Stichtag

07. April 2004 - Vor 10 Jahren: Golo Mann stirbt in Leverkusen Der Geschichte-Erzähler

Er wächst auf im Schatten des "Zauberers", wie die Kinder ihren Vater Thomas Mann nennen. Im Rückblick nennt Golo Mann seine Kindheit "elend", und das hat viel mit dem übermächtigen Vater zu tun, von dem er sich nicht anerkannt fühlt. Golo Mann ist das dritte von sechs Kindern der berühmten Familie. Anders als seine älteren Geschwister Klaus und Erika macht er nicht das Schreiben zum Beruf, sondern die Geschichte. Er wird Historiker, allerdings, darin ganz Spross der Familie, ein erzählender Historiker. Seine "Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts" macht ihn Ende der 50er Jahre berühmt, die Wallenstein-Biographie von 1971 gilt als Golo Manns Meisterwerk.


Geschichte lehrt Golo Mann in Frankreich und den USA, seit Ende der 50er Jahre auch in Deutschland, zuletzt als ordentlicher Professor in Stuttgart. Immer wieder meldet er sich als unabhängiger - und unberechenbarer - Intellektueller in den politischen Debatten zu Wort. Er unterstützt Brandts Ostpolitik und spricht sich Jahre später für Franz-Josef Strauß als Kanzler aus. Er streitet gegen den Vietnam-Krieg und warnt vor der Wiedervereinigung, um am Ende seines Lebens die Leistung Helmut Kohls als Kanzler der Einheit zu würdigen.


Die letzten Jahre seines Lebens verbringt Golo Mann bei der Frau seines Adoptivsohnes in Leverkusen. Am 7. April 1994 stirbt er dort im Alter von 85 Jahren. Begraben ist der Historiker und Schweizer Staatsbürger in Kilchberg bei Zürich, wo die Manns jahrzehntelang wohnten. Seine letzte Ruhe findet er auf dem selben Friedhof wie seine Eltern und vier seiner Geschwister - aber, auf eigenen Wunsch, weitab vom Familiengrab.

Stand: 07.04.04