"Ihr Kind ist unheilbar krank" - diese Diagnose löst bei den betroffenen Familien Trauer, Wut und Verzweiflung über das Unabwendbare aus. Der Leidensweg zieht sich oft über Monate, manchmal Jahre hin. In dieser Zeit können die todkranken Kinder mit ihren Eltern und Geschwistern im Kinderhospiz Balthasar in Olpe immer wieder Urlaub machen - aber auch ihre letzte Lebensphase verbringen.
"Sobald die Eltern wissen, dass ihr Kind eine verkürzte Lebenserwartung hat, kann die Familie zu uns kommen", sagt Birgit Halbe, die pädagogische Leiterin der Einrichtung. "Es ist nichts mehr so, wie es war. Das Leben in der Familie muss neu eingerichtet werden." Jede Familie durchlebe den Trauerprozess anders. "Es gibt dafür keine fertigen Rezepte", so die ausgebildete Trauerbegleiterin Halbe. Sie müsse sich immer wieder neu auf die individuelle Situation einlassen. Durch das "recht enge Zusammenleben" entstehe Vertrauen zwischen den Mitarbeitern und den Familien. "Wir essen gemeinsam, reden, machen Ausflüge." Wichtig sei ihr, dass niemandem etwas übergestülpt werde. "Trauerarbeit ist einfühlsame Begleitung." Gemeinsam könne das schwere Thema Tod offensiv angegangen werden. "Ich kann zuhören, ein Stück mitgehen und mit aushalten." Ein Arbeitsschwerpunkt von Birgit Halbe sind die gesunden Geschwister, die häufig zu kurz kommen. Ihnen will sie Lebensfreude vermitteln, aber auch ein Forum für ihre Sorgen bieten.
Vorbild aus England
Eröffnet wird die Einrichtung am 18. September 1998 - als erstes Kinderhospiz Deutschlands. Den Anstoß dafür gab eine Elterninitiative: Um nicht länger allein den schweren Belastungen ausgesetzt zu sein, schlossen sich 1990 sechs betroffene Familien zum Kinderhospizverein zusammen. Vorbilder für ein solches Haus fanden sie in England. Dort gründete eine anglikanische Schwester 1982 mit dem Helen House in Oxford das erste Kinderhospiz. Nach vielen vergeblichen Anläufen findet sich 1997 mit der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) ein Träger, der bereit ist, die Idee umzusetzen. Die Kosten von rund drei Millionen Euro für Bau und Einrichtung werden durch Spenden finanziert.
Das Haus im Sauerland steht auf einem Grundstück, das dem Mutterhaus der Olper Franziskanerinenn gehört, in der Nähe des Waldes. Es wirkt wie ein gemütliches Familienhotel, mit lichtdurchfluteten Räumen, Schwimmbad, Garten, Kamin- und Spielzimmern. Dennoch ist es ein Ort, an dem der Gedanke an den Tod ständig präsent ist. Im Eingangsflur zieren farbige Hand- und Fußabdrücke die Wände. Viele der Kinder, die hier ihre Spuren hinterlassen haben, sind tot. Gestorben an Krankheiten, für die es keine Heilung gibt: vorwiegend Stoffwechselerkrankungen, schwere organische Schäden, aber auch Muskelerkrankungen und Krebs.
Mittlerweile auch Jugendhospiz
Im Januar 2009 schließt die GFO zum zweiten Mal als Pionierin eine Versorgungslücke und eröffnet das erste deutsche Jugendhospiz - das mit einem Verbindungsgang an das Kinderhospiz angegliedert ist. Mittlerweile sind in Olpe 60 fest angestellte Mitarbeiter und 20 Ehrenamtliche tätig.
Bundesweit gibt es inzwischen zwölf Kinderhospize. Doch die Finanzierung der Häuser ist noch immer nicht gesichert. Nur rund 30 Prozent der Kosten werden von Kranken- und Pflegekassen übernommen. Allein das Kinder- und Jugendhospiz Balthasar benötigt deshalb pro Jahr Spenden in Höhe von 1,2 Millionen Euro.
Stand: 18.09.2013
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