Stichtag

19. Dezember 2008 - Vor 25 Jahren: Das Aachener Klinikum nimmt den Betrieb auf

Das Centre Pompidou in Paris und das Universitätsklinikum in Aachen haben Gemeinsamkeiten: Beide gehören zur Epoche der sogenannten High-Tech -Architektur. Und ebenso wie der französische Repräsentativbau ist auch das Aachener Klinikum von Anfang an umstritten. Als es in den 1970er Jahren gebaut wird, gilt es vielen als Geschmacksverirrung. Der Entwurf ist innovativ: "Alles unter einem Dach" ist das Motto. Forschung, Lehre und medizinische Einrichtungen sollen in einem einzigen Gebäude untergebracht werden. Die Stahlbeton-Skelett-Konstruktion wird riesig: 240 Meter lang, 130 Meter breit, 6.600 Räume, 34 Kliniken, 1.300 Betten. Die endlos scheinende Front aus Glas und Sichtbeton wird von 24 Versorgungstürmen überragt. Um die Türme winden sich Rohrleitungen, dazwischen sind Stahlleitern, Geländer und Laufgerüste zu sehen. Die Architekturgeschichte nennt diesen Baustil "Brutalismus". Die Bezeichnung kommt vom französischen Wort für Rohbeton: "beton brut".

Vom Baubeginn 1971 an hat das Aachener Universitätsklinikum, das in der Bevölkerung verkürzt als "Unikum" bezeichnet wird, mit Problemen zu kämpfen. Statt der geplanten sieben Jahre wird fast doppelt so lange gebaut. Die Baukosten vervierfachen sich sogar: von 570 Millionen Mark auf 2,3 Milliarden Mark. Immer wieder gibt es Meldungen über Skandale um Schwarzarbeit, Korruption und Bauverzögerungen. Der Bauträger "Neue Heimat Städtebau" geht pleite. Zwei Untersuchungsausschüsse im NRW-Landtag befassen sich mit den Vorgängen. Arbeits- und Brandschutzvorschriften ändern sich während der Bauzeit und müssen berücksichtigt werden. Ab 1982 stehen die ersten Fakultätsräume zur Verfügung. Am 19. Dezember 1983 werden die ersten Kliniken bezogen. Doch in diesem Winter fällt die Außentemperatur auf minus 28 Grad. Das Haus ist aber nur für Temperaturen bis minus zwölf Grad ausgelegt. Die Klimaanlage fällt aus, Heizlüfter müssen im Neubau für Wärme sorgen.

Trotz solcher Anfangsschwierigkeiten gewinnt das Aachener Klinikum bald einen exzellenten Ruf als hoch spezialisiertes Medizin-Zentrum. Arabische Öl-Scheichs lassen sich auf Herzkrankheiten untersuchen, Opfer aus dem Irak-Krieg werden in der Plastischen Chirurgie behandelt, russische Neureiche lassen sich ihre Augen oder an der Wirbelsäule operieren. Zur Zeit wird der gesamte Pflegebereich für rund 100 Millionen Euro umgebaut. Die Architektur mit der offen liegenden Technik macht es den Planern leicht. "Der Umbau läuft so ruhig ab, dass kaum einer was merkt", sagt Bauleiter Herbert Pfeiffer. Im Standardwerk "Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler" heißt es: "Als konsequenter Vertreter der High-Tech -Architektur beansprucht diese außerordentliche Architekturleistung internationalen Rang." Im Oktober 2008 hat die zuständige Kölner Bezirksregierung mitgeteilt, dass das Aachener Klinikum unter Denkmalschutz gestellt wird.

Stand: 19.12.08