Stichtag

06. Juli 2010 - Vor 60 Jahren: Polen und DDR unterzeichnen Görlitzer Abkommen

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Europa neu geordnet: Im Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 legen die drei Siegermächte USA, Großbritannien und Sowjetunion unter anderem die neue Grenze zwischen Deutschland und Polen fest. Sie verläuft nun entlang von Oder und Lausitzer Neiße. Der sowjetische Staatschef Josef Stalin hatte die - östlich dieser Linie liegenden - deutschen Ostgebiete eigenmächtig unter polnische und sowjetische Verwaltung gestellt. In Potsdam wird die Oder-Neiße-Linie von den Westmächten nun anerkannt. Endgültig sollen die deutschen Grenzen aber erst später in einem Friedensvertrag festgelegt werden.

Ablehnung in ganz Deutschland

In Deutschland stößt diese Grenzziehung auf wenig Begeisterung: Während in den westlichen Besatzungszonen CDU und SPD protestieren, lehnen die kommunistischen Machtträger in der sowjetisch besetzten Zone die Regelung zunächst ab. Der SED-Vorsitzende Otto Grotewohl erklärt 1946, "dass es sich noch nicht um eine endgültige Lösung der Ostfrage handelt". Max Fechner, späterer DDR-Justizminister, verkündet 1949, "dass die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands sich jeder Verkleinerung deutschen Gebiets entgegenstellen wird." Die Ostgrenze sei nur provisorisch. Sie könne erst auf der beabsichtigten Friedenskonferenz definitiv festgelegt werden. Aber Stalin besteht auf dieser Grenze - aus Eigeninteresse: Er überlässt Polen einen Teil der deutschen Ostgebiete, behält dafür aber gleichzeitig polnische Ostgebiete. Durch diese Westverschiebung Polens vergrößert der Diktator im Kreml das Gebiet der Sowjetunion. Die SED-Machthaber beugen sich schließlich seinem Willen.

Bundesrepublik braucht 20 Jahre länger

Am 6. Juni 1950 vereinbart der stellvertretende DDR-Ministerpräsident Walter Ulbricht in Warschau einen Vertrag, durch den die Oder-Neiße-Linie als endgültige polnisch-deutsche Grenze anerkannt wird. Einen Monat später werden die Details der Warschauer Deklaration geregelt: In Zgorzelec, dem polnischen Teil der Grenzstadt Görlitz, unterzeichnen am 6. Juli 1950 DDR-Ministerpräsident Grotewohl und Polens Premierminister Józef Cyrankiewicz das sogenannte Görlitzer Abkommen über die "Oder-Neiße-Friedensgrenze".

Die Bundesrepublik braucht noch 20 Jahre, um die Grenze an Oder und Neiße anzuerkennen: Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) unterzeichnet 1970 den Warschauer Vertrag über die Normalisierung der deutsch-polnischen Beziehung. Dazu gehört auch die Anerkennung des Verlustes der ehemals deutschen Ostgebiete. 1991, als das gesamtdeutsche Parlament den Grenzverlauf bestätigt, verweigern 23 Abgeordnete der Union ihre Zustimmung. Unter ihnen ist Erika Steinbach (CDU), die heutige Präsidentin des Bundes der Vertriebenen.

Stand: 06.07.10