Stichtag

20. Dezember 2009 - Vor 100 Jahren: "Labello" kommt auf den Markt

Knapp sieben Zentimeter hoch und fünf Gramm schwer, sein Gemisch aus Wachs und Ölen pflegt die Lippen: 1909 bringt die Arzneimittelfirma Beiersdorf den Lippenpflegestift "Labello" auf den Markt. Der Name "Labello" ist dem Lateinischen entlehnt: "labium" für Lippe und "bellus" für schön. Mittlerweile ist die Markenbezeichnung zum Synonym für Fettstifte auch anderer Anbieter geworden. Zunächst hat Beiersdorf seine "Lippenpomade" in Dosen verkauft. Doch der Erfolg kommt erst, als der Apotheker Oscar Troplowitz auf die Idee kommt, wie bei einem Lippenstift eine Schiebehülle zu entwickeln. Troplowitz hatte als 27-Jähriger die Hamburger Firma 1890 von dem Apotheker Paul Carl Beiersdorf übernommen.

Getreu dem Motto "Vorbeugen ist besser als Heilen" entwickelt Troplowitz aus den Salben- und Pastenstiften für erkrankte Haut ein Kosmetikum. Der Pflegestift steckt zunächst in einer Schiebehülse aus Zinn und muss mit dem Finger von unten herausgeschoben werden. In der Inflationszeit in den 1920er Jahren ist die Hülse aus dem preisgünstigeren Aluminium. Ab 1954 besteht sie aus Kunststoff. Neun Jahre später kommt der Drehmechanismus dazu. 1973 erhält der "Labello"-Stift sein heutiges Aussehen: blaue Hülle mit weíßer Schrift. Neben dieser klassischen Variante gibt es mittlerweile rund 20 Sorten mit unterschiedlichen Aromen, entzündungshemmenden Wirkstoffen, hohem oder niedrigem Lichtschutzfilter.

Da einige Menschen den Tag ohne Lippepflegestifte scheinbar nur schwer überstehen, gibt es den Vorwurf, dass diese Stifte abhängig machen. Martina Arnold von "Ökotest" spricht von einer Sucht, die nicht nur "Labello" sondern auch viele andere Lippenpflegestifte betreffe, die auf dem Rohstoff Erdöl basiere: "Dieses Erdöl bildet einen Film auf den Lippen, durch den hindurch weder Feuchtigkeit noch andere Substanzen hindurch können." Dadurch verdicke sich die Haut auf den Lippen. "Man bekommt das Gefühl, alles spannt und wird trocken." Die Folge: nachcremen, um das Gefühl loszuwerden. "Genau das ist der Teufelskreis, aus dem viele nicht mehr herauskommen", sagt Arnold über den Gewöhnungseffekt. Der Bochumer Hautarzt Professor Peter Altmeier beruhigt allerdings, die üblichen Lippenbalsame enthielten verschiedene - "meistens auch gute" - Fette. "Davon wird man nicht süchtig."

Stand: 20.12.09