Szenenfoto "Lohn der Angst", davor Zeichung von Dynamitstange mit Aufschrift "Alfred Nobel" (Montage)

Stichtag

17. Februar 1847 - Erste Präsentation des Nitroglycerins

Vier Männer lassen sich auf das Wagnis ein, tonnenweise Nitroglycerin per Lkw durch die Wildnis Brasiliens zu befördern. Ein Himmelfahrtskommando, das der Regisseur Henri-Georges Clouzot 1953 zu seinem unvergesslichen Thriller "Lohn der Angst" verarbeitet. Das Transportgut sieht zwar harmlos wie Wasser aus. Fällt aber nur ein Tropfen aus 30 Zentimeter Höhe zu Boden, dann explodiert die teuflische Flüssigkeit. Am Ende überlebt keiner der vier die lebensgefährliche Fahrt.

Fast ein Jahrtausend lang kannten die Menschen nur Schwarzpulver als Explosivstoff. Für Sprengungen, ob im Kriegswesen oder im Straßen- und Tunnelbau, war es aber nicht geeignet. Erst der italienische Chemiker Ascanio Sobrero entdeckt 1846 durch Zufall jene hochexplosive Mixtur, die er "Pyroglycerin" tauft und die als Nitroglycerin Karriere machen wird.

Experimente unter Lebensgefahr

Ascanio Sobrero steht als Assistent in Diensten des Pariser Chemikers Théophile-Jules Pelouze, als er eines Tages eine Lache aus Salpeter- und Schwefelsäure aufwischt. Der Putzlappen enthält Glycerin und fängt bei Erwärmung plötzlich Feuer. Sobrero ahnt, dass er dem erstem flüssigen Sprengstoff der Geschichte auf die Spur gekommen ist und experimentiert weiter. Es gelingt ihm aber nicht, die neue Substanz unter kontrollierten Bedingungen zur Explosion zu bringen.

Mehr als einmal fliegt Sobrero seine Versuchsanordnung um die Ohren, wobei er massive Verletzungen erleidet, die sein Gesicht schwer entstellen. Als der Forscher, inzwischen Professor für Chemie in Turin, im Februar 1847 sein Nitroglycerin der Fachwelt präsentiert, ist er sich der verheerenden Kraft seiner Erfindung bewusst. Massiv spricht er sich gegen eine kommerzielle Nutzung des scheinbar unkontrollierbaren Sprengstoffs aus. Doch ein anderer Experte macht Sobreros Geheimhaltungsabsichten zunichte.

Wie aus Nitroglycerin Dynamit wird

In den 1850er Jahren studiert der Schwede Alfred Nobel bei Théophile-Jules Pelouze in Paris und erfährt von Sobreros Experimenten. Wie der Italiener fürchtet Nobel den möglichen Missbrauch des Nitroglycerins zu kriegerischen Zwecken. Doch als Wissenschaftler wie als Geschäftsmann gleichermaßen begabt, weiß Nobel im beginnenden Industriezeitalter auch um den Wert eines wirkungsvollen Explosivstoffes zur zivilen Nutzung. Zusammen mit seinem Vater Immanuel und Bruder Oscar-Emil perfektioniert Nobel die Großproduktion des "Sprengöl" genannten Nitroglycerins.

Eine kontrollierte Zündung des hochsensiblen Stoffes will aber auch den Schweden lange nicht gelingen. 1864 kommt Oscar-Emil bei einer verheerenden Explosion ums Leben; 1866 fliegen ein Nitroglycerin-Lagerhaus in den USA und eine Nobel-Fabrik bei Hamburg in die Luft. Unverdrossen experimentiert Alfred Nobel weiter mit Holzkohle, Sägespänen und Zement, um das unberechenbare, zur Selbstzersetzung neigende Nitroglycerin zu stabilisieren. 1867 schließlich findet er in Kieselgur das geeignete Mittel.

Vermengt mit der pulverförmigen Erde entsteht aus Nitroglycerin ein völlig neuer, vergleichsweise harmlos zu handhabender Sprengstoff. Alfred Nobel tauft ihn auf den Namen Dynamit. Es macht seinen Erfinder in kürzester Zeit reich und weltbekannt. Ascanio Sobrero dagegen, der Entdecker des Nitroglycerins, wird sich bis zu seinem Tod 1888 von Nobel um Ruhm und Geld betrogen fühlen.

Stand: 17.02.2012

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