Stichtag

10. Juni 2004 - Vor 70 Jahren: Italien wird Fußball-Weltmeister

In der 80. Minute bricht die Hölle los: Raimundo Orsi erzielt im römischen "Nationalstadion der Faschistischen Partei" den Ausgleich gegen die Tschechoslowakische Elf. Die italienischen Fans sind begeistert, versuchen auf das Spielfeld zu gelangen, nur mühsam zurück gehalten von Carabinieri und faschistischer Miliz. Unter Tumulten auf den Rängen geht das Finale der Fußballweltmeisterschaft weiter, und in der Verlängerung entscheiden die "Azzurri" genannten italienischen Kicker das Spiel durch ein Tor von Angelo Schiavio.Italien ist Fußballweltmeister, und der fußballbegeisterte Diktator Benito Mussolini, der am 10. Juni 1934 zu den 50.000 Zuschauern des Finales zählt, kann einen Prestigeerfolg für sein Regime einheimsen. Der Triumph der Italiener ist ein Triumph der Brutalität und der Manipulation: Das K.o.-System überstehen die Azzurri nur, weil die Schiedsrichter für sie pfeifen. Im Spiel gegen Spanien tut dies der "Unparteiische" – aus der italienischsprachigen Schweiz! – so offensichtlich, dass er später auf Lebenszeit gesperrt wird. Die überzogene Härte der italienischen Spieler wird kaum geahndet, so dass selbst der "Kicker" aus dem befreundeten nationalsozialistischen Deutschland urteilt: "Das, was sich auf dem Rasen abspielte, hatte mit Fußball nicht viel zu tun." Die deutsche Elf wird übrigens Dritter.

Für die Fußball-WM hat Mussolini, der so genannte "Duce" (Führer) Italiens, zahlreiche Stadien bauen oder renovieren lassen. Eine lohnende Investition für ihn:  Der WM-Titel lässt sich als Überlegenheit des politischen Systems vermarkten, und die Stadien eignen sich für künftige Massenveranstaltungen der Faschisten.Stand: 10.06.04