Stichtag

02. Oktober 2004 - Vor 135 Jahren: Mahatma Gandhi wird geboren

"Wer sich mir anschließt, muss bereit sein, auf der nackten Erde zu schlafen, grobe Kleider zu tragen, von anspruchsloser Nahrung zu leben und sein Klo selber zu säubern", verkündet Mohandas Karamchand Gandhi, als er im April 1914 nach 21 Jahren aus Südafrika nach Indien zurückkehrt. Durch sein Engagement für die Rechte seiner indischen Landsleute im Apartheidsstaat ist er ein bekannter Rechtsanwalt geworden. Zurück in Indien zieht der tief religiöse Hindu mit seinen Anhängern aufs Land. Alle müssen ein Gelübde der Wahrheit, Gewaltlosigkeit und Enthaltsamkeit - auch in der Ehe - ablegen. Sie nennen ihn "Mahatma" ("Große Seele").Gandhi wird am 2. Oktober 1869 geboren und entstammt einer reichen Kaufmannsfamilie. Seine Eltern gehören zur Sekte der Jai, deren Grundsatz die "Ahimsa" ("Nichtanwendung von Gewalt") ist. Der zierliche Mann, nur 1,70 Meter groß und 50 Kilogramm schwer, ist entschlossen, die britische Kolonialmacht aus dem Subkontinent zu vertreiben. Er übernimmt 1920 die Führung des "Indian National Congress", die er zur Massenorganisation des indischen Unabhängigkeitskampfes ausbaut. Er setzt auf Moral statt einer bewaffneten Erhebung, auf Gebete statt Gewalt. Sein wichtigstes Instrument wird der Boykott britischer Erzeugnisse. Gandhi fordert die Menschen bei Versammlungen auf, ihre Kleidung "Made in England" abzulegen. Einige ziehen sich völlig aus. In jeder Stadt türmen sich bergeweise Schuhe, Hosen und Hemden vor Gandhi, der alles verbrennen lässt. Der selbstgesponnene Bauwoll-Khadi wird zur Einheitskleidung der Unabhängigkeitsbewegung.

Salzmarsch und Hungerstreik

1930 startet Gandhi eine Kampagne des zivilen Ungehorsams und ruft zum Salzmarsch gegen das britische Salzmonopol auf. Die britische Regierung reagiert hilflos auf die perfekt inszenierte Kampagne. Als Gandhi schließlich eine Handvoll Salzkristalle vom Strand aufhebt, waten ab da Menschen mit Pfannen ins Meer und gewinnen dem kolonialen Regierungsverbot zum Trotz das wertvolle Mineral. Über 60.000 Menschen werden verhaftet. Gandhi agitiert im Gefängnis weiter. Mit einem Hungerstreik kämpft er für die Rechte der "Parias" ("Unberührbare"), Indiens niedrigste Kaste. Als die Briten ihn vorzeitig entlassen und ihn zu einer Konferenz über die Unabhängigkeit Indiens einladen, erscheint Gandhi in London in Sandalen und Lendenschurz. Die Gespräche bleiben ergebnislos.
In Indien setzt sich Gandhi für ein friedliches Miteinander von Hindus und Muslimen ein. Doch als die Briten den indischen Subkontinent nach dem Zweiten Weltkrieg in die Unabhängigkeit entlassen, teilen sie ihn in zwei Staaten: die mehrheitlich hinduistische Indische Union und die muslimische Republik Pakistan. Es kommt zu Massakern und großen Fluchtbewegungen: Moslems verlassen Indien, Hindus fliehen aus den Gebieten des heutigen Pakistan und Bangladesh. Gandhi versucht, die Gewalt mit seiner moralischen Autorität zu beenden. Wieder tritt er in den Hungerstreik. Auf die Nachricht vom drohenden Tod ihres Idols reagieren die Massen. Gemeinsame Prozessionen von Hindus und Muslimen erscheinen an seinem Lager. Doch dann wird im Januar 1948 auf sein Haus ein Bombenanschlag verübt. Zehn Tage später wird Gandhi am 30. Januar im Alter von 79 Jahren von einem fanatischen Hindu erschossen. Hunderttausende nehmen an der Bestattung von Gandhis Asche in den Fluten des Ganges teil.


Stand: 02.10.04