Wilhelm Pieck betritt die Rednertribüne im Ostberliner Saal der Deutschen Wirtschaftskommission. Jugendliche in blauen Hemden schwenken Fahnen, sie gehören der Freien Deutschen Jugend (FDJ) an, der einzigen von der SED geförderten Jugendorganisation. Der SED-Vorsitzende Pieck ruft die Deutsche Demokratische Republik (DDR) aus: "Deutsche Männer und Frauen, deutsche Jugend! Auf der Grundlage der vom 3. Deutschen Volkskongress bestätigten Verfassung ist in der Deutschen Hauptstadt Berlin einmütig von allen Parteien und Massenorganisationen im Deutschen Volksrat die Deutsche Demokratische Republik geschaffen worden." Die frisch gegründete DDR feiert sich und ihren künftigen Staatspräsidenten: Zeitzeugen berichten von Sprechchören, die keine Ende nehmen, und einem Meer von Fackeln und Fahnen. Vier Tage später wird Pieck als erstes Staatsoberhaupt der DDR vereidigt, die DDR-Volkskammer setzt die Verfassung in Kraft. Der ehemalige Sozialdemokrat Otto Grotewohl wird Ministerpräsident und der expressionistische Dichter Johannes R. Becher Kulturminister. Becher schreibt auch den Text der DDR-Nationalhymne "Auferstanden aus Ruinen ".
Mit dem Festakt am 7. Oktober 1949 reagiert die SED direkt auf die Gründung der Bundesrepublik Deutschland in den drei westlichen Besatzungszonen wenige Monate zuvor. Vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist Deutschland in zwei Staaten geteilt. In der sowjetischen Besatzungszone (SBZ), aus der die DDR hervorgeht, herrscht die SED. Mit der Bodenreform wird der landwirtschaftliche Boden aufgeteilt. Staat und Wirtschaft orientieren sich am großen Bruder Sowjetunion, im Radio singt der Jugendchor Leipzig: "Frei ward der Bauer auf eigenem Grund, dank euch ihr Sowjetsoldaten, mit den befreiten Proleten im Bund schafft er mit Pflug und mit Spaten." 1949 beginnt der Zweijahrplan, volkseigene Stahl- und Eisenwerke gehen in Betrieb. Die Walzstraßen liefert die Sowjetunion.
Die Gründung des ostdeutschen Staates löst unterschiedliche Reaktionen aus. Der sowjetische Staats- und Parteichef Josef W. Stalin schickt am 14. Oktober 1949 ein Glückwunschtelegramm und bezeichnet die Bildung der "Deutschen Demokratischen friedliebenden Republik" als "Wendepunkt in der Geschichte Europas". Für den westdeutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) ist die DDR-Gründung ungesetzlich, weil sie keine Legitimation vom Volk habe.
Bei der Vereidigung des Staatspräsidenten Pieck am 11. Oktober 1949 meldet sich ganz zu Beginn der DDR einer zu Wort, der auch am Ende dabei sein wird: Erich Honecker. Unter großem Jubel spricht er als Vorsitzender der FDJ das "Gelöbnis der deutschen Jugend". 40 Jahre später hören sich die Propaganda-Reden Honeckers nicht wesentlich anders an: "Ich bitte Sie, mit mir das Glas zu erheben und zu trinken auf die internationale Solidarität und Zusammenarbeit, auf den Frieden und das Glück aller Völker, auf den 40. Jahrestag der Deutschen Demokratischen Republik." Ihren 41. Geburtstag erlebt die DDR nicht mehr.
Stand: 07.10.09