Louis Bleriot steht vor dem Ruin. Fast zehn Jahre lang hat der französische Tüftler sein Vermögen in den Bau von Aeroplanen gesteckt. Nachdem er zunächst mit fliegenden Kisten, die den Flügelschlag von Vögeln imitieren, dann auch mit Doppeldeckern eine Bruchlandung nach der anderen hingelegt hat, scheint der zuletzt entworfene Eindecker endlich Erfolg zu versprechen. Mehrfach schon hat der 36jährige Flugpionier seine elfte Konstruktion unfallfrei in der Luft halten können. Da lobt 1909 die Londoner Zeitung "Daily Mail" 1.000 Pfund (ca. 100.000 Euro) als Preis für denjenigen aus, dem die erste Überquerung des Ärmelkanals per Flugzeug gelingt. Bleriot erkennt die Chance seines Lebens. Obwohl er nicht schwimmen kann, tritt er in Calais mit seiner Bleriot XI zum Wettflug gegen einen Konkurrenten an.
Der schmiert bei starken Winden mit Motorschaden ab und landet im Kanal. Bleriot wartet sechs Tage auf besseres Wetter; im Morgengrauen des 25. Juli 1909 entscheidet er sich zum Start. Nach 34 Kilometern Flug über den Ärmelkanal hinweg sieht Louis Bleriot erstmals die Kreidefelsen Südenglands von einem Flugzeug aus. Gegen den Wind kämpft sich der schmale Franzose mit dem mächtigen Gallierbart bis zum Landeplatz in Dover vor. Dort schwenkt ein Landsmann begeistert die Trikolore. 37 Minuten nach dem Start in Calais bringt der Bezwinger des Ärmelkanals sein Fluggerät sicher zu Boden. Hunderttausende jubeln dem Helden der Lüfte in London und später in Paris zu. Louis Bleriot ist ein gemachter Mann: Die Pioniertat bringt dem genialen Konstrukteur allein über hundert Bestellungen für seine Bleriot XI ein.
Zum fünfzigsten Jahrestag von Bleriots Pioniertat fliegt am 25. Juli 1959 eine britische Entwicklung erstmals über den Kanal nach Frankreich. Mit dem Luftkissenboot hat der Ingenieur Christopher Cockerell das schwebende Schiff erfunden. Ein starkes Gebläse drückt Luft unter das Kissen des "Hovercraft" und lässt es wie auf einem Polster sowohl über Land wie über Wasser gleiten. Neun Jahre später nehmen 320-Tonnen-Hovercrafts, angetrieben von je vier riesigen Propellern, den Fährbetrieb zwischen England und Frankreich auf. Jedes der infernalisch lauten Boote kann 400 Passagiere und 55 Autos befördern. Der Erfolg lässt Cockerell von atomgetriebenen 10.000-Tonnen-Versionen träumen, die bis zu 2.000 Menschen über die Weltmeere transportieren sollen.Doch es kommt anders, denn die Luftkissenboote haben neben der Lautstärke andere gravierende Nachteile: Bei rauer See brettert das Hovercraft über die Wellen wie ein Ferrari über eine Schlaglochpiste - und entwickelt dabei auch den Spritdurst eines Formel-1-Boliden. So endet zur Jahrtausendwende die große Zeit der unrentablen Luftkissenboote. Im Jahr 2000 werden sie auf der prestigeträchtigen Kanalroute durch riesige Katamarane ersetzt.
Stand: 25.07.09