Stichtag

08. Oktober 2008 - Vor 50 Jahren: Der erste Herzschrittmacher wird implantiert

Das Herz eines Menschen schlägt normalerweise rund 70 Mal pro Minute. Der so genannte Sinusknoten im rechten Herzvorhof sendet über ein Reizleitungssystem ständig elektrische Impulse aus, die das Zusammenziehen der Herzmuskulatur bewirken. Doch manchmal arbeitet ein Herz zu langsam oder unregelmäßig. Je nach Schweregrad kann eine solche Fehlfunktion lebensbedrohlich sein. Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts experimentieren verschiedene Tüftler mit der elektrischen Reizung des Herzens. In den 1930er Jahren wird der erste Herzstimulator entwickelt. Der Apparat ist allerdings sieben Kilogramm schwer, wird vom Patienten auf einem Rollwagen geschoben und muss alle paar Minuten neu aufgeladen werden. Auf die externen Herzschrittmacher, deren Stromstöße von außen durch den Brustkorb wirken, folgen Geräte, deren dünne Elektrodrähte durch die Brustwand in den Körper führen. Doch diese verursachen oft lebensbedrohliche Infektionen.

Dann arbeiten zwei Schweden an der Lösung des Problems: Ingenieur Rune Elmquist und Arzt Ake Senning. "Wir hatten eine relativ gute Idee, wie eine solche Sache aussehen sollte, und dann kam plötzlich dieser Patient, Arne Larsson", erinnert sich Senning später. Der 43-jährige Larsson leidet an einer schweren Reizleitungsstörung, einem sogenannten AV-Block, der durch die Operation eines Defekts der Herzschweidewand entstanden ist. Sein Herz stoppt immer wieder. Larsson muss täglich zehn bis fünfzehnmal wiederbelebt werden. Elmquist und Senning arbeiten unter Hochdruck und stellen zwei Prototypen her:  Wenige elektronische Bauteile und eine Nickel-Cadmium-Batterie werden in Kunstharz eingegossen, als Gießform dient eine leere Schuhcrème-Dose. Am 8. Oktober 1958 ist es soweit: Senning implantiert in Stockholm den weltweit ersten Herzschrittmacher in den Körper eines Patienten. Doch das eingesetzte Gerät fällt nach wenigen Stunden aus, so dass am nächsten Tag das zweite zum Einsatz kommt. Larsson bekommt im Laufe seines Lebens 22 Schrittmacher. Er wird 86 Jahre alt.

Anfang der 1960er Jahre werden auch in der Bundesrepublik Herzschrittmacher eingesetzt. Damals ist der Eingriff kompliziert. Um das Gerät einzusetzen, muss der Brustkorb geöffnet und die Elektrode auf dem Herzmuskel angenäht werden. Mittlerweile werden die viel kleiner gewordenen Geräte meist bei örtlicher Betäubung unterhalb des linken oder rechten Schlüsselbeins in einer Hauttasche platziert. Von dort wird die Elektrode durch eine Vene in die Herzkammer geschoben und verankert. Während die ersten bei Larsson implantierten Schrittmacher konstant 72 Impulse pro Minute abgegeben haben, reagieren solche Geräte heute auf die aktuelle Herzsituation: Die Impulse werden nicht ununterbrochen, sondern erst bei Bedarf abgegeben. Heute tragen in Deutschland etwa 300.000 Menschen Herzschrittmacher.

Stand: 08.10.08