Stichpunkt

18. September 2010 - Vor 375 Jahren: Frankreich tritt in den Dreißigjährigen Krieg ein

1635 hat selbst der militante Katholik Ferdinand II. aus Wien genug vom Krieg. Rund 17 Jahre dauert sein Kampf gegen die protestantischen Fürsten und Schwedens König Gustav Adolf schon. Das Land liegt in Schutt und Asche, marodierende Söldnerheere ziehen plündernd und brandschatzend durch Dörfer und Städte. Der Prager Frieden soll Ruhe zwischen den verfeindeten Parteien bringen. Doch Frankreich unter Führung von Kardinal Richelieu ist strikt dagegen.

Die Kirchenglocken schweigen

Schon seit Jahren hat Frankreich den Krieg angetrieben, indem Zahlungen an die Kriegsparteien geleistet wurden. Nun lässt Richelieu Truppen zum Rhein marschieren. Denn der weltlich eingestellte Kardinal sieht sein Land von Habsburgern umzingelt, die Spanien, die Niederlande und Deutschland beherrschen. Am 18. September 1635 reagiert Ferdinand II. und erklärt Frankreich den Krieg. Jetzt muss der Kaiser gegen katholische Franzosen und lutherische Schweden gleichzeitig kämpfen.Der später so genannte Dreißigjährige Krieg tritt in seine blutigste Phase ein. Nun gehört es endgültig zur Taktik der weiter aufgestockten Soldateska, ganze Landstriche unbewohnbar zu machen. Mit den Söldnerheeren kommen die Krankheiten. Pestwellen erschüttern das Land, die Syphilis grassiert. Am Ende wird jeder vierte Deutsche an den Folgen des Krieges gestorben sein.Dass es im Krieg inzwischen nicht mehr um religiöse, sondern ausschließlich um machtpolitische Fragen geht, schlägt sich auch symbolisch nieder: Die letzten großen Glocken werden zu Kriegsgerät eingeschmolzen. Auf dem Land sind nur noch Alarmglocken zu hören, die vor den plündernden Landsknechten warnen.

194 Herrscher wollen Frieden

Irgendwann hat sich die Kriegsmaschinerie totgelaufen. Die kämpfenden Mächte haben keine Kraft mehr, größere Armeen aufzustellen. Aus der Not heraus entsteht etwas völlig Neues: In Münster und Osnabrück ringen die Bevollmächtigten von 194 Regenten um den ersten umfassenden Verhandlungsfrieden der europäischen Geschichte. Über vier Jahre dauert das diplomatische Gezerre – nicht zuletzt, weil es zum Teil über 40 Tage dauert, um die Verhandlungspartner in Westfalen darüber zu informieren, was einzelne Herrscher von ihren Vorschlägen halten.

1648 beendet der Westfälische Friede den Dreißigjährigen Krieg. Deutschland wird säkularer, in Europa hält eine Art Völkerrecht Einzug, das juristischen Aspekten Vorrecht vor religiösen Motiven einräumt. Und: Frankreich erhält eine Vormachtstellung. Von nun an wird die französische Kultur Europa dominieren.

Stand: 18.09.10