Kurz nach der Machtübergabe - die fälschlicherweise häufig als Machtergreifung bezeichnet wird - verspricht Reichskanzler Adolf Hitler im Februar 1933 auf der Internationalen Automobilausstellung in Berlin, den Straßenbau in Deutschland voranzutreiben. Drei Monate später kündigt er offiziell den Bau eines Straßennetzes an, das ausschließlich für den Autoverkehr gedacht sei. Zu diesem Zeitpunkt besitzt nur jeder 42. Deutsche ein Auto. Am 27. Juni 1933 wird per Reichsgesetz beschlossen: Eine staatliche Gesellschaft soll im ganzen Land Autobahnen bauen und betreiben. Das so genannte Unternehmen "Reichsautobahnen" ist eine Tochtergesellschaft der deutschen Reichsbahn. Damit unterläuft Hitler den Protest der Eisenbahner, die sich bis dahin gegen den Bau von Autobahnen ausgesprochen haben. Im September 1933 setzt Hitler in Frankfurt am Main den ersten Spatenstich zur ersten geplanten Teilstrecke über Mannheim nach Heidelberg.
Die Nazi-Propaganda spricht anschließend immer wieder von den "Straßen des Führers". Es entsteht die Legende, Hitler habe die Autobahn erfunden. Dabei gibt es in Italien längst so genannte kreuzungsfreie Nur-Autostraßen. In Berlin existiert seit 1921 eine Automobil- und Verkehrsübungsstrecke (Avus). Die heutige A555 von Köln nach Bonn wird 1932 im Beisein des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer eingeweiht. Noch in der Weimarer Republik sind die Nazis strikt gegen den Bau von Autobahnen, die sie damals als Luxusstraßen der Reichen bezeichneten. Doch nach der Machtübergabe greift Hitler auf die Entwürfe aus der Weimarer Zeit zurück: Der bereits 1926 gegründete Berliner Verein zur Vorbereitung der Autostraße Hamburg-Frankfurt-Basel (HAFRABA) hatte als ersten Bauabschnitt die Strecke von Frankfurt über Mannheim nach Heidelberg geplant. Nur so kann Hitlers angeblich genialer Einfall innerhalb weniger Monate zur Baureife gelangen.
Eine weitere Legende ist die Behauptung, Hitler habe mit dem Autobahnbau die Arbeitslosigkeit beseitigt. 1933 gibt es 4,8 Millionen Arbeitslose. Ein Jahr später sind es tatsächlich rund zwei Millionen weniger. Der Rückgang ist allerdings nicht auf Hitlers Arbeitsbeschaffungsprogramm zurückzuführen, sondern auf den weltweiten Aufschwung nach der Weltwirtschaftskrise von 1929. Insgesamt hat nicht, wie von Hitler versprochen, eine halbe Million Menschen auf den Autobahn-Baustellen Arbeit gefunden. Auf dem Höhepunkt der Bauphase werden kurzzeitig maximal 200.000 Arbeiter beschäftigt. In den Wochenschauen wird der Autobahnbau als Spiegelbild deutscher Größe, Stärke und Einheit gefeiert. Von den geplanten 6.900 Kilometern werden knapp 4.000 bis 1942 fertig gestellt. Da der Straßenbelag für schwere Lastwagen zu dünn ist, werden die Güter überwiegend auf der Schiene transportiert, ebenso die deutschen Truppen im Zweiten Weltkrieg. Militärisch genutzt werden die Autobahnkilometer erst zum Kriegsende: von den Alliierten.
Stand: 27.06.08