Stichtag

15. August 2010 - Vor 270 Jahren: Geburtstag von Matthias Claudius

"... die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar." Diese Verse, die Generationen von Kindern beim Einschlafen begleiten werden, schreibt 1799 der Dichter und Journalist Matthias Claudius. "Abendlied" heißt das Gedicht, bevor es von Johann Abraham Peter Schulz als "Der Mond ist aufgegangen" vertont wird. "Lass uns einfältig werden", heißt es in der fünften Strophe und weiter: "Und vor dir hier auf Erden, wie Kinder fromm und fröhlich sein". Matthias Claudius ist ein tiefgläubiger Mensch. Er verpackt sein Gottvertrauen, seine Naturverbundenheit und Beobachtungen aus dem Alltag in eine einfache und gefühlvolle Sprache. Manche halten ihn deswegen für einen kleinbürgerlichen Hausdichter. Aber Claudius war auch der Aufklärung zugetan. "Man muss den Menschen nur vernünftig ansprechen", schreibt er. Und die Zeilen vom Mond haben sich längst von seiner Person gelöst und sind nach der Vertonung zu einem der beliebtesten Volkslieder im deutschsprachigen Raum geworden.

Der "Wandsbecker Bothe"

Geboren wird Matthias Claudius am 15. August 1740 in Reinfeld, Holstein, als Sohn eines Pfarrers. Das Studium der Theologie in Jena bricht er ab und lebt bis zu seinem 28. Lebensjahr wieder bei den Eltern. Vom bürgerlichen Standpunkt her gilt er damit als verkrachte Existenz. Seine erste richtige Stelle als Redakteur nimmt er 1768 bei den "Hamburger Adreß-Comptoir-Nachrichten" an, wo er Schiffsmeldungen, Börsennachrichten, kleine Texte und Gedichte veröffentlicht. Der nächsten Zeitung verhilft er mit seinen Ideen zu Ansehen: Vier Jahre schreibt er Gedichte und Prosastücke für das winzige Blatt "Wandsbecker Bothe", zum Beispiel: "Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Drum nahm ich meinen Stock und Hut und thät das Reisen wählen." Es ist der Beginn des Gedichtes "Urians Reise um die Welt". Seine Texte und Verse bleiben nicht unentdeckt: Er macht Bekanntschaft mit Dichtern wie Klopstock, Herder, Lessing und Goethe, die er allesamt als Autoren für den "Bothen" gewinnen kann. Wegen geringer Verkaufszahlen wird das Blatt jedoch eingestellt. Ab 1777 lebt Claudius als Autor ohne Anstellung - eine mutige Entscheidung, denn die Kinderschar wächst: Mit seiner Frau Rebecca bekommt er insgesamt zwölf Kinder. Erst 1785, im Alter von 48 Jahren, erhält er von einem Förderer eine jährliche Pension. Zum ersten Mal steht Claudius dauerhaft auf finanziell soliden Füßen.

Narr oder Genie?

Die Meinungen über sein Werk gehen auseinander. Die Vertreter der Klassik, wie Johann Wolfgang von Goethe, schmähen den frommen, volkstümlichen Dichter als "Narren, der voller Einfaltsprätensionen steckt". Friedrich Schiller schließt sich dem Urteil Wilhelm von Humboldts an und schreibt, "er sey eine völlige Null". Johann Gottfried Herder hält ihn jedoch für ein "Genie", dessen Herz "wie Steinkohle glüht". Auch die Romantiker schätzen seine gefühlvolle Natur- und Gottverbundenheit. Joseph von Eichendorff schreibt: "Matthias Claudius, der wackere Wandsbecker Bote, der … mit schlichten und treuen Worten fröhliche Botschaft bringt. … Wie der Abendglockenklang in einer stillen Sommerlandschaft, wenn die Ährenfelder sich leise vor dem Unsichtbaren neigen, weckt er überall ein wunderbares Heimweh." Matthias Claudius stirbt 1815 im Alter von 74 Jahren. Unvergessen ist auch der letzte Vers des "Abendlieds": "So legt euch denn, ihr Brüder, in Gottes Namen nieder; kalt ist der Abendhauch. Verschon uns, Gott, mit Strafen und lass uns ruhig schlafen. Und unsern kranken Nachbarn auch!"

Stand: 15.08.10