Stichtag

29. Mai 2008 - Vor 555 Jahren: Mehmet II. erobert Konstantinopel

Zwei Monate dauert die Belagerung. Denn obwohl die Stadt auf sich gestellt ist - nur ein kleines Heer aus Genua ist zur Hilfe gekommen - kann sich Konstantinopel dank seiner riesigen Befestigungsanlagen lange verteidigen. Der Angreifer, Sultan Mehmet II., lässt sogar Schiffe über Land in das Goldene Horn schleppen, um die Schiffsblockade der Verteidiger auf dem Bosporus zu brechen. Schließlich entscheidet moderne Waffentechnik: Riesige Kanonen schießen die Mauer sturmreif. Am 29. Mai 1453 stürmen die türkischen Truppen in die Hauptstadt des byzantinischen Reiches. Dessen letzter Kaiser, Konstantin XI., stirbt bei den erbitterten Straßenkämpfen. Drei Tage lang gibt Mehmet die Stadt zur Plünderung frei. Dann lässt er ihre größte Kirche, die Hagia Sophia, als Moschee für das Freitagsgebet herrichten. Die Umgestaltung Konstantinopels zu Istanbul beginnt.

Als der letzte Teil des antiken römischen Reiches zusammenbricht, ist Byzanz längst zu einem Kleinstaat geschrumpft. 1204 hatten die Kreuzritter Konstantinopel erobert und geplündert und das Reich kurzzeitig unter sich aufgeteilt. Danach herrschen die letzten byzantinischen Kaiser nur noch über eine Art Fürstentum, während die türkische Dynastie der Osmanen ihr Reich seit 1300 über Kleinasien und den Balkan ausdehnt. In Konstantinopel, einst eine halbe Millionenstadt, leben am Ende noch 40.000 Menschen. Jetzt strömen muslimische Landbewohner in die Stadt. Die Osmanen wandeln Kirchen in Moscheen um, reißen die Kaiserresidenz nieder und erbauen dort den Topkapi-Palast. Der Patriarch, Ehren-Oberhaupt der orthodoxen Christenheit, behält jedoch seinen Sitz in der Stadt. Die Christen werden zur Minderheit mit beschränkter Religionsfreiheit - und sind es bis heute.

Die europäischen Staaten, die dem Untergang Ostroms weitgehend tatenlos zusahen, arrangieren sich bald mit den neuen Herrschern. Insbesondere die italienischen Stadtstaaten und auch der Papst unterhalten rege Beziehungen zu den Osmanen. Die neue Metropole der islamischen Welt zieht auch zahlreiche westliche Künstler an. Die Expansion des osmanischen Reiches endet nicht in Konstantinopel, sondern erst 1683 vor Wien.

Stand: 29.05.08