"Flugzeugträger sind der Bizeps im Muskelspiel der Militärmachthaber." So bewertet der Marinehistoriker Werner Rahn die Bedeutung der schwimmenden Festungen im Weltmacht-Poker seit dem Zweiten Weltkrieg. Welche strategischen Möglichkeiten ein Flugzeugträger bietet, ahnten schon die Väter der Luftfahrt vor über 100 Jahren. Bereits 1895, also acht Jahre vor dem ersten Motorflug der Gebrüder Wright, entwirft der französische Flugpionier Clément Ader die Idee einer schwimmenden Start- und Landebasis. Präzise bringt er zu Papier, wie solch ein Wasser-Flugplatz konstruiert werden muss: "Also wird ein Schiff, das Flugzeuge trägt, unumgänglich sein: eben, möglichst breit, wird es das Bild eines Landeplatzes bieten."
Erfolgreicher Start im Nebel
Etwa zur gleichen Zeit erteilt in den USA ein Marine-Staatssekretär namens Theodore Roosevelt den Auftrag, mögliche Verknüpfungen von Luft- und Seeschifffahrt zu prüfen. Die Gebrüder Wright lehnen das Ansinnen des späteren US-Präsidenten als "gefährlich tollkühn" ab. Doch der 24-jährige Eugene Burton Ely, ein durch halsbrecherische Flugversuche bekannt gewordener Autoverkäufer, lässt sich auf das Himmelfahrtskommando ein. Nach seinen Anweisungen wird am Vorderdeck des Kreuzers "Birmingham" eine 25 Meter lange, geneigte Holzpiste angebracht. Am 14. November 1910 gelingt Ely mit einem Curtiss-Doppeldecker bei Regen und dichtem Nebel der erste Flugzeugstart von einem Schiff. Eine Landung hält er für ebenso problemlos möglich: "Dabei ist es ganz egal, ob sich das Schiff bewegt oder ob es vor Anker liegt", verspricht Ely.
Revision der Flottentaktiken
Und hält nur zwei Monate später Wort. Am 18. Januar 1911 sitzt Eugene Ely wieder in seiner Curtiss und umrundet den vor San Francisco ankernden Panzerkreuzer "USS Pennsylvania". Die extra montierte Holzplattform ist nun 34 Meter lang, 22 mit Sandsäcken beschwerte und über die Rampe gespannte Taue sollen als Bremsen dienen. Tausende Schaulustige am Ufer erleben mit, wie Ely schließlich die Nase seines Fliegers nach unten drückt, das Holzdeck ansteuert und sicher zur Landung ansetzt. Ein Haken am Fahrwerk erfasst die Halteseile und bringt die 500 Kilogramm schwere Curtiss nach nur neun Metern zum Stehen.
"Eugene Ely zwingt zur Revision der Flottentaktiken der Welt", titelt der "San Francisco Examiner". Für den Kapitän der "USS Pennsylvania" ist Elys Pioniertat schlicht "die wichtigste Landung eines Vogels seit der Rückkehr der Taube zur Arche". Doch nicht die USA, sondern die ehemalige Seemacht Großbritannien stellt 1914 mit der "Ark Royal" den ersten Flugzeugträger der Welt in Dienst. Der wagemutige Testpilot Eugene Ely erlebt die Vollendung seines Traums nicht mehr mit. Nur neun Monate nach seiner historischen Schiffslandung kommt er bei einer Flugschau ums Leben.
Stand: 18.01.2011
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 18. Januar 2011 ebenfalls an die erste Flugzeug-Landung auf einem Schiff. Auch das "ZeitZeichen" gibt es einen Monat lang als Podcast.