Grotte Chauvet

Stichtag

18. Dezember 2009 - Vor 15 Jahren: Entdeckung der "Grotte Chauvet"

Südfrankreich am 17. Dezember 1994. Im Flusstal der Ardèche klettern drei Hobbyhöhlenforscher, unter ihnen Jean-Marie Chauvet. Wie jeden Sonntag erkunden sie das Gebirge und suchen darin nach unentdeckten Höhlen. 

Auf einmal spüren sie einen Lufthauch, räumen einige Steine zur Seite und entdecken einen Hohlraum. Chauvet und seine Begleiter kriechen bald darauf einen engen, gewundenen Gang entlang, hinter dem es zehn Meter in die Tiefe geht. Sie seilen sich mit einer Strickleiter herab und landen in einer Bildergalerie: 30.000 Jahre alte Zeichnungen zieren die Höhlenwände – gemalt in künstlerischer Perfektion. Wildpferde, Mammuts, kämpfende Nashörner und Höhlenlöwen bedecken die 15 Meter hohen Wände der Höhle in mehreren Sälen auf 490 Metern Länge. Die nach ihrem Entdecker benannte "Grotte Chauvet" hat die Kunstgeschichte umgeschrieben.

Kunsthistoriker sind erstaunt: Die Steinzeitmenschen haben Wischtechniken angewandt, um Körpervolumen herzustellen und auch perspektivisch gezeichnet. Das hatte die Wissenschaft den Steinzeitmenschen nicht zugetraut. Bisher kannte man dieses Niveau nur aus den berühmten Bilderhöhlen von Lascaux (Südwestfrankreich) oder Altamira (Nordspanien) – die sind aber nur halb so alt. Ur- und Frühgeschichtler sind sich sicher, dass ein Großteil der Darstellungen in die jungsteinzeitliche Kulturstufe des Aurignacien gehört. Das ist die älteste europäische Kultur des Homo sapiens sapiens, mehr als 30.000 Jahre alt.

Die bedeutendste Abbildung ist das Bildfeld der Löwen, ganz tief im Inneren, in einem der letzten Säle. Eine Löwenmeute rast in irrem Tempo über die Felsen und überquert dabei eine Nische. Darin verharrt völlig ruhig ein Pferd. Vermutlich legten die Steinzeitmenschen die Höhle für ein Initiationsritual - ähnlich der Konfirmation oder Kommunion - an, denn in ihr fanden Forscher viele Fußabdrücke von Jugendlichen und Kindern. Die Bildfelder erzählten ihnen vielleicht die Geschichte des Stammes.

Heute dürfen Besucher die Höhle nicht betreten, ihre Atmung, die Bakterien und Pilze auf Kleidung und Schuhen würden die Malereien beschädigen. Selbst für Wissenschaftler ist die "Grotte Chauvet" nur zwei Mal im Jahr zugänglich. Bis 2013 soll ein Großteil der Höhle für Touristen originalgetreu nachgebaut werden – damit sie die Schönheit der Bilder erfahren können.

Stand: 18.12.09