 52 Jahren in Stuttgart.

Stand: 09.12.2013

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