Stichtag

29. August 2008 - Vor 115 Jahren: W. Judson erhält Patent für den Reißverschluss

Etliche Tüftler versuchen sich Mitte des 19. Jahrhunderts an der Erfindung einer revolutionären Verschlussmethode für Kleidungsstücke - die meisten mit wenig Erfolg. So entwickelt der Nähmaschinen-Erfinder Elias Howe  ein Laschensystem, das aussieht wie ein Reißverschluss, dem die Zähne ausgefallen sind. Der Ingenieur und Universal-Erfinder Whitcomb Judson  aus Chicago findet schließlich den richtigen Dreh. Weil ihm das Schnürsenkelbinden zu umständlich ist, ersinnt er den "Klemmöffner und -schließer für Schuhe". Das Urmodell besteht aus zwei schweren Metallketten mit Schiebeverschluss. Es gilt als erster praxistauglicher Reißverschluss und wird am 29. August 1893 patentiert. 

Auf der Weltausstellung, die 1893 in Chicago stattfindet, erregt Judson mit seiner Erfindung großes Aufsehen. Besonders begeistert ist Lewis Walker, ein Oberst der US Army, der das nötige Kapital zur Gründung der "Gesellschaft für Universalverschlüsse" einbringt. Doch vom Versprechen des ersten Werbeslogans "Ein Zug und fertig!" ist Judsons Wunderwerk der Technik noch weit entfernt. Allzu oft klemmt die Chose, lassen sich Schuhe nicht mehr öffnen, müssen entnervte Damen aus ihren fest verschlossenen Kleidern herausgeschnitten werden. Erst als sich Judsons Schwiegersohn Gideon Sundback, ein Ingenieur aus Schweden, der Sache annimmt, entsteht das noch heute gebräuchliche System des Stoffbandes mit Zähnen, die über einen Schieber geschlossen und geöffnet werden.

In Deutschland stellt als erste Firma Vorwerk & Sohn aus Wuppertal ab 1911 eigene Reißverschlussentwicklungen her. Ab den 20er Jahren boomt die Herstellung des "Zip", wie das nützliche Ding damals wegen des entstehenden Geräusches genannt wird. Ob Miederwaren oder Herrenhosen, schon bald gibt es kaum noch ein Kleidungsstück ohne die Ritsch-Ratsch-Technik. Zu verbessern ist der Reißverschluss nur noch im Detail. So erhält er in den 50ern Zähne aus Kunststoff und die Baumwollbänder werden durch synthetische ersetzt. 115 Jahre nach Whitcomb Judsons "Klemmöffner und -schließer" werden allein in Deutschland jährlich um die 70 Millionen laufende Meter an Reißverschlüssen produziert. Unbekannt ist , wer auf den leicht irreführenden Namen Reißverschluss gekommen ist. Denn grobes Reißen sollte man auch heute noch vermeiden. Unverändert gilt seit Judsons Zeiten: Bloß keine Gewalt anwenden.

Stand: 29.08.08