Eine Fabrikhalle in Corona, USA. Draußen wehen die Flaggen von Kalifornien und der Fender Corporation, drinnen bestimmen Paletten voller Holzblöcke und Fräsmaschinen das Bild. Im Fließbandverfahren werden aus den massiven Holzkörpern Gitarrenhälse, Griff- und Schlagbretter. Flinke Hände schrauben Tonabnehmer, Regler, Schalter und Abstandhalter an. So entstehen elektrische Gitarren, die zu den berühmtesten der Musikwelt gehören und die die Entwicklung der Rockmusik entscheidend geprägt haben. "Einfach ein Brett zu nehmen, daraus einen Korpus zu sägen, ihn in eine runde Form zu schleifen und dann einen Hals daran zu schrauben: das war revolutionär," sagt der Hamburger Studiogitarrist Peter Weihe über den Gründer dieser Gitarrenfabrik, Clarence Leonidas Fender, den Henry Ford der E-Gitarre. "Hätte es Leo Fender nicht gegeben, würde eine unglaubliche Palette an Klängen der Rockmusik so nicht existieren."
Gitarre spielen kann er nicht, und bis an sein Lebensende weigert er sich auch strikt, auch nur einen Griff zu lernen. Leo Fender, geboren am 10. August 1909 im kalifornischen Anaheim, ist kein Musiker, sondern ein technikbegeisterter Tüftler und Elektronik-Bastler, den man seit seiner Jugendzeit kaum ohne Schraubenzieher und Kombizange antrifft. 1938 eröffnet der gelernte Buchhalter einen Radio-Shop, in dem er auch Lautsprecheranlagen, Gitarren und Verstärker repariert. 1945 beginnt Fender, selbst elektrische Gitarren zu bauen. Die heißen damals Hawaii-Gitarren, haben noch einen Resonanzkörper mit F-Löchern wie eine Geige und werden im traditionellen Instrumentenbau mit fest verleimten Hälsen handgefertigt. Fender jedoch experimentiert mit einer völlig neuartigen Bauweise, einer brettartigen, aus Massivholz gesägten Gitarre mit angeschraubtem Hals, ohne Resonanzraum und Schallloch. Als er 1950 mit seiner ersten "Solid Body", der Fender Broadcaster, auf den Markt kommt, wird er von der Konkurrenz ausgelacht: "Ist das euer Kanupaddel, eure Fliegenklatsche?" Die einhellige Meinung: Das Ding verkauft sich nie!
Nur 169,95 Dollar plus 39,95 für einen passenden Koffer kostet das in großen Stückzahlen zusammengeschraubte Brett mit Saiten - und wird zur ersten kommerziell erfolgreichen E-Gitarre der Welt. Schlicht, industriell produziert, ein Massenprodukt, das sich viele junge, kreative Musiker leisten und so der aufkommenden Rockmusik rund um den Globus ihre Impulse geben können. Der bald in Telecaster umbenannten Broadcaster folgt 1954 die weiterentwickelte Fender Stratocaster, bis heute die meist kopierte Gitarre der Welt. Jimi Hendrix zerfetzt auf ihr die amerikanische Nationalhymne, für Eric Clapton, der Dutzende besitzt, gibt es nichts Besseres und Bruce Springsteen soll sogar darauf bestehen, mit seiner Fender begraben zu werden.
Leo Fender lernt keinen der Superstars, die auf seinen Instrumenten spielen, persönlich kennen. Er ist kein Partygänger, kein Lebemann, raucht nicht, trinkt nicht. Bis zum letzten Tag, so heißt es, tüftelt er an der Verbesserung der Gitarren, E-Bässe und Verstärkeranlagen, die rund um die Welt seinen Namen tragen. Er stirbt am 21. März 1991 im Alter von 81 Jahren. Ein Jahr nach seinem Tod wird Clarence Leo Fender in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen.
Stand: 10.08.09