Stichtag

12. Dezember 2008 - Vor 60 Jahren: FDJ beschließt Gründung der Jungen Pioniere

Für den ersten SED-Vorsitzenden Otto Grotewohl sind sie "das sauberste und beste Menschenmaterial für die Zukunft": die Jungen Pioniere in der DDR. Am 12. Dezember 1948 beschließt die Führung der SED-Nachwuchsorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ), in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) eine eigene Kinderabteilung zu gründen: Die Jungen Pioniere sollen sich formal eigenständig organisieren, politisch aber unter der Leitung der FDJ stehen. Schon am 19. Dezember genehmigt die Konferenz der Volksbildungsminister der SBZ die Verankerung der Pioniere an den Schulen. Die Leitung der Pioniergruppen ist in der Regel Aufgabe eines Lehrers, der von der FDJ-Kreisleitung bestätigt werden muss. Obwohl Teile der Lehrerschaft gegen die Einmischung in ihre Zuständigkeit protestieren, hat die Organisation bereits im April 1949 fast 500.000 Mitglieder im Alter von sechs bis 14 Jahren. Formal ist die Mitgliedschaft freiwillig, aber es gilt als Makel, nicht den Jungen Pionieren anzugehören. Allerdings wird das attraktive Freizeitangebot des Verbandes von vielen Kindern und Eltern auch gern angenommen. In sogenannten Pionierhäusern gibt es Arbeitsgemeinschaften zu Natur, Technik, Geschichte, Theater, Tanz und Sport.

Im August 1952 wird der kommunistische Kinderverband auf Beschluss der SED  in "Pionierorganisation Ernst Thälmann" umbenannt. Thälmann war in der Weimarer Republik Vorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und war 1944 im KZ  Buchenwald erschossen worden. Die Pioniere werden aus Rücksicht auf die unterschiedliche körperliche und geistige Entwicklung der Kinder in zwei Altersgruppen unterteilt: Die Erst- bis Drittklässler sind "Jungpioniere" und tragen ein blaues dreieckiges Halstuch zu ihrer blau-weißen Pionierkluft. Die Kinder der vierten bis siebten Klasse erhalten den Namen "Thälmann-Pioniere". Sie tragen ein rotes dreieckiges Halstuch. Die drei Ecken symbolisieren die Grundpfeiler einer sozialistischen Erziehung: Elternhaus, Schule, Jugendverband. Zu den Zielen der Jungen Pioniere gehört es, die Kinder "auf den bewussten Eintritt in die Freie Deutsche Jugend vorzubereiten", wie es 1975 im Ost-Berliner "Wörterbuch zur sozialistischen Jugendpolitik" heißt. Der Pioniergruß lautet: "Seid bereit! - Immer bereit!"

Auch in der Bundesrepublik sind in den 70er und 80er Jahren tausende Kinder bei den Jungen Pionieren. 1974 werden sie in Bottrop als bundesweite Kinderorganisation der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) gegründet - und vom Verfassungsschutz beobachtet. Hochburg in NRW ist das Ruhrgebiet. Allein in Dortmund haben die West-Pioniere Anfang der 80er Jahre 500 bis 600 Mitglieder. Bis zu 2.000 Kinder aus ganz NRW besuchen jedes Jahr die kostengünstigen Ferienlager in der DDR. Von ihnen sind allerdings die wenigsten überzeugte Mitglieder. Die meisten reisen mit, weil sich ihre Eltern andere Freizeiten nicht leisten können. Eine enge Verbindung entsteht zwischen den Ost- und West-Pionieren kaum. Sie bleiben sich aufgrund der unterschiedlichen Lebensbedingungen fremd. Aber heimlich getauscht wird doch: Kaugummi gegen Spüldienst.

Stand: 12.12.08