Den ganzen Tag liegt Martha Crawford von Bülow regungslos im Bett, Familie und Freunde nennen sie Sunny. Es ist der 27. Dezember 1979, die ganze Familie hat Weihnachten im weißen Herrenhaus Clarendon Court in Newport verbracht. Ihre Bedienstete Maria Schrallhammer ist besorgt, bedrängt Sunnys Ehemann Claus von Bülow, einen Arzt zu rufen. Als der eintrifft, steht Sunnys Atem vorübergehend still, ihr Herz schlägt nicht mehr. Sunny beginnt bald wieder zu atmen, erwacht aber erst sieben Stunden später aus dem komatösen Zustand. Es ist der Beginn einer Tragödie; Sunny, ihr Mann und die sommerlichen Strandpartys der Jetset-Reichen von Newport geraten in die Schlagzeilen. Ein Jahr später fällt Sunny endgültig ins Koma - und ihr Ehemann Claus von Bülow wird des versuchten Mordes an ihr angeklagt.
Sunny lebt im Wohlstand
Als junge Frau scheint Sunny von Bülow, geboren am 1. September 1932 in Pittsburgh, alles zu haben: ein geerbtes Vermögen von 75 Millionen Dollar; Schönheit, die Grace Kelly in nichts nachsteht, und zwei Kinder von dem attraktiven Prinzen Alfred von Auersperg. Nach der Scheidung heiratet sie am 6. Juni 1966 in zweite Ehe Claus von Bülow, einen Briten deutsch-dänischer Herkunft. Er ist nicht so wohlhabend wie Sunny, aber eloquent und gut aussehend. In den 50er- und 60er-Jahren arbeitet er als persönlicher Referent für den amerikanischen Öl-Tycoon und Kunstmäzen J. Paul Getty, einem der reichsten Männer der Welt. Sein späterer Anwalt Alan Dershowitz, ein Harvard-Professor, sagt über ihn: "Ich habe mich wirklich sehr bemüht, Claus von Bülow nicht zu mögen. Ich kann einfach seinen Lebensstil nicht leiden, diesen elitären Newport-Lifestyle und die Kreise, in denen er verkehrt. Dann aber zeigte sich, dass er ein sehr witziger und warmherziger Typ sein kann. Das ist erstaunlich. … Es gibt diesen anderen, sanften, fürsorglichen Claus von Bülow." 1967 kommt die gemeinsame Tochter Cosima von Bülow zur Welt.
War die Scheidung geplant?
1979 gilt die einst glückliche Ehe als zerrüttet, beide von Bülows sprechen offen über eine mögliche Scheidung. Sunny von Bülow leidet seit langer Zeit immer wieder an Depressionen und verbringt dann den Großteil des Tages im Schlafzimmer. Freunde und Bekannte berichten von angeblichem Medikamenten- und Alkoholmissbrauch. Claus von Bülow tröstet sich mit Prostituierten und Geliebten.
Sunny von Bülows Insulinwert ist 14-fach erhöht
Am Weihnachtsabend 1980 wirkt Sunny von Bülow auffallend fahrig, wirr und angeschlagen. Am nächsten Morgen findet ihr Mann sie bewusstlos im Bett. Ihr Puls liegt bei 50 Schlägen in der Minute, die Körpertemperatur beträgt 35,5 Grad Celsius. Ihr Insulinwert im Blut ist 14-fach erhöht. Sie wird ihr Bewusstsein niemals wieder erlangen.
Gefängnisstrafe von 30 Jahren im ersten Prozess
Hat Sunny von Bülow sich mit Medikamenten und Alkohol zum zweiten Mal ins Koma befördert? Oder hat ihr Mann Claus von Bülow nachgeholfen, um an ihr Erbe zu kommen, aber seine Geliebte heiraten zu können? Während Sunny auf der Intensivstation eines New Yorker Krankenhauses behandelt wird, besteigt Claus von Bülow eine Yacht mit seiner Geliebten Alexandra Isles, einem Seifenopernstar. Kurz darauf wird er festgenommen und muss sich in einem kleinen Saal des County-Gerichts von Newport verantworten. Als Hauptkläger verdächtigen ihn Sunnys erstgeborene Kinder, Annie-Laurie - genannt Ala - und Alexander: Er habe ihre Mutter mit einer Insulin-Injektion umbringen wollen. Der Anwalt der Kinder soll herausgefunden haben, dass Claus von Bülow rund 14 Millionen Dollar von seiner Frau erben würde – allerdings nicht im Falle einer Scheidung. Die Haushälterin Maria Schrallhammer sagt als Zeugin aus, sie habe ein kleines schwarzes Täschchen mit einem Insulinfläschchen, einer Spritze und Nadeln in seinen Sachen gefunden. Claus von Bülow betont, er sei unschuldig, wird aber im März 1982 zu einer Gefängnisstrafe von 30 Jahren verurteilt.
Freispruch für Claus von Bülow im Berufungsprozess
In einem spektakulären Berufungsprozess deckt Claus von Bülows Anwalt, der Harvard-Professor Alan Dershowitz, einige Ungereimtheiten auf, berichtet über Sunnys Lebenswandel und überzeugt die Geschworenen, dass das erste Urteil vor allem auf Mutmaßungen und Interpretationen beruhte. Im Juni 1985 wird Claus von Bülow frei gesprochen.
Claus von Bülow verzichtet auf den Erbanspruch
1987 stimmt er nach einer weiteren Klage der Kinder Ala und Alex der Scheidung von Sunny zu und verzichtet auf seinen Erbanspruch. Heute soll er, ebenso wie die gemeinsame Tochter Cosima, die sich früh auf die Seite des Vaters stellte, zurückgezogen in London leben und sich um seine drei Enkelkinder kümmern. Sunny von Bülow hat von dem jahrelangen Spektakel nichts mitbekommen, auch nicht von dem Kinofilm über sie, "Die Affäre der Sunny von B." mit Glenn Close und Jeremy Irons in den Hauptrollen. Sie stirbt 2008 im Alter von 76 Jahren in einem New Yorker Pflegeheim. 28 Jahre, also über ein Drittel ihres Lebens, hat sie im Koma gelegen. Die Gründe dafür sind bis heute ungeklärt.
Stand: 01.09.2012
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