Stichtag

27. April 2009 - Vor 20 Jahren: Erste Hautbank für lebendige Haut in München

Mitte der 1980er Jahre wird ein 24-Jähriger nach der Explosion einer auslaufenden Gasflasche in das Städtische Krankenhaus München-Bogenhausen eingeliefert. Über 30 Prozent seiner Körperoberfläche ist verbrannt. Die Haut an Armen und Rücken ist stellenweise bis zur Muskulatur zerstört. Um die tiefen Wunden zu schließen, transplantieren die Ärzte ihm sogenannte Spalthaut. Dazu wird an einer gesunden Körperstelle elektrisch Haut abgehobelt und durch ein Gerät gezogen. "Da wir ein Gittermuster eingestanzt, dadurch kann man das Transplantat vergrößern", sagt Dirk Kremer, einer der behandelnden Spezialisten damals. Mit diesen netzartigen Transplantaten werden die schwer verbrannten Stellen bedeckt. Eine bewährte Methode, die aber einen Nachteil hat: Das Gittermuster bleibt auch später sichtbar, es kommt zu entstellenden Vernarbungen.

Für das leichter verbrannte Gesicht und die Hände des 24-Jährigen greifen die Ärzte in Bogenhausen auf ein Verfahren zurück, das ein Kollege bei einem Forschungsaufenthalt in den USA kennengelernt hat: die Züchtung neuer Haut. Dazu muss ein etwa briefmarkengroßes Stück gesunde Haut entfernt werden. Im Labor wird zunächst die Oberhaut (Epidermis) von der Lederhaut (Dermis) getrennt. Dann lassen sich die in der Oberhaut liegenden sogenannten Keratinozyten herausfiltern. Diese werden zum Vermehren in eine Nährlösung gegeben. Innerhalb weniger Tage vermehren sich die Zellen. Es entsteht eine Art Zellrasen, der auf eine Gaze aufgetragen und dem Brandopfer transplantiert wird. In einem komplizierten Verfahren kann dieser Zellrasen auch eingefroren und für spätere Transplantationen gelagert werden. In Bogenhausen wird dafür eine sogenannte Hautbank eingerichtet und am 27. April 1989 eingeweiht. Sie ist die erste ihrer Art in Deutschland und damit ein Meilenstein in der Versorgung von Schwerbrandverletzten.

Doch auch der Einsatz von Keratinozyten-Transplantaten hat Nachteile: Ein ästhetisch und funktionell zufriedenstellendes Ergebnis könne nur erreicht werden, wenn keine Verbrennungen dritten Grades vorliegen - sagt Peter Vogt, Direktor der Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Hinzu kommt der Kostenfaktor: Die Züchtung von Haut für einen Schwerbrandverletzten ist teuer, da der Bedarf dafür gering ist. "Es gibt nur wenige Patienten deutschlandweit, vielleicht maximal zehn bis 20 pro Jahr, die so eine Behandlung brauchen", so Vogt. Die Bevorratung und die Vorhaltung der Technologie sei sehr kostenintensiv.

Stand: 27.04.09