Stichtag

02. Juni 2010 - Vor 125 Jahren: Hans Gerhard Creutzfeldt wird geboren

An der Psychiatrischen Universitätsklinik in Breslau, die von Alois Alzheimer geleitet wird, erforscht der Nervenarzt Hans Gerhard Creutzfeldt 1913 eine bis dahin unbekannte Hirnerkrankung. Seine Beobachtungen an der Patientin Berta E. veröffentlicht er erstmals 1920. Damit kommt er seinem Hamburger Kollegen Alfons Maria Jakob um ein Jahr zuvor. Die 1922 eingeführte Bezeichnung Creuzfeldt-Jakob-Krankheit erinnert daran, dass die beiden Ärzte das Leiden gleichzeitig und unabhängig voneinander entdeckt haben. Ihnen fielen nach dem Tod von Erkrankten bei Untersuchungen des Hirngewebes schwammartige Veränderungen auf. "Im Gehirn der Patienten kommt es zu einem Nervenzellenschwund", erklärt Professorin Inga Zerr vom Creuzfeldt-Jakob-Forschungszentrum Göttingen. Es komme zur Veränderung eines Eiweißes, das aus noch unbekannter Ursache seine räumliche Faltung verändere. Das falsch gefaltete Eiweiß, ein sogenannter Prion, leite in anderen Gehirnzellen dann den tödlichen Verfallsprozess ein. Erste Symptome können Depressionen, auffälliges Verhalten, Gedächtnis- und Bewegungsstörungen sowie Sprach- und Orientierungsverlust sein - ähnlich wie bei der Alzheimer Krankheit.

Förderndes SS-Mitglied

Geboren wird Creutzfeldt am 2. Juni 1885 in Harburg. Er studiert in Jena, Rostock und Kiel Medizin. Nach seinem Dienst als Schiffsarzt auf Fernreisen, entschließt er sich, Hirnforscher zu werden. Dazu bildete er sich zwischen 1912 und 1920 unter anderem in Breslau auf dem Gebiet der Neuroanatomie weiter - im Ersten Weltkrieg unterbrochen durch seinen Einsatz als Marinesanitätsoffizier. Nach seiner Habilitation arbeitet er an der Kieler Nervenklinik und der Berliner Charité. 1938 wird Creutzfeldt zum Leiter der Kieler Nervenklinik berufen. Den Nazis gegenüber verhält er sich "reserviert, aber nicht unterschiedslos ablehnend", wie Professor Jörn Henning Wolf, ehemaliger Direktor des Kieler Uni-Instituts für Geschichte der Medizin und Pharmazie, schreibt: "Er war als Anwärter des Nationalsozialistischen Deutschen Ärtzebundes registriert sowie förderndes Mitglied der SS und stellvertretender ärztlicher Beisitzer im Erbgesundheitsobergericht Berlin, welches letztinstanzlich über Zwangssterilisierungen entschied." Creuzfeldt habe auch die Ermordung Geisteskranker im Rahmen des NS-Euthanasieprogramms in Kauf genommen, so Wolf.

Neue Variante der Krankheit

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Creutzfeldt erster Rektor der Universität Kiel. Von diesem Amt wird Creutzfeldt von der britischen Besatzungsmacht vorzeitig entfernt, weil er mehr ehemalige Wehrmachtsoffiziere zum Studium zulässt, als es die Militärregierung duldet. 1953 wird er emeritiert. Im Jahr darauf enttarnt er den ehemaligen medizinischen Leiter des NS-Euthanasieprogramms, Professor Werner Heyde, der unter falschem Namen in Schleswig-Holstein als Gerichtsgutachter arbeitet. Seine letzten Lebensjahre verbringt Creutzfeldt in München. Dort stirbt er am 30.12.1964 im Alter von 80 Jahren.Mitte der 1990er Jahre macht eine neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit Schlagzeilen. Sie trifft Menschen, die BSE-verseuchtes Rindfleisch gegessen haben. Auch BSE wird durch veränderte Eiweiße hervorgerufen.

Stand: 02.06.10