Stichtag

14. Januar 2010 - Vor 5 Jahren: Rudolph Moshammer stirbt in München

Freitag, 14. Januar 2005, im Münchner Vorort Grünwald: Vor der Villa von Modeschöpfer Rudolph Moshammer wartet sein Chauffeur, um den 64-Jährigen zur Arbeit zu fahren. Als sein Chef nicht wie gewohnt auftaucht, benutzt der Fahrer seinen Hausschlüssel und findet Moshammer im ersten Stock - stranguliert mit einem Kabel. Als Täter ermittelt eine 20-köpfige Sonderkommission innerhalb von 48 Stunden auf Grund einer DNA-Analyse einen 25-Jährigen, den Moshammer am Abend zuvor in seinem Rolls Royce am Münchner Bahnhofsstrich aufgelesen und mit nach Hause genommen hatte. Dieser gestand, Moshammer erdrosselt zu haben, weil er ihm die Bezahlung in vereinbarter Höhe verweigert habe. Der Mord an Moshammer macht bundesweit Schlagzeilen: Seine Homosexualität war ein offenes Geheimnis in der Schwabinger Schickeria, auch wenn der Star-Designer nie darüber sprach. Erst mit seinem Tod wird sie öffentlich.

Geboren wird Moshammer höchstwahrscheinlich am 27. September 1940. Er selbst nennt später - wenn überhaupt - 1945 als Geburtsjahr und bezeichnet sich gern als "alterslos". In seiner Autobiographie berichtet Moshammer von einer schweren Kindheit und Jugend. Er und seine Mutter Else leiden unter dem alkoholkranker Vater, der seinen Posten als Versicherungsdirektor verliert und schließlich als Obdachloser Selbstmord begeht. Nach der Schule macht Moshammer eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann bei einer Münchner Stoffgroßhandlung, anschließend ein Praktikum bei Christian Dior in Paris. In den 1960er Jahren beginnt Moshammer, extravagante Mode zu entwerfen. Mit Mutter Else eröffnet er 1968 eine Boutique in der Münchner Maximilianstraße, die sich mit Herrenmode der Luxusklasse zu einer der ersten Adressen der High Society entwickelt. Zu Moshammers Kunden gehören Prominente wie Karl Flick, José Carreras, Arnold Schwarzenegger und Carl Gustav von Schweden.

Mit aufsehenerregenden Auftritten inszeniert sich "Mosi", wie er bald genannt wird, immer wieder selbst. Mit seiner König-Ludwig-Frisur, dem Yorkshire-Terrier Daisy unter dem Arm und Mama Else an seiner Seite taucht er bei gesellschaftlichen Anlässen auf: etwa bei den Filmfestspielen in Cannes, den Bayreuther und den Salzburger Festspielen. Auch in Talkshows ist der Modemacher häufig zu Gast. Kabarettist Ottfried Fischer bezeichnet ihn als "eine Art lebendes Neuschwanstein". Drei verschiedenfarbene Rolls Royce charakterisieren den Lebensstil des Modeschöpfers. Gleichzeitig spendet er für die Münchner Obdachlosen und verteilt mit seiner Mutter Essen unter den Isar-Brücken.Auch als Autor arbeitet Moshammer an seiner Legende. 1995 erscheint die Autobiographie "Mama und ich", in der er seiner zwei Jahre zuvor gestorbenen Mutter Else ein Denkmal setzt. 1998 erzählt er im Buch "Ich Daisy - Bekenntnisse einer Hundedame" private Anekdoten aus Sicht seiner vierbeinigen Begleiterin. Nach Moshammers Tod erbt die Yorkshire-Hündin ein Teil des Millionen-Nachlasses und bleibt in Obhut des Chauffeurs mit Wohnrecht in der Grünwalder Villa. Der Großteil des Erbes geht an Moshammers Obdachlosenstiftung. Im November 2005 wird der Mörder von Moshammer zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Ein knappes Jahr später stirbt Hündin Daisy.

Stand: 14.01.10