Plattencover von "Scott Joplin's Greatest Hits"

Stichtag

1. April 1917 - Scott Joplin stirbt in New York

So richtig berühmt wird Scott Joplin erst lange nach seinem Tod. Sein Song "The Entertainer" von 1902 sorgt 1974 für den heiter-ironischen Unterton des Spielfilms "Der Clou" - eine mit sieben Oscars ausgezeichnete Gaunerkomödie mit Robert Redford und Paul Newman. Die Komposition schafft es dadurch sogar in die Charts. Posthum wird Joplin 1976 der Pulitzerpreis verliehen. Er gilt als "König des Ragtime" und hat sich zeitlebens für die Anerkennung der afroamerikanischen Musik eingesetzt.

Geboren wird Scott Joplin irgendwann zwischen Juli 1867 und Januar 1868 im Nordosten von Texas - als Sohn eines frei gelassenen Sklaven und einer frei geborenen Afroamerikanerin. Beide Eltern sind musikalisch, besonders unterstützt wird Scott jedoch von seiner Mutter. Er lernt Klavier spielen und singen. In den 1880er Jahren verlässt er seine Heimatstadt Texarkana und ist als reisender Musiker unterwegs. Schon als Teenager - mit 14 oder 15 Jahren - spielt er unter anderem in den Bordellen des Rotlichtviertels von St. Louis zur Unterhaltung der Gäste Piano.

"Knüppel zwischen marschierende Beine"

Scott ist ein Pionier: Er spielt Marschmusik, verändert den Rhythmus aber so, dass das Marschieren ins Stolpern kommt. Manche Zuhörer empfinden das als "stümperhaft" - oder wie es auf Englisch heißt "ragged". Ein neuer Stil ist geboren: Ragtime. Für den Jazz-Kritiker Wolfgang Sandner sind Joplin und seine Kollegen "Saboteure des schnurstracks geführten Viervierteltaktes": "Der Ragtime war die erste musikalische Auflehnung der Afroamerikaner gegen das europäische Zeitgefühl. Knüppel zwischen marschierende Beine."

Bald ist Joplin mit seiner Musik so erfolgreich, dass er einige Stücke als Notenhefte verkaufen kann. Schallplatten gibt es noch nicht. Im August 1899 verhandelt der Komponist über sein Stück "Maple Leaf Rag". Einen Cent soll er pro Exemplar erhalten. Das ist nicht viel, bringt aber sein Leben lang Tantiemen. "Maple Leaf Rag" ist das erste Instrumentalstück, das damals mehr als eine Million Mal verkauft wird. Joplin rückt in die erste Reihe der Ragtime-Pianisten auf.

Sieben Papierrollen erhalten

Um 1900 boomt der Ragtime in den USA. Trotzdem ist die Begeisterung nicht einhellig. Ragtime sei Gift, schreibt zum Beispiel der deutsche Dirigent Karl Muck, der das "Boston Symphony Orchestra" leitet: "Es vergiftet die ureigenste Quelle unserer musikalischen Entwicklung, denn es vergiftet den Geschmack der Jugend." Joplin selbst sieht den Ragtime als eigenständige Kunstmusik. Schallplatten-Aufnahmen, die die Qualität seines Spiels belegen, existieren nicht. Es sind aber sieben "Piano Rolls" erhalten, die Joplin 1916 selbst eingespielt haben soll. Es handelt sich dabei um Papierrollen, die ein mechanisches Klavier in Bewegung setzen.

In seinen letzten Jahren lebt Joplin in New York. Dort steckt er seine Energie und sein Geld vor allem in die Oper "Treemonisha", die er unbedingt auf die Bühne bringen will. Zu Lebzeiten gibt es jedoch nur eine Aufführung, die als eher mangelhaft beschrieben wird. Spätestens seit 1916 leidet Joplin an den Folgen der Syphilis. Am 1. April 1917 stirbt er in einem New Yorker Krankenhaus. Die Öffentlichkeit nimmt von seinem Tod kaum Notiz, da der Ragtime zu jener Zeit nahezu vergessen ist. Der Jazz hat ihn längst abgelöst.

Stand: 01.04.2012

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