Eines Abends wird Dieter Thomas Heck im Hotel von Rainer Werner Fassbinder angesprochen. Ganz fabelhaft fände er seine "Hitparade", sagt der weltbekannte Filmregisseur zum Moderator. Heck wird sich später gern daran erinnern. "Diese Sendung ist für mich ein Muss", soll Fassbinder gesagt haben. "Innerhalb von einer knappen Stunde bin ich über alle Trends informiert, die ich für meine Filme brauche."
Tatsächlich will die "Hitparade" nicht nur zeigen, was in der deutschen Schlagerbranche hipp ist. Auch bei Frisören und Schuhverkäufern ist die Kultsendung beliebt. Regisseur Truck Brass persönlich wacht darüber, dass das Outfit der Interpreten dem neuesten Schrei entspricht. Die Plateauschuhe werden in Deutschland nach Auskunft von Heck erst durch die "Hitparade" zum Verkaufsschlager.
Am 18. Januar 1969 um 19.30 Uhr geht die erste "Hitparade" in Berlin auf Sendung. Roy Black, Rex Gildo, Karel Gott, Erik Silvester und zehn weitere Interpreten stellen sich dem Votum der Zuschauer, die per Postkarte abstimmen dürfen, ob ihr Liebling in der nächsten Sendung wiederkommt. Bereits bei der Premiere gehen 50.000 Stimmen ein.
Vor allem Schnellsprecher Heck, der den Abspann in atemberaubenden Tempo herunterleiert, drückt der ersten deutschen Schlager-Abstimmungs-Show den Stempel auf. In der "Hitparade" können die Stars hautnah erlebt werden. Sie stehen nicht auf einer Guckkastenbühne, sondern wandern mit langem Mikrofonkabel durchs emsig klatschende Publikum. Fans dürfen Vicky Leandros, Draffi Deutscher oder Jürgen Drews auch schon mal knicksend ein Blümchen überreichen.
Bald schon erreicht die "Hitparade" Kultstatus. Bis zu 21 Millionen Menschen sitzen einmal im Monat gebannt vorm Fernseher. Wer in der samstäglichen Show auftritt, darf sich montags über rund 50.000 zusätzlich verkaufte Schallplatten freuen. In den achtziger Jahren bricht die Neue Deutsche Welle in die heile deutsche Schlagerwelt. Mit den Hits der neuen Stars wie Trio, Hubert Kah oder Fräulein Menke aber kann sich Heck nicht anfreunden.
Nach 15 Jahren übergibt er 1984 die Moderation an Viktor Worms. Fünf Jahre später ist Uwe Hübner an der Reihe. Unter seiner Moderation sinken die Quoten um 80 Prozent von 5,4 Millionen auf 1,4 Millionen Zuschauer. Neue Musikkanäle mit Popsongs aus den USA erreichen die deutschen Jugendlichen eher. Nach 360 Sendungen wird die "Hitparade" im Jahr 2000 eingestellt.
Stand: 18.01.09