Eine Frau geht am Donnerstag (21.06.2012) in der Ausstellung "Diane Arbus" im Martin-Gropius-Bau in Berlin am Bild "Identische Zwillinge" vorbei.

Stichtag

14. März 1923 - Geburtstag der Fotografin Diane Arbus

Wenn man der Fotografin Diane Arbus glauben darf, dann kommt sie in ihrer Kindheit mit dem Reichtum ihrer Eltern nicht zurecht. Ihre Familie besitzt ein Kaufhaus in der New Yorker 5th Avenue, und deshalb muss sich Arbus um Geld keine Gedanken machen. Das aber macht ihr offenbar Probleme. "Worunter ich als Kind vor allem litt, war, dass ich nie das Elend zu spüren bekam", wird Arbus später behaupten. "Dass unsere Familie reich war, empfand ich als erniedrigend."

In diesen Rahmen passt eine Anekdote, die Arbus' Biografin Patricia Bosworth erzählt. "Als sie klein war, ist sie mit ihrer Nanny zur Zeit der Wirtschaftskrise in den 30er Jahren einmal in den Central Park gegangen, und sah dort all diese Menschen in Zelten hausen und das faszinierte sie." Für Bosworth kommt der Spaziergang in eine fremde Welt einem Erweckungserlebnis gleich: "Diese Welt wollte sie entdecken und fotografieren."

Fotografieren, was Angst macht

Geboren wird Arbus am 14. März 1923 als Diane Nemerov in New York City. Mit 15 Jahren lernt sie den Modefotografen Allan Arbus kennen, den sie noch als Teenager heiratet und für den sie als Assistentin arbeitet. Später wird sie selbst als Modefotografin erfolgreich und arbeitet für Magazine wie "Glamour" oder "Vogue".

Ende der 50er Jahre ist Arbus von der Modewelt gelangweilt. 1957 trifft sie auf die Fotografin Lisette Model, die ihr rät, Dinge zu fotografieren, die ihr Angst machen. Arbus findet ihre Bestimmung - und zieht rastlos, mit ihrer Kamera bewaffnet, in Freakshows, Nachtclubs, Bordelle, Slums, Irrenanstalten, Leichenschauhäuser und Nudistencamps, um die dunkle Seite von New York - und damit das andere Amerika - abzulichten. Darüber zerbricht auch ihre Ehe. Danach bleit sie allein.

Technik der Überhöhung

"Jemanden zu fotografieren ist ein Akt der Verführung", umreißt Arbus einmal ihr Konzept, das weit über den Versuch einer Abbildung von Lebenswirklichkeit hinausgeht. Für viele wird sie mit ihren befremdlichen Bildern von Nudisten, Transvestiten, Zwergen, Prostituierten, Drogensüchtigen und Behinderten trotzdem zu einer der bekanntesten Vertreterinnen einer dokumentarischen Richtung, die verborgene Seiten der US-Gesellschaft nach dem zweiten Weltkrieg festzuhalten sucht. Dabei setzt sie gezielt das Mittel karikierender Überhöhung ein: Wie sich anhand von Kontaktbögen nachweisen lässt, sucht sie für ihr berühmtes Porträt eines Jungen mit Spielzeughandgranate dasjenige mit dem verzerrtesten Gesichtsausdruck und der verkrampftesten Körperhaltung aus.

Bekannt wird Arbus auch durch das Foto eines Drillingspärchens, die sie 1963 mit gestärkten weißen Blusen in ihrem Schlafzimmer vor einer Tapete mit wildem Rautenmuster ablichtet. In dieser Gruppe sieht die Fotografin ihre eigene Zerrissenheit zwischen mehreren Rollen während ihrer Pubertät gespiegelt: "Die Tochter, die Schwester, das böse Mädchen mit den wollüstigen Phantasien; und diese drei unterscheiden sich nur geringfügig voneinander." 2008 erzielt ein signierter Abzug der "Drillinge in ihrem Schlafzimmer" bei einer Auktion 73.000 US-Dollar.

Da ist Arbus schon über 30 Jahre tot. 1971 begeht die Fotografin, die unter Depressionen leidet, in Greenwich Village Selbstmord. Gefunden wird sie erst nach mehreren Tagen.

Stand: 14.03.2013

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